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10. Dezember 2025
BGH zur einseitigen Senkung des Rentenfaktors in Riester-Renten
BGH zur einseitigen Senkung des Rentenfaktors in Riester-Renten

BGH zur einseitigen Senkung des Rentenfaktors in Riester-Renten

Nun hat der Bundesgerichtshof entschieden: Eine Klausel in fondsgebundenen Riester-Renten, die dem Versicherer erlaubt, den Rentenfaktor einseitig zu senken, ohne ihn bei besseren Bedingungen wieder anzuheben, ist unwirksam. Versicherte würden dadurch unangemessen benachteiligt.

Der Bundesgerichtshof (BGH hat am Mittwoch entschieden, dass eine bestimmte Klausel in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen einer fondsgebundenen Riester-Rente unwirksam ist: Die Klausel erlaubte dem Versicherer, den im Vertrag zugesicherten Rentenfaktor – und damit die spätere monatliche Rente – zu senken, verpflichtete ihn aber nicht dazu, den Rentenfaktor wieder anzuheben, wenn sich die wirtschaftlichen Bedingungen später verbessern. Nach Auffassung des Gerichts verstößt diese einseitige Regelung gegen § 308 Nr. 4 sowie § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Bei dem Fall ging es um ein Klage der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg gegen die Allianz Lebensversicherung.

Klausel zur Absenkung des Rentenfaktors

In den Versicherungsbedingungen verwendete der Versicherer in seinen Verträgen zwischen Juni und November 2006 unter anderem folgende Klausel: „Wenn aufgrund von Umständen, die bei Vertragsabschluss nicht vorhersehbar waren, die Lebenserwartung der Versicherten sich so stark erhöht oder die Rendite der Kapitalanlagen (siehe § 25 Abs. 1 e Satz 4) nicht nur vorübergehend so stark sinken sollte, dass die in Satz 1 genannten Rechnungsgrundlagen voraussichtlich nicht mehr ausreichen, um unsere Rentenzahlungen auf Dauer zu sichern, sind wir berechtigt, die monatliche Rente für je 10.000 € Policenwert so weit herabzusetzen, dass wir die Rentenzahlung bis zu Ihrem Tode garantieren können.“ Unter Berufung auf diese Klausel hat der beklagte Versicherer den Rentenfaktor in den betroffenen Versicherungsverträgen in der Vergangenheit mehrfach herabgesetzt.

Für Versicherungsnehmer unzumutbar

Der BGH erklärt, dass die Klausel dem Versicherer ein einseitiges Recht gibt, die versprochene Rente zu senken, was für Versicherungsnehmer unzumutbar ist. Zwar kann ein Versicherer bei fondsgebundenen Lebensversicherungen nach Vertragsschluss Schwankungen am Markt berücksichtigen. Unzumutbar wird das Recht aber, wenn der Versicherer nur senken darf, aber nicht verpflichtet ist, den Rentenfaktor wieder anzuheben, wenn sich die Lage verbessert. Das sogenannte Symmetriegebot verlangt, dass Vorteile späterer Verbesserungen genauso an die Versicherungsnehmer weitergegeben werden. § 163 VVG ändert daran nichts.

Kein verlässlicher Ausgleich durch Überschussbeteiligung

Die Versicherungsnehmer sind durch die Klausel nicht ausreichend geschützt. Zwar können sie an Überschüssen beteiligt werden und zusätzlich Beiträge zahlen, um ihre Rente zu erhöhen. Diese Möglichkeiten bieten aber keinen verlässlichen Ausgleich: Die Höhe der Überschüsse hängt von den Unternehmenskennzahlen des Versicherers ab und wird erst nach Abzug seines Anteils verteilt. Auch die freiwilligen Zusagen des Versicherers, den Rentenfaktor bei besseren Umständen anzuheben, sind rechtlich nicht verbindlich und damit keine sichere Garantie.

Daher führt das Fehlen einer verpflichtenden Wiederheraufsetzung des Rentenfaktors zu einer unangemessenen Benachteiligung der Versicherungsnehmer. Die Klausel verstößt dadurch gegen die Gebote von Treu und Glauben und ist nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

Wie die Allianz Leben reagiert

Das Urteil ist rechtskräftig. In einem Pressestatement teilt die Allianz mit, dass man alle notwendigen Maßnahmen ergreifen will. Das Unternehmen weist darauf hin, dass die Möglichkeit zur Anpassung von Rentenfaktoren unter Treuhändervorbehalt grundsätzlich bestätigt wurde. Eine solche Anpassungsregelung ist nach dem BGH jedoch nur zulässig, wenn die Versicherungsbedingungen sowohl die Möglichkeit zur Senkung als auch eine Verpflichtung zur Wiederheraufsetzung des Rentenfaktors enthalten. Allianz Leben hatte den betroffenen Kunden dieses Vorgehen in einem Schreiben zugesichert. Diese Zusicherung allein sieht das Gericht aber als nicht ausreichend an.

Zudem erklärt der Versicherer, dass seit 2007 alle Rentenversicherungsverträge von Allianz Leben, die eine Regelung zur Anpassung von Rentenfaktoren unter Treuhändervorbehalt haben, in den Versicherungsbedingungen eine Verpflichtung zur Wiederheraufsetzung enthalten. Diese seien daher von dem Urteil nicht betroffen. (bh)

BGH, Urteil vom 10.12.2025 – Az: IV ZR 34/25

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