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15. Dezember 2025
BU-Nachversicherung: Oft unterschätzt, wenig angewandt
BU-Nachversicherung: Oft unterschätzt, wenig angewandt

BU-Nachversicherung: Oft unterschätzt, wenig angewandt

Versicherungsvermittler und Kunden meinen, dass nach dem Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung die Arbeit getan ist. Doch die BU-Versicherung sollte ein Produkt sein, das einen das komplette Arbeitsleben begleitet, betont der Versicherungsmakler Tobias Bierl in diesem Gastbeitrag.

Ein Artikel von Tobias Bierl, Geschäftsführer der Bierl Finanzberatung GmbH

Wenn wir ehrlich in der Branche sind, dann ist auf Bedingungsseite das Spektrum – zumindest bei den Top-Anbietern – mittlerweile nahezu ausgereizt. Das ist auch ein Verdienst von Ratingagenturen und Vergleichsrechnern. Es gibt nur noch wenige signifikante Unterschiede, die wirklich eine Tragweite im Leistungsfall hätten. Die Thematik des Verzichts auf konkrete Verweisung sei hier explizit mal außen vorgenommen.

Für mich wandelt sich die BU-Versicherung somit immer mehr zu einem „begleitenden Produkt“, das nicht einmal abgeschlossen wird und danach in der (digitalen) Schublade verschwindet. Vermittler sollten die dauerhaft bedarfsgerechte Absicherung noch stärker in den Fokus rücken.

Zu geringe BU-Renten am Markt

Wie wir alle wissen, haben wir im gesamten Markt der Berufsunfähigkeitsversicherung viel zu geringe BU-Renten, die durchschnittlich zwischen 1.000 Euro und 1.500 Euro liegen. Hinzu kommt, dass die Abzüge im Leistungsfall oft vergessen werden. Damit meine ich weniger die steuerliche Seite, sondern vor allem den Entfall der „Entgeltpunkte“, die man nun nicht mehr in der gesetzlichen Rentenversicherung sammelt und weshalb später indirekt Altersarmut droht. Zudem müssen im Leistungsfall noch die vollen Krankenversicherungsbeiträge bezahlt werden: in der gesetzlichen Krankenversicherung ungefähr 20% der BU-Rente, bei der privaten Krankenversicherung die vollen Beiträge. Eine zu geringe BU-Rentenhöhe erfüllt nicht den Zweck der „Statusabsicherung“. Nichts anderes ist für mich der Grund für eine Berufsunfähigkeitsversicherung, denn es soll einem an kranken Tagen finanziell (annähernd) so gut gehen wie an gesunden Tagen. Hinzu kommt noch der Mythos, dass 75% des Nettoeinkommens zur Absicherung genügen.

Woher kommen zu niedrige BU-Renten in der Praxis?

Zu Beginn ist oftmals sicherlich das größte Problem, dass der Bedarf nicht erkannt wird. Manche Vermittler sagen sich: „Lieber mache ich 1.000 Euro BU-Rente, sonst bekomme ich den Vertrag nicht.“ Leider schafft man es nicht, die Ernsthaftigkeit einer angemessenen Höhe zu vermitteln. Natürlich gibt es aber auch Lebensphasen, in denen eine viel höhere BU-Rente nicht möglich ist. Zu nennen sei hier natürlich die Phase als Schüler und Auszubildender (meistens auf 1.500 Euro gedeckelt) sowie als Student (mittlerweile bis zu 2.000 Euro BU-Rente möglich). Diese Phase endet aber früher oder später, und dann entstehen zwei entscheidende Fehler:

  • Die Beitragsdynamik wird häufig widerrufen, da die „BU-Versicherung ja schon wieder teurer geworden ist“. Oftmals wird zu Vertragsbeginn zudem eine zu geringe Dynamik ausgewählt oder bei einem Ereignis wie dem Berufseintritt nicht erhöht – was mittlerweile bei vielen Versicherern möglich ist.
  • Die Nachversicherung bleibt außen vor und wird schlichtweg vergessen. Es wird also der Vertrag nicht an den eigentlichen Bedarf angepasst, obwohl dies ohne erneute Gesundheitsfragen möglich wäre.

