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8. Juni 2020
Bonitäts-Erdrutsch bei Kreditversicherer Coface

Bonitäts-Erdrutsch bei Kreditversicherer Coface

Die Corona-Krise hat drastische Auswirkungen auf die Einstufung der Länder- und Branchenrisiken. Das belegt ein Update des Kreditversicherers Coface. 71 von 162 Volkswirtschaften und zahlreiche Branchen wurden darin abgestuft. Auch Deutschland schmiert ab. In drei Branchen herrscht hierzulande sogar sehr hohes Risiko.

Der Kreditversicherer Coface hat in einem bisher noch nie erlebten Umfang Länder-und Branchenrisiken aktualisiert. 71 von 162 Volkswirtschaften wurden herabgestuft. Darunter auch Deutschland in A3. Das ist die niedrigste Ländernote, die Deutschland in über 20 Jahren bei Coface je hatte. Erst im Juli 2019 hatte die Bundesrepublik die Bestnote A1 verloren. „Die Note A3 steht bei Coface dafür, dass das Risiko für Forderungsverluste und Insolvenzen in dem Land zwar noch befriedigend ist, jedoch nicht mehr niedrig“, erklärt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg.

Drastischer Konjunktureinbruch in Deutschland

Ganz überraschend kam die Herabstufung nicht. So prognostiziert Coface für 2020 einen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes um 7,2% zum Vorjahr. „Dies ist der stärkste Konjunktureinbruch in der Geschichte der Bundesrepublik, 2009 ging die Wirtschafsleistung um 5,7% zum Vorjahr zurück. Allerdings erwartet Coface für Deutschland auch eine deutliche Erholung im kommenden Jahr. So sollte das BIP 2021 um 5,8% zum Vorjahr zulegen. „Dies rechtfertigt auch die noch immer passable Note von A3“, sagt Christiane von Berg.

Kein einziges Land mehr mit Bestnote

Neben Deutschland hat Coface viele westliche Länder herabgestuft. Eine A3-Bewertung haben nun ebenfalls Frankreich, Belgien, Kanada, die USA, aber auch Portugal und Spanien. Daneben wurde Italiens Note von A4 auf B heruntergenommen. Großbritannien trägt jetzt die Note A4 statt A3. Zusätzlich verloren die bisher weltweit noch verbliebenen vier Länder mit der Note A1 (Niederlande, Norwegen, Schweiz und Luxemburg) ihre Bestnote. „Es gibt praktisch kaum eine Volkswirtschaft der Erde, die nicht in irgendeiner Form von Covid-19 negativ beeinflusst ist. Vielleicht beherrscht der Virus selbst nicht das Land, aber im Regelfall hat mindestens ein großer Handelspartner mit den wirtschaftlichen Folgen zu kämpfen“, erläutert Christiane von Berg.

Auch Branchen reihenweise abgewertet

Zusammen mit den Länderanpassungen hat Coface auch die Bewertungen vieler Branchen korrigiert. Über 28 Länder addiert gab es 134 Herabstufungen. Dieser Wert ist ebenfalls ein Negativrekord in der Geschichte der Coface-Bewertungen. In Deutschland waren hiervon die Automobilbranche (von hohes auf sehr hohes Risiko), die Metallbranche (von hohes auf sehr hohes Risiko), Textil- und Bekleidung (von hohes auf sehr hohes Risiko) betroffen, aber auch der Einzelhandel (mittleres auf hohes Risiko), der Transportsektor (mittleres auf hohes Risiko) und schließlich die Baubranche (niedriges auf mittleres Risiko). Insgesamt erwartet Coface, dass die Wirtschaftsleistung der Welt um 4,4% zum Vorjahr abnimmt, um im kommenden Jahr eine Aufholtour zu starten. 2021 dürfte das globale Wachstum 5,1% betragen.

„Sehr hohes Risiko“ bei Automobil, Metall und Textil/Bekleidung

Zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder in drei Branchen ein sehr hohes Risiko festgestellt. Die verschlechterte Situation macht sich auch bei den Insolvenzen bemerkbar. Coface rechnet nunmehr mit einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im Jahr 2020 um 12% zum Vorjahr. Dies ist der stärkste prozentuale Anstieg seit 2002 nach dem Platzen der Internetblase. „Hierbei ist berücksichtigt, dass der Zeitpunkt des Insolvenzantrags seit März bis Ende September ausgesetzt und bei Ausnahmen auch auf den März 2021 verschoben werden kann“. Mit den 12% bleibt Deutschland jedoch deutlich unter dem Durchschnitt für das Insolvenzwachstum in der Welt, das Coface nun auf 33% beziffert. (mh)

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