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10. Februar 2023
BVI: So lief 2022 für die Fondsbranche
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BVI: So lief 2022 für die Fondsbranche

Der Fondsverband BVI lässt das Jahr 2022 in der deutschen Fondsbranche Revue passieren. Die Zahlen sprechen für sich: Ende 2022 verwalteten die Fondsgesellschaften 3,8 Bio. Euro – 12% weniger als zum Jahresstart. Doch trotz des schwierigen Börsenjahres hätten sich die Fonds „widerstandsfähig“ gegeben.

Als „Zäsur“ bezeichnet Dirk Degenhardt, der Präsident des deutschen Fondsverbands BVI, den Einmarsch Russlands in die Ukraine. Neben steigenden Inflationsraten und den explodierenden Energiepreisen habe auch dieser zu deutlichen Kursrückgängen an den Aktien- und Rentenmärkten geführt und Anleger verunsichert.

Und auch wenn gerade Privatanleger im ersten Halbjahr hohe Verluste hinnehmen mussten (die Verluste lagen bei einer Rekordhöhe von 213 Mrd. Euro, wie AssCompact berichtete), habe es laut Degenhardt keine hohen Rückflüsse gegeben, sondern eher „eine Kaufzurückhaltung“.

Es geht wieder aufwärts

Die Entwicklung des Vermögens im letzten Jahr spiegelt die Turbulenzen an den Börsen wider, so der BVI. Ende 2022 verwalteten die Vermögensgesellschaften ein Gesamtvermögen von rund 3,8 Bio. Euro. Zu Jahresbeginn waren es etwa 4,3 Bio. Euro. Der Abwärtstrend stoppte dann Ende September, sodass das Vermögen im vierten Quartal wieder um 1% steigen konnte.

 

BVI: So lief 2022 für die Fondsbranche

 

Die größte Fondsgruppe machen die offenen Spezialfonds mit einem Vermögen von 1,94 Bio. Euro aus. Zusammen mit den Mandaten im Wert von 529 Mrd. Euro entfallen fast zwei Drittel des verwalteten Gesamtvermögens auf das rein institutionelle Geschäft mit z. B. Altersvorsorgeeinrichtungen und Versicherungsgesellschaften. Offene Publikumsfonds dagegen verwalten ein Vermögen von 1,28 Bio. Euro. Das Nettovermögen der geschlossenen Fonds beträgt 52 Mrd. Euro.

„Spitzenposition in Europa“

Mit einem Anteil von 28% ist Deutschland nach Angaben der Europäischen Zentralbank der größte Fondsmarkt in der EU – er besetzt also die Spitzenposition, teilt der BVI mit. Auch beim Wachstum sei Deutschland führend. Innerhalb der letzten fünf Jahre sei das Vermögen hierzulande im Schnitt um 6,1% pro Jahr gestiegen, und damit deutlich stärker als in anderen Absatzmärkten wie Italien (2,5% p. a.) und Frankreich (1,4% p. a.).

Als Privatanleger ist dieser Optimismus des BVI mit Vorsicht zu genießen, denn wie oben dargelegt: Knapp zwei Drittel des verwalteten Vermögens stammen von institutionellen Anlegern und kleine Investoren mussten im ersten halben Jahr Rekordverluste hinnehmen. Der Fairness halber sollte man aber festhalten: Auch das Vermögen der Spezialfonds betrug Ende 2021 noch knapp 2,2 Bio. Euro, also fast 250 Mrd. Euro mehr als Ende 2022. Die offenen Publikumsfonds umfassten zum 31.12.2021 1,47 Bio. Euro und gingen zum Jahresende 2022 auf 1,28 Bio. Euro herunter.

So lief 2022 für die Fonds in Zahlen

Nachdem Spezial- und Publikumsfonds im Januar 2022 mit Rekordzuflüssen von insgesamt 30 Mrd. Euro gestartet waren, markierte der Ukrainekrieg den Wendepunkt im Neugeschäft. Aus offenen Publikumsfonds flossen im Gesamtjahr netto 4 Mrd. Euro ab – immer noch weniger als in den Krisenjahren 2008 (27 Mrd. Euro) und 2011 (15 Mrd. Euro). Im vierten Quartal kamen dann wieder Zuflüsse von 5 Mrd. Euro hinzu. Seit 2020 stammt nach Angaben der Bundesbank ein Großteil des Neugeschäfts von Privatanlegern. Bis Ende September hätten Sparer 40 Mrd. Euro neu angelegt, trotz steigender Zinsen. Gerade die wachsende Anzahl an Fondssparplänen in den letzten Jahren hätte hierzu einen großen Beitrag geleistet.

Mischfonds erhielten im Jahr 2022 netto 12,5 Mrd. Euro Zuflüsse. Nach einem starken ersten Quartal (13 Mrd. Euro) stagnierte das Neugeschäft im weiteren Jahresverlauf. Auch bei Immobilienfonds ging dieses im Jahresverlauf zurück mit insgesamt 4,5 Mrd. Euro an neuen Geldern. Rentenfonds verzeichneten Abflüsse von 17,4 Mrd. Euro. Den Großteil davon verbuchten die Rentenfonds mit Schwerpunkt Euro oder europäische Währungen (insgesamt 9 Mrd. Euro) und Unternehmensanleihen-Fonds (2 Mrd. Euro). Bei Aktienfonds waren Produkte mit globalem Anlageschwerpunkt gefragt. Diesen flossen 20 Mrd. Euro zu. Aus Fonds, die europaweit investieren, zogen Anleger insgesamt 11 Mrd. Euro ab. Nordamerika-Fonds verzeichneten 3,5 Mrd. Euro Abflüsse, Schwellenländer-Fonds 2,5 Mrd. Euro. Unter dem Strich verbuchten Aktienfonds 0,5 Mrd. Euro Zuflüsse. Dabei flossen 4,4 Mrd. Euro aus Aktien-ETFs ab.

Nachhaltigkeit erfreut sich an Beliebtheit

Publikumsfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen hätten sich teilweise vom schwierigen Marktumfeld abkoppeln können, so der BVI. Produkte, die die Fondsgesellschaften gemäß Artikel 8 oder Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung klassifiziert haben, erhielten netto 5,4 Mrd. Euro neue Gelder. Sie verwalten ein Vermögen von 604 Mrd. Euro. Das seien 20% mehr als zum Ende des Vorjahres (503 Mrd. Euro) und erkläre sich vor allem durch die Umstellung von konventionellen Fonds auf Fonds, die entsprechende Transparenzanordnungen der EU gemäß Artikel 8 oder 9 erfüllen. Offene Spezialfonds mit Nachhaltigkeitsmerkmalen verwalten 135 Mrd. Euro.

Spezialfonds: Altersvorsorgeeinrichtungen führen Absatzliste an

Offene Spezialfonds erhielten insgesamt 62 Mrd. Euro neue Gelder. Davon stammen 56 Mrd. Euro von Altersvorsorgeeinrichtungen und damit mehr als im Vorjahr, als sie mit 37 Mrd. Euro bereits die Absatzliste anführten. Altersvorsorgeeinrichtungen sind mit 669 Mrd. Euro in Spezialfonds auch die volumengrößte Anlegergruppe, es folgen Versicherungsgesellschaften mit 528 Mrd. Euro. (mki)

Bild: © Saknarin – stock.adobe.com; Grafik: © BVI