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20. September 2019
Der BVVB und seine klaren Richtlinien für den Versicherungsberater

Der BVVB und seine klaren Richtlinien für den Versicherungsberater

Der BVVB Bundesverband der Versicherungsberater e. V. lehnt jegliche erfolgsabhängige Beratung oder Vermischung von Vergütungsmodellen ab. Der Verband erwartet, dass die Zahl der Versicherungsberater steigen wird – aber vorerst noch in kleinen Schritten. Interview mit Harald Peschken, BVVB-Präsident.

Herr Peschken, würden Sie zustimmen, dass sich das Bild des Versicherungsmaklers und das des Versicherungsberaters durch IDD und VersVermV angenähert haben?

Ihrer Feststellung kann ich nicht zustimmen. Versicherungsberatung und Versicherungsvermittlung – Versicherungsmakler sind Versicherungsvermittler – sind sehr unterschiedliche Tätigkeiten. Der Schwerpunkt der Versicherungsvermittlung ist der Verkauf von Versicherungsverträgen. Versicherungsmakler werden in aller Regel von Versicherungsunternehmen bezahlt, wenn sie einen Versicherungsvertrag verkauft haben.

Der Schwerpunkt von Versicherungsberatung ist die Beratungsdienstleistung zu Versicherungsverträgen und nicht der Abschluss von Versicherungsverträgen. Wir werden von unseren Mandanten für die unabhängige Beratung bezahlt. Im Tagesgeschäft raten Versicherungsberater vom Abschluss unsinniger, zu teurer oder unrentabler Versicherungsverträge ab.

Wie sieht Ihr Verband konkret das Bild des Versicherungsberaters – vielleicht auch über die gesetzlichen Zulassungsvorschriften hinaus?

Wer BVVB-Mitglied werden möchte, muss sich eindeutig zur neutralen Beratung ohne Zuwendungen seitens der Versicherungswirtschaft bekennen. Eine Vermischung von Beratung auf Honorarbasis mit klassischer Vermittlungstätigkeit ist nicht zulässig.

Der BVVB e. V. lehnt eine erfolgsabhängige Beratung ab, bei der eine Vergütung beispielsweise in Abhängigkeit von einer Versicherungsprämienersparnis vereinbart wird. Dies führt in der Praxis erfahrungsgemäß nicht selten dazu, dass ähnlich wie in der provisionsabhängigen Vermittlung die wirtschaftlichen Interessen des Beraters bzw. Vermittlers ein objektives Ergebnis im Sinne des Mandanten negativ beeinflussen.

Nun gibt es Vermittlerunternehmen, die sich in getrennten Firmen verschiedenen Vergütungsmodellen verschreiben. Kann das Ihrer Meinung nach in der Praxis funktionieren?

Das kann in der Praxis nicht funktionieren, da Interessenkonflikte vorprogrammiert sind. Hier stehen doch die finanziellen Interessen dieser Firmen im Gegensatz zu den Interessen der Mandanten, die eine unabhängige Beratung wünschen. Vermittlerunternehmen, die sich in getrennten Firmen – zum Beispiel Versicherungsberater GmbH und Versicherungsvermittler GmbH – verschiedenen Vergütungsmodellen verschreiben, unterlaufen durch ein derartiges Konstrukt den eindeutigen Willen des Gesetzgebers. Versicherungsberater dürfen – um unabhängige Beratung zu gewährleisten – keine Zuwendungen von Versicherungsunternehmen annehmen und werden daher nur vom Auftraggeber vergütet.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin Brandenburg hat am 31.03.2017 (Az.: OVG I N 41.15) entschieden, dass es nicht zulässig ist, gleichzeitig Inhaber einer Versicherungsberatergesellschaft sowie einer Versicherungsmaklergesellschaft zu sein.

Öffnet sich Ihr Verband auch für Honorarberater im Bereich Immobilien oder Finanzanlagen?

Wir sind der Verband der Versicherungsberater. Gerne nehmen wir auch Honorarberater aus den Bereichen Immobilien und/oder Finanzen auf, sofern diese auch als Versicherungsberater zugelassen sind.

Die Regulierung hätte den Schluss zulassen können, dass die Zahl der Versicherungsberater steigt. Das IHK-Vermittlerregister spiegelt das bisher nicht wider. Erwarten Sie einen Anstieg und würden Sie einen solchen überhaupt begrüßen?

Ich erwarte und begrüße einen Anstieg der Zahl der Versicherungsberater. Der BVVB e. V. ist mit einer Vielzahl von Interessenten im Gespräch, die einen Wechsel in die Versicherungsberatung planen. Es ist für viele Interessenten jedoch eine schwierige unternehmerische Entscheidung, sich als Versicherungsberater selbstständig zu machen, da in der Anfangszeit häufig noch kein Mandantenstamm – und somit keine regelmäßigen Honorareinnahmen – vorhanden sind. Das Wachstum vollzieht sich aus diesem Grunde derzeit noch in kleinen Schritten.

