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6. Juli 2022
BVSV-RiskChecks bieten neue Geschäftsfelder für Makler

BVSV-RiskChecks bieten neue Geschäftsfelder für Makler

Infolge einer Gesetzesänderung entsteht für Makler im Bereich der Risikofrüherkennung von Unternehmen neues Potenzial. Um welche Chance es sich konkret handelt und wie sie Makler nutzen können, erklärt Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Hans-Joachim Schlimpert in einem Gastbeitrag.

Ein Artikel von Hans-Joachim Schlimpert, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sowie 2. Vorsitzender des Bundesverbandes der Sachverständigen für das Versicherungswesen e.V. (BVSV)

Kaum beachtet, konnte aufgrund der medialen Vorherrschaft der Corona Pandemie der Gesetzgeber den Gesetzentwurf zu Anpassungen im Sanierungs- und Insolvenzrecht relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit durch das Gesetzgebungsverfahren bringen.

Ausgangspunkt: Gesetzesänderung bei StaRUG

Diese Gesetzesinitiative geht auf eine Vorgabe einer EU-Richtlinie zurück und wurde durch das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (kurz StaRUG) neu eingeführt. In § 1 StaRUG Krisenfrüherkennung und Krisenmanagement bei haftungsbeschränkten Unternehmensträgern ist geregelt, dass die Mitglieder des zur Geschäftsführung berufenen Organs einer juristischen Person (Geschäftsleiter) fortlaufend über Entwicklungen des Unternehmens zu wachen haben, die den Fortbestand der juristischen Person gefährden können. Erkennen sie eine solche Entwicklung, müssen sie geeignete Gegenmaßnahmen ergreifen und den zur Überwachung der Geschäftsleitung berufenen Organen (Überwachungsorganen) unverzüglich Bericht erstatten. Hierbei handelt es sich somit um eine Obliegenheitspflicht des Geschäftsführers. Dieses gilt aber auch durch die Ausstrahlungswirkung für die Geschäftsleitungsorgane von Unternehmensträgern anderer Rechtsformen.

Zum Hintergrund: Sorgfaltspflicht des Geschäftsleiters

Der deutsche Gesetzgeber bedient sich für die Umsetzung des geforderten Risikofrüherkennungssystems sowohl den Obliegenheitsverpflichtungen der Organe der Gesellschaften als auch den Hinweispflichten der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte nach § 101 StaRUG. Gemäß § 43 Abs.1 GmbHG haben die Geschäftsführer in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Verletzen die Geschäftsführer ihre Verpflichtung, so sind sie der Gesellschaft zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet (§ 43 Abs. 2 GmbHG). Trotz des abweichenden Wortlauts entspricht der gegenüber der Gesellschaft geschuldete Pflichtenstandard damit in seiner inhaltlichen Ausrichtung den strengen Anforderungen des § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG. Maßgebend ist folglich die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters, d.h. eines Geschäftsmannes „in verantwortlich leitender Position bei selbständiger treuhänderischer Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen“.

Die GmbH trägt im Rechtsstreit um Schadensersatzansprüche gegen ihren Geschäftsführer gem. § 43 Abs. 2 GmbHG die Darlegungs- und Beweislast nur dafür, dass und inwieweit ihr durch Verhalten des Geschäftsführers in dessen Pflichtenkreis ein Schaden erwachsen ist. Hingegen hat der Geschäftsführer darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, dass er seinen Sorgfaltspflichten gem. § 43 Abs.1 GmbHG nachgekommen ist, ihn kein Verschulden trifft oder dass der Schaden auch bei pflichtgemäßen Alternativverhalten eingetreten wäre. Er hat folglich darzulegen und zu beweisen, dass er die im Interesse der Gesellschaft gebotene Sorgfalt beachtet hat oder ihn bezüglich der Pflichtverletzung kein Verschulden trifft.

Folge: Persönliche Haftung des Geschäftsführers infolge der Gesetzesänderung

Unternehmerische Entscheidungen setzen notwendig die Bereitschaft voraus, zu Lasten der Gesellschaft Risiken zu übernehmen, um in dieser Weise neue Geschäftsfelder und Marktnischen zu erkunden. Bisher war es einhellige Meinung, dass die getroffenen wirtschaftlichen Entscheidungen des Geschäftsführers nicht mit dem im Nachhinein gewonnenen Ergebnissen zu bewerten sind und in der Folge dem Geschäftsführer das Risiko eines ökonomischen Fehlschlags haftungsrechtlich nicht zuzuordnen ist. Nunmehr greift durch die neue gesetzliche Regelung die Verschuldensorientierung im Rahmen der gesetzlichen Organhaftung und damit die persönliche Haftung des Geschäftsführers/Unternehmers.

Neue Geschäftschancen durch BVSV-RiskChecks

Für uns Sachverständige und Makler bedeutet dies, dass sich hier neue Geschäftsfelder bei Unternehmen erschließen. Ein Geschäftsführer ist in der Regel nicht in der Lage, alle bestandsgefährdenden Risiken in seinem Unternehmen richtig zu bewerten und ggf. entsprechende Gegenmaßnahmen durchzuführen.

Der Versicherungsbereich ist eine wichtige Grundlage für das Risikofrüherkennungssystem, da „versichern“ nichts anderes bedeutet als das Verlagern von Risiko auf Dritte. Der BVSV hat auf die neuen gesetzlichen Regelungen reagiert und die sogenannten BVSV-RiskChecks mitentwickelt. Ziel ist es, den vorhandenen Versicherungsschutz des Unternehmens mit einer branchenbezogenen Empfehlung des BVSV zu vergleichen. Der Abgleich in Form einer Ampel zeigt dem Makler auf, welcher Versicherungsschutz überprüft und ggf. neu abgeschlossen werden sollte, um dem Anspruch gerecht zu werden, die Gegenmaßnahmen zur ergreifen, um die vorhandenen bestandsgefährdenden Risiken zu reduzieren bzw. zu verlagern.

