Inwiefern könnte eine Kriegsausschlussklausel wirksam werden?
Grundsätzlich seien Versuche seitens der Versicherer in der derzeitig komplexen Lage nicht auszuschließen. Im Einzelfall müsse auf die individuelle Formulierung der Klausel geachtet werden, so Fischer-Erdsiek. Vom Versicherer Allianz heißt es dazu, dass ein erklärter Krieg in Unternehmensversicherungspolicen im Allgemeinen ausgeschlossen sei und eigenständige Cyberpolicen keine Ausnahme bilden würden. Allerdings prüfe das Cyberkompetenzzentrum der Allianz derzeit die Versicherbarkeit solcher feindlichen Cyberaktivitäten.
Wie sieht es mit der Durchsetzbarkeit einer Kriegsausschlussklausel aus?
Die Hürden für eine Durchsetzbarkeit dieses Ausschlusses seien recht hoch, denn die Beweislast für seine Anwendbarkeit läge bei den Versicherern, erklärt Pawig-Sander. Der Versicherer hat also den Zusammenhang des konkreten Versicherungsfalles mit einem Krieg sowie die Einschlägigkeit der Formulierung des Ausschlusses nachzuweisen, ergänzt Sieverding und schildert die Schwierigkeiten seitens der Versicherer im Falle des Schadprogramms NotPetya Wiper im Jahr 2017: „Mit der Ace gegen Merck und Zurich gegen Mondelez haben zwei Versicherer versucht, sich in der Sachversicherung bei einem Schaden in den USA auf den Kriegsausschluss zu berufen. Bisher sind die Richter auf Seiten der Unternehmen, auch wenn die Urteile noch nicht rechtskräftig sind.“ Solange Deutschland keine aktive Kriegspartei ist, werden punktuell auftretende Cyberangriffe weniger den Einwand des Kriegsausschlusses auslösen, so die übereinstimmenden Äußerungen seitens der Expertinnen und Experten. Pawig-Sander gibt indes zu Bedenken, dass der Fokus russischer Hacker tendenziell bei strategisch wichtigen Zielen wie Netzwerkstrukturen liegen könnte. „In Cyberversicherungsverträgen, in denen entsprechende Rückwirkungsschäden im Rahmen einer Betriebsunterbrechungskomponente mitversichert sind, könnte dann ein sogenannter ‚Infrastrukturausschluss‘ greifen, der eben diese Rückwirkungsschäden – ganz unabhängig von einem Kriegsereignis – von der Deckung ausschließt“, erläutert Pawig-Sander. Betroffene Unternehmen würden dann von ihrem Versicherer keinen Ersatz für entstandene Schäden bekommen.
Was können Unternehmen nun präventiv tun?
Laut Fischer-Erdsiek liegt die Grundproblematik beim Thema Cyber in der nach wie vor geringen Versicherungsdichte in Höhe von 15%. Daher ist Unternehmen die Verbesserung ihrer eigenen IT-Sicherheit nahezulegen. „Sie ist in der derzeit verschärften Cyberbedrohungslage die entscheidende und durch die Unternehmen direkt beeinflussbare, eigenverantwortliche und stärkste Maßnahme gegen die steigenden Angriffszahlen“, appelliert Fischer-Erdsiek an die Unternehmen. (as)
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