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2. Dezember 2022
Defizite rund ums Thema Finanzen – auch bei Führungskräften
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Defizite rund ums Thema Finanzen – auch bei Führungskräften

Im Finanzwissen der Bevölkerung gibt es einige große Wissenslücken. Doch auch Finanzverantwortliche in Unternehmen schneiden nur geringfügig besser ab als der Durchschnitt. Wo genau die Defizite liegen, offenbart der MLP Finanzkompetenzreport 2022.

Im aktuellen MLP Finanzkompetenzreport 2022 sind Wissenslücken in der Bevölkerung rund um Themen wie Inflation, Rente und Risikoabsicherung aufgedeckt worden. Insgesamt beurteilt die Bevölkerung aber 72% der vorgelegten Aussagen korrekt. Schulbildung hat dabei der Studie gemäß nur einen begrenzten Effekt auf das Finanzwissen.

88% finden Finanzwissen wichtig, aber nur 37% haben Interesse am Thema

88% der Bevölkerung sehen Finanzwissen auch als (sehr) wichtig an, viele geben allerdings an, ein eher geringes eigenes Interesse daran zu haben. Nur 37% bekunden (sehr) großes Interesse. Trotzdem glaubt ungefähr die Hälfte der Befragten, sich (sehr) gut auszukennen. Der Realitätscheck zeichnet allerdings ein anderes Bild: Das tatsächliche Wissen der Befragten deutet auf einige Wissenslücken bzw. Fehlannahmen hin, z. B. beim Thema Inflation. Hier würden laut MLP 37% der Bevölkerung der falschen Aussage „Die Erhöhung der Zinsen führt automatisch zu einer Erhöhung der Inflation“ irrtümlich zustimmen.

Viele Fehlannahmen beim Thema Finanzen

Auch nehmen beispielsweise fast genauso viele an, dass Verheiratete im Notfall über das Konto des Ehepartners bzw. der Ehepartnerin verfügen können (36%). Rund jeder Vierte denkt, dass man mit einer sicheren Geldanlage auf dem Tagesgeldkonto in der Regel mehr Rendite erzielen kann als an der Börse – eine Fehlannahme zum Zusammenhang von Rendite und Risiko, die sich der Studie nach durch alle Einkommensschichten zieht. 

Wie schätzen sich die Befragten selbst ein?

Auch interessant: Die Mehrheit der Männer ist der Meinung, sich (sehr) gut auszukennen (59%). Bei den Frauen schätzen 58% ihre eigenen Kenntnisse weniger oder gar nicht gut ein. Unter 30-Jährige würden ihr Finanzwissen als besonders gering einschätzen – 64% weniger gut oder kaum bzw. gar nicht gut. 67% der Befragten mit einfacher Schulbildung und 61% der Personen mit niedrigem Haushaltseinkommen haben ebenfalls dieses Bild von sich selbst.

Irrtümer in Zusammenhang mit Rente

Was Versicherung und Vorsorge betrifft, sind in der Studie ebenfalls einige Fehlannahmen aufgefallen. Beispielsweise hat rund die Hälfte die Annahme, dass Menschen mit einer größeren Kinderzahl automatisch eine höhere Rente erhalten würden. In höheren Altersgruppen glauben dies sogar noch mehr als in jüngeren. Außerdem denken 33% der Bevölkerung, die gesetzliche Rente decke 70% des letzten Einkommens ab. 40% aller Berufstätigen kennen laut Studie die voraussichtliche Höhe ihrer Rente bzw. Pension.

Nur 18% nennen Berufsunfähigkeitsversicherung

Beim Grundwissen zur privaten Absicherung von Risiken sieht der Wissensstand etwas besser aus: So wissen etwa 90%, dass eine private Haftpflichtversicherung zwar empfohlen wird, aber nicht verpflichtend ist. Gut drei Viertel nennen bei der Frage nach Versicherungen, die man unbedingt haben sollte, dann auch die Haftpflichtversicherung. Jedoch antworten auf diese Frage nur 18% mit „Berufsunfähigkeitsversicherung“.

Wie groß ist das Wissen zu Steuern, Sozialversicherung und Erbe?

Weitere Irrtümer gibt es laut MLP-Studie bei den Themen Steuern, Sozialversicherung und Erbe. In diesem Themenfeld glauben 46%, man müsse mindestens 30% Eigenkapital nachweisen, um eine Immobilie zu kaufen. Auch herrsche bei 18% z. B. die Annahme vor, eine Steuererklärung lohne sich nur bei einem hohen Jahreseinkommen. Überdurchschnittlich oft sagen dies laut Studie Menschen aus unteren Einkommensschichten. Fast jeder fünfte Bürger hält Immobilien für grundsätzlich erbschaftssteuerbefreit, wenn sie von den Eltern an die Kinder vererbt werden. Fast jeder Berufstätige weiß aber z. B., welche Steuerklasse er hat oder wo er das nachschauen könnte.

Für Führungskräfte wäre es wichtig, …

Was Führungskräfte angeht, die Finanzentscheidungen für ihre Unternehmen treffen, fällt das Wissen zu Privatfinanzen erwartungsgemäß größer aus als im Durchschnitt: Sie beurteilen im Schnitt 81% der Fragen korrekt. Doch auch sie lägen laut MLP gemessen an ihrer Expertise erstaunlich oft falsch – vor allem bei Themen wie Inflation und Rente. 43% der Finanzentscheider nehmen an, dass eine Erhöhung der Zinsen automatisch zu einer Erhöhung der Inflation führt. Und ein Drittel geht etwa davon aus, dass man als Schuldner nicht von der Inflation profitiert. Gerade für Finanzentscheider in Unternehmen wäre, so MLP, ein fundiertes Verständnis der Auswirkungen einer Inflation von großer Bedeutung.

42% der Finanzentscheider denken außerdem, dass mehr Kinder automatisch eine höhere Rente bedeuten, ein Viertel glaubt, dass die gesetzliche Rente 70% des letzten Einkommens abdeckt, und knapp ein Viertel hat die Annahme, dass man auf einem Tagesgeldkonto in der Regel mehr Rendite erzielen kann als an der Börse. MLP hält Irrtümer von Finanzentscheidern in diesem Feld nicht nur für problematisch für berufliche Entscheidungen und die eigene Lebensplanung. Die falschen Annahmen könnten aufgrund ihrer Vorbildfunktion auch zu falschen Ratschlägen anderen gegenüber führen.

Mehr Interesse an Finanzthemen wecken

„Der MLP Finanzkompetenzreport zeigt deutlich, dass mangelhaftes Finanzwissen weit verbreitet ist – über alle Geschlechter, Altersgruppen und Bildungsschichten hinweg. Gerade bei so wichtigen Themen wie der Rente oder der passenden Absicherung kann dies gravierende Folgen haben“, so Jan Berg, Sprecher des Vorstands der MLP Finanzberatung SE und verantwortlich für die MLP School of Financial Education. „Es ist wichtig, mehr Interesse an Finanzthemen zu wecken und die finanzielle Bildung zu stärken.“

Über die Studie

Die repräsentative Befragung von Bevölkerung und Finanzentscheidern wurde vom Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der MLP School of Financial Education durchgeführt. (lg)

Bild: © Sergey Nivens – stock.adobe.com