Kunden beschäftigen sich in der Regel nach dem Abschluss weniger mit dem unliebsamen Thema Versicherungen, Vermittler haben das Thema Nachversicherung auch noch zu wenig auf dem Schirm.

Massive Verbesserungen in der Nachversicherung

Dass die Thematik der Nachversicherung ein Nischendasein fristet, ist sehr schade, denn die Versicherer geben sich mittlerweile sehr viel Mühe und es gibt massive Unterschiede. Lag vor einigen Jahren der pauschale Deckel noch bei 2.500 Euro monatlicher BU-Rente, gibt es erfreulicherweise sehr viele positive Veränderungen. Insbesondere die Einführung der Karrieregarantie der LV 1871 im Jahr 2020 sorgte für einen regen Wettbewerb unter den Versicherern. Für den Vermittler ist es aber wiederum nicht einfach, den Durchblick zu behalten, man kann sich aber mit etwas Fachkenntnis positiv beim Kunden abheben.

Ein kurzer Einblick in die Unterschiede
  • Die LV 1871 bietet je nach Beruf bis zu 7.800 Euro an Erhöhungsmöglichkeiten an. Je „gefährlicher“ der Beruf, desto geringer die mögliche Höhe.
  • Bei vielen Versicherern wie bei der Bayerischen, der Hannoverschen, SIGNAL IDUNA, der NÜRNBERGER, der Stuttgarter und dem VOLKSWOHL BUND gibt es die Karrieregarantie pauschal bis 6.000 Euro.
  • Bei der Baloise sowie der BarmeniaGothaer geht es für Kammerberufe sogar bis 7.500 Euro seit dem Jahr 2025.
  • Die Condor BU bietet seit Kurzem unbegrenzte Erhöhungsmöglichkeiten an, die Tücke liegt aber im Detail. Bei der Canada Life gibt es eine pauschale Grenze von 10.000 Euro an monatlicher BU-Rente.
  • Vonseiten Allianz sowie Alte Leipziger gibt es keinen festen Deckel, sondern Erhöhungsmöglichkeiten über die gesamte Laufzeit, meistens um insgesamt 1.500 Euro. Erfreulich: Beitragsdynamiken werden nicht angerechnet.

Diese Zahlen sind auf den ersten Blick relativ hoch, aber wir vergessen sehr gerne die langfristige Auswirkung von Inflation und den damit verbundenen Kaufkraftverlust. Hat man diese im Blick, kann sogar eine Aufteilung auf zwei Versicherer eine Möglichkeit sein, um die doppelte Power an Nachversicherung zu besitzen. Je jünger und je eher man eine Karriere im Blickfeld hat, desto sinnvoller kann eine Aufteilung sein. Größere Unterschiede gibt es auch in der Frage: „Wie angemessen darf eigentlich eine Erhöhung sein?“ Manche Versicherer sehen 80% des Nettogehalts als angemessen an, andere Gesellschaften bieten wiederum 70% des Bruttogehaltes. Je höher der Bedarf ist, desto mehr driftet die mögliche Erhöhung auseinander.

Nachversicherung in der BU: Win-win für alle Beteiligten

Ich bin immer wieder überrascht, wie dankbar die Kunden sind, wenn man sie aktiv auf die Thematik der bedarfsgerechten Absicherung anspricht. Das sind die Menschen irgendwie gar nicht gewohnt und schafft somit weiter Vertrauen in den Berater. Für alle drei Beteiligten gibt es also nur Vorteile:

  • Der Kunde hat wieder einen höheren Versicherungsschutz, falls das Leben nicht so läuft wie geplant.
  • Der Vermittler profitiert natürlich von einer höheren Kundenbindung und zugleich auch finanziell davon. Immerhin wird eine Erhöhung wie ein neuer Abschluss bewertet.
  • Die Versicherungsgesellschaft bekommt höhere Beiträge und steigert ihr Geschäft.

Demnach ist es für mich eher ungewöhnlich, dass dieses wichtige Thema ein Schattendasein führt. Die Versicherer geben dem Vermittler mittlerweile ein sehr gutes Werkzeug an die Hand, um in der Beratung wie auch in der späteren

Betreuung Triggerpunkte zu geben. In der Praxis sollte das Thema Nachversicherung fester Bestandteil regelmäßiger Jahresgespräche sein.

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Ein Artikel von
Tobias Bierl