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Steuern & Recht
28. September 2022
Das sind die rechtlichen Pflichten rund um das Firmenfahrzeug
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Das sind die rechtlichen Pflichten rund um das Firmenfahrzeug

Versicherungsmakler sind Vielfahrer oder haben Kunden mit größeren Fuhrparks. Umso wichtiger sind Kenntnisse über die rechtlichen Pflichten bei Firmenfahrzeugen. Wie häufig also müssen Führerscheine überprüft werden und wie sollte bei einem Unfall reagiert werden?

Ein Artikel von Inka Pichler, Rechtsanwältin der Kanzlei Voigt Rechtsanwalts GmbH

Ob Firmenfahrzeug, Dienstwagen, Poolfahrzeug, Auto-Abo oder Corporate Carsharing, Verbrenner oder Elektromobilität: Letztlich sorgt jedes Mobilitätsmodell rund um das Auto für rechtliche Herausforderungen. Insbesondere nach Abflauen der Covid-19-Pandemie und der Rückkehr vom Home-Office in die Büros und zu den Kunden und damit auf die Straßen nimmt das Verkehrs­geschehen wieder stark zu, sodass die rechtlichen Pflichten rund um das Firmenfahrzeug wieder stärker in den Fokus rücken.

Ob zivil-, bußgeld- oder strafrechtlich, in der Haftung sind zumeist Fahrer und Halter identisch. Die Kernaussage der Halterverantwortung nach § 31 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) besteht darin, dass der Halter die Inbetriebnahme nicht anordnen oder zulassen darf, wenn ihm bekannt ist oder bekannt sein muss, dass der Führer des Kraftfahrzeuges nicht zur selbstständigen Leitung geeignet oder das Fahrzeug, der Zug, das Gespann, die Ladung oder die Besetzung nicht vorschrifts­mäßig ist oder dass die Verkehrs­sicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung leidet.

Was ist bei der Führerscheinkontrolle zu beachten?

Ein Kraftfahrzeug darf nur geführt und überlassen werden, wenn der Fahrzeugführer im Besitz einer hierfür gültigen Fahrerlaubnis ist und hiervon auch Gebrauch machen darf, das heißt zum Beispiel keinem Fahrverbot unterliegt. Die Führerscheinkontrolle vor Übergabe des Fahrzeuges an einen Mitarbeiter oder Fahrer ist ein zentraler Punkt. Dies nicht zuletzt, weil § 21 Straßenverkehrsgesetz (StVG) einen Verstoß hiergegen unter Geld- oder Freiheitsstrafe stellt.

Gesetzliche Vorgaben für die Häufigkeit gibt es nicht. Es empfiehlt sich jedoch eine ein- bis zweimalige Kontrolle pro Jahr, wobei diese engmaschiger zu erfolgen hat, wenn dafür Anlass besteht. Sollte der Kontrollrhythmus zum Beispiel durch Quarantäne nicht eingehalten werden können, ist die Überprüfung unverzüglich nachzuholen. Der Trend geht weiter stark in Richtung Digitalisierung, das heißt elektronische Führerscheinkontrolle. Hierdurch kann die Kontrolle kontaktlos und aus der Ferne durchgeführt werden.

Über die strafrechtliche Dimension hinaus kann ein Verstoß gegen § 21 StVG auch zivil- und versicherungsrechtliche Konsequenzen haben. Die sogenannte „Führerscheinklausel“ ist grundsätzlich in jedem Vertrag enthalten. Ein Verstoß kann zur Leistungsfreiheit oder zum Regress des Versicherers führen. Im Gegensatz zu § 21 StVG, der auch das Fahrverbot beinhaltet, sprechen die Versicherungsklauseln von einer Leistungsfreiheit oder Regressmöglichkeit in der Regel nur beim Fahren ohne Fahrerlaubnis, nicht beim Fahrverbot.

Wie sieht es mit den Unfallverhütungsvorschriften aus?

Die Unfallverhütungsvorschriften (UVV) regeln die Pflichten der Arbeitssicherheit am Arbeitsplatz. Dazu gehört auch der Platz hinterm Steuer eines Firmenfahrzeugs. Hier sind die Pflichten in zwei unterschiedliche Risiken aufgeteilt:

Auf der einen Seite den Pkw betreffend: die Sachkundigenprüfung gemäß § 57 Deutsche Geset­zliche Unfallversicherung (DGUV) Vorschrift 70. Hiernach hat jeder Unternehmer seine durch Mitarbeiter gewerblich genutzten Fahrzeuge bei Bedarf ‒ mindestens jedoch einmal jährlich ‒ durch einen Sachkun­digen auf ihren betriebssicheren Zustand prüfen zu lassen. Mindestens einmal im Jahr heißt hierbei nicht erst nach Ablauf von zwölf Monaten, sondern bereits vor erstmaligem Betrieb und Übergabe an den Mitarbeiter, da dieser ein auf Arbeitssicherheit geprüftes Arbeitsmittel erhält. Die Betriebssicherheit ist die Gesamtheit aus Verkehrs- und Arbeitssicherheit.