Der BVVB e. V. merkt – wie andere Verbände auch – den demografischen Wandel. In den letzten Jahren haben wir durch die Neuaufnahme „junger“ Versicherungsberater den Abgang „älterer“ Kollegen, die in den Ruhestand gegangen sind, auffangen können und gleichzeitig unsere Mitgliederzahl ausgebaut.

Welche Vorgehensweise schlagen Sie Ihren Mitgliedern vor: ein kostenloses Erstgespräch, dann eine Vereinbarung mit dem Kunden und dann Abrechnung auf Stundenhonorar?

Hierzu gibt es keine Empfehlung des BVVB e. V. an seine Mitglieder. Ich biete bei Kundenanfragen kein kostenloses Erstgespräch an. Gerne beantworte ich im Vorfeld der Beratung die Fragen des Anfragenden zum Ablauf der Beratung und ob ich zum angefragten Themenkomplex berate. Die Beratung erfolgt dann nach Vereinbarung mit dem Mandanten auf Basis eines Stundenhonorars.

Eine Aufrechnung mit einer späteren Vermittlung lehnen Sie wie dargestellt ab. Was passiert dann aber im Falle einer Vermittlung?

Wir Versicherungsberater sind vom Gesetzgeber gehalten, vorrangig provisionsfreie Versicherungsverträge, also Nettopolicen, für unsere Mandanten zu vermitteln. Sofern es keine sinnvolle Lösung auf Basis eines Nettotarifes gibt, kann der Versicherungsvertrag auch auf Basis des Provisionstarifes erfolgen. In diesem Fall hat der Versicherer die Provision – 80% – an den Mandanten nach Vorlage der Beratungsbescheinigung auszukehren.

Gibt es überhaupt genügend Angebote, Nettopolicen usw.?

Ja. Ausnahme ist derzeit noch die private Krankenversicherung. Hier gibt es erst sehr wenige Versicherer, die Nettotarife anbieten. Es gibt jedoch Ankündigungen von Versicherern, dass sie zukünftig Nettopolicen in der PKV anbieten.

Welche Erfahrungen machen Sie in dem Zusammenhang im Allgemeinen mit Versicherern?

Im Grunde sind die Erfahrungen zumeist positiv. Es gibt Versicherungsunternehmen, die seit vielen Jahren Nettopolicen anbieten oder im Gewerbegeschäft Nachlässe in üblicher Courtagehöhe gewähren. Die Zusammenarbeit mit diesen Anbietern verläuft in aller Regel auf einer guten Sachebene routiniert ab. Daneben gibt es Versicherer, die sich allmählich gegenüber der Versicherungsberatung öffnen, weil Sie merken, dass sich langfristig der Markt von der Versicherungsvermittlung weg zur Versicherungsberatung hin entwickelt.

Es gibt einige wenige Versicherer, die mit Versicherungsberatern nichts zu tun haben wollen und mit denen man auf der Sachebene sehr schwer zu einem Ergebnis kommt. Es gibt jedoch genügend andere Anbieter auf dem Markt.

Was sollte eine Honorarvereinbarung zur Schadenregulierung enthalten?

Grundsätzlich sollte der Auftragsgegenstand im Auftrag eindeutig beschrieben sein. Die Honorarvereinbarung sollte entweder als Stundenhonorar oder auf Basis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) vereinbart werden.

Wie stehen Sie eigentlich zu einem Provisionsdeckel oder einem Provisionsverbot?

Das Provisionsverbot ist insbesondere im Lebensversicherungsbereich dringend notwendig, da hier immer noch bei vielen Marktteilnehmern die finanziellen Interessen des Vermittlers im Vordergrund stehen. Insofern ist der Provisionsdeckel ein erster Schritt in die richtige Richtung.

Und zu einer möglichen BaFin-Aufsicht, wie sie ja für die Finanzanlagenvermittler eigentlich geplant ist?

Ich begrüße die mögliche BaFin-Aufsicht für Versicherungsvermittler und -berater als richtigen Schritt. Hier erfolgt dann eine einheitliche Aufsicht durch eine Behörde, die den Versicherungsmarkt kompetent versteht.

Wenn sich der Gesetzgeber noch einmal mit der Regulierung beschäftigen sollte, was würden Sie sich von ihm wünschen?

Eine tatsächliche Stärkung der Honorarberatung.

Bild: © doucefleur – stock.adobe.com

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 09/2019 und in unserem ePaper.

 
Ein Artikel von
Harald Peschken