Beispiel 1: Versicherungsschutz von Immobilien

Für Sachverständige, aber auch für Makler liegt z.B. im Bereich der Bewertung von Immobilien im Zusammenhang mit dem Versicherungsschutz ein Risikoschwerpunkt für die Bestandsgefährdung der Unternehmen. So ist in der Praxis bekannt, dass viele gewerbliche Immobilien unterversichert sind. Dieses ist darauf zurückzuführen, dass die in den Versicherungsverträgen ursprünglich festgelegten Versicherungssummen zu Neuwerten nicht angepasst und durch die Baupreisentwicklung im Schadensfall zu höheren Schadenssummen führen, die wiederum nicht mehr durch die vorhandenen Versicherungsverträge abgedeckt werden. Das führt dazu, dass der Unternehmer ggf. seine Immobilie nicht mehr neu aufbauen kann, wenn die fehlenden Baukosten nicht anderweitig aufgebracht werden können. Hier ist durch die Sachverständigen eine stetige Überprüfung der Versicherungssummen notwendig.

Beispiel 2: Betriebliche Pensionszusagen

Einen in diesem Zusammenhang besonders bestandsgefährdenden Risikobereich stellen die Direktzusagen, die sogenannten Pensionszusagen dar. Die überwiegende Anzahl der unmittelbaren Pensionszusagen wurde in der Vergangenheit oftmals aus rein steuerlichen Motiven eingerichtet. Insbesondere der aus der Pensionsrückstellung herrührende Innenfinanzierungseffekt, veranlasste Berater aus den verschiedensten Fachrichtungen, den von ihnen betreuten Unternehmern die Einrichtung einer betrieblichen Altersversorgung in Form der unmittelbaren Pensionszusage zu empfehlen. Für die Geschäftsführer erschien der Aufbau einer Altersversorgung aus „gesparten“ Steuern offensichtlich derart verlockend, dass sie den Empfehlungen nur zu gern gefolgt sind.

Die Verpflichtung einer Direktzusage wurde dann meist durch eine Lebensversicherung rückgedeckt, wobei diese in den letzten Jahren, durch fallende Kapitalmarktzinsen und durch Verlängerung der Lebenslaufzeit der versicherten Geschäftsführer nicht mehr ausreichen, um die zugesagte Altersversorgung durch die Rückdeckungsversicherung zu erfüllen. Dieser über Jahre anwachsende nicht gedeckte Fehlbetrag zwingt die Geschäftsführer nunmehr zu handeln, um eine Bestandsgefährdung des Unternehmens zu verhindern und eine persönliche Haftung des Geschäftsführers abzuwenden. Der BVSV hat hierzu ebenfalls begleitend unterstützt, das in diesem Bereich ein BVSV RiskCheck mit weiteren Maßnahmen durch Experten angeboten werden kann, um diesen Risikobereich anzugehen und je nach Einzelfall auch beheben zu können.

Weitere bestandsgefährdende Risiken

Neben dem allgemeinen branchenbezogenen Versicherungsschutz – insbesondere in technischen Bereichen – liegen aber auch im IT/Cyberschutz und im Datenschutz erhebliche bestandsgefährdende Risiken, die entsprechend zu beachten und zu bewerten sind. Damit diese Bereiche ggf. versichert und damit das Unternehmensrisiko auf Dritte ausgelagert werden kann, muss der Nachweis erbracht werden, dass die Strukturen im Unternehmen den Grundanforderungen in diesem Bereich (z.B. BSI Standard) entsprechen. Dieses kann durch die angebotenen BVSV-RiskChecks und entsprechende Sachverständigenüberprüfungen geschehen.

Daneben wird für den Bereich der allgemeinen Risikofrüherkennung ein BVSV RiskCheck „Risikofrüherkennung“ für das Unternehmen angeboten, um die gesetzlichen Anforderungen des StaRUG zu erfüllen. Alle BVSV-RiskChecks wurden zusammen mit einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und der BVSV Sachverständigen GmbH entwickelt und über eine digitale Plattform den jeweiligen Anwendern zur Verfügung gestellt.

Zusammenfassung

Für Makler bedeutet die Anpassungen beim StaRUG ein neues lukratives Geschäftsfeld. Durch den Zugang zu den einzelnen BVSV-RiskChecks wird dem Unternehmer geholfen, die durch das Gesetz vorgeschriebenen Maßnahmen im Zusammenhang mit dem geforderten Risikofrüherkennungssystem des Unternehmens, nämlich der Analyse der bestandsgefährdeten Risikofelder, deren Dokumentation wie auch die geforderten Gegenmaßnahmen, nachzuweisen.

Diese dienen nicht nur als Dokumentation/Nachweis dem Unternehmer/Geschäftsführer, sondern auch dem jeweiligen Berater (Steuerberater/Wirtschaftsprüfer) bezüglich der Hinweis- und Warnpflichten und der damit ggf. einhergehenden persönlichen Haftung.

Weitere Informationen und Fragen können auch direkt über den BVSV e.V. oder am Stand der BVSV e. V. auf der DKM 2022 im Oktober in Dortmund gegeben und geklärt werden.

Bild: © Oleh Donets – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Hans-Joachim Schlimpert