Auf der anderen Seite müssen Mitarbeiter in das überlassene Kraftfahrzeug eingewiesen und jährlich unterwiesen werden; dies zielt auf den Faktor Mensch ab. Erst das Zusammenspiel beider dient der Erhöhung der Sicherheit im Arbeitsalltag. Vor erstmaliger Übergabe ist der Fahrer in das Fahrzeug ebenso wie in bestimmte Verhaltensregeln (Verhalten bei Unfall, Ladungssicherung etc.) einzuweisen. Ferner ist dafür Sorge zu tragen, dass die vom Hersteller mitgelieferten Betriebsanleitungen befolgt werden. Ziel der jährlichen Unterweisung ist es, den Mitarbeiter für das Dienstfahrzeug selbst sowie für eine verantwortungsvolle und partnerschaftliche Teilnahme am Straßenverkehr wiederholt zu sensibilisieren.

Was sollte bei Ordnungswidrigkeiten geschehen?

Wenn mit den Kraftfahrzeugen Ordnungswidrigkeiten begangen werden, wenden sich die Behörden zunächst an den Halter, sodass dieser einen Zeugenfragebogen erhält. Auch hier ist die richtige Vorgehensweise wichtig, um die Firma und sich selbst als Verantwortlichen vor späteren – unerwarteten – rechtlichen Folgen zu schützen. Insbesondere ist hier die Angabe des Fahrzeugführers elementar, um sogenannte Fahrtenbuchauflagen nach § 31a StVZO zu vermeiden (Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 13.06.2022, Az. 4 K 2789/21.F). Diese können unter Umständen seit der Bußgeldreform auch bereits bei punktebewehrten Verstößen im ruhenden Verkehr drohen. Eine entsprechende Klausel im Dienstwagenüberlassungsvertrag ist hier empfehlenswert, um den Weg zu ebnen.

Wie ist im Falle eines Verkehrsunfalls zu handeln?

Letztlich ist es unvermeidbar, dass im Straßenverkehr Unfälle geschehen. Ein strategisches Schadenmanagement ist daher unerlässlich, sowohl um eigene Ansprüche durchzusetzen als auch um Ansprüche Dritter abzuwehren. Hier wird häufig Geld verschenkt. Professionelle Unfallabwicklung wird vor dem Hintergrund des stetigen und rasanten Wandels der Rechtsprechung immer anspruchsvoller. Um dem Versicherer auf Augenhöhe zu begegnen, ist juristische Unterstützung nicht mehr wegzudenken. Der spezialisierte Verkehrsrechtsanwalt stellt die Schienen von Anfang an, nimmt der Gegenseite oftmals den Wind aus den Segeln und verhindert Verzögerungen, denn Zeit ist Geld. Nicht ohne Grund bestätigt der Bundesgerichtshof (BGH) die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten auch bei geschäftlich gewandten Geschädigten (BGH, Urteil vom 29.10.2019, Az. VI ZR 45/19). Bereits die Frage, wem welcher Anspruch zusteht, ist nicht einfach zu beantworten, gefolgt von Streitigkeiten über den Anspruch dem Grunde (Haftungsquote) und der Höhe nach (Kürzungen). Angesichts der immer komplizierter werdenden Rechtsprechung zur Erstattungs­fähigkeit von Schadenpositionen, zu Mietwagenkosten und Stundenverrechnungssätzen sei es nach Ansicht der Instanzrechtsprechung geradezu fahrlässig, einen Verkehrsunfallschaden ohne Einschaltung eines Rechtsanwalts abzuwickeln (beispielsweise Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 01.12.2014, Az. 22 U 171/13).

Fazit

Angesichts der Fülle von Haftungsgefahren und der Flut von Normen ist die Rechtsbefolgung kein Selbstläufer und ohne organisatorische Vorkehrungen nicht zu bewerkstelligen. Letztendlich geht es in möglichen Bußgeldverfahren im Kern um Organisationsverschulden. „Prevent“, „detect“, „re­spond“ lauten hier die Schlagwörter. Kann der Behörde eine ausgereifte und gelebte Compliancestruktur nachgewiesen werden, vermindert sich die Gefahr von eventuellen Verurteilungen. Um zivilrechtlich auf der sicheren Seite zu sein, empfiehlt sich neben einer Carpolicy insbesondere ein individuell auf die Bedürfnisse der Firma ausgelegter Dienstwagenüberlassungsvertrag.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 09/2022, S. 48 f., und in unserem ePaper.

Bild: © Sondem – stock.adobe.com

 
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