Die Sorge unter den Vermittlern, die kommende Bundesregierung könnte einen sogenannten Provisionsdeckel in der Lebensversicherung einführen, wurde mit der Beteiligung der FDP an den Koalitionsverhandlungen gedämpft. Nun ist die Forderung nach einer Begrenzung von Provisionszahlungen jedoch offenbar wieder in einem Arbeitspapier der Ampelkoalitionäre in spe aufgetaucht. Darüber berichtete zuerst die Süddeutsche Zeitung (SZ).
Konfliktlinien aus den Wahlprogrammen
Das Arbeitspapier gebe laut SZ Aufschluss darüber, wo die Konfliktlinien entlang der Parteiengrenzen verlaufen. Diese wurden jedoch auch bereits in den Wahlprogrammen der voraussichtlichen Ampel-Koalitionäre offenbar. Für besonders viel Aufsehen hatte die Forderung im Wahlprogramm der Bündnisgrünen gesorgt, die provisionsbasierte Beratung von Kleinanlegern schrittweise vollständig abzuschaffen und durch unabhängige Honorarberatung zu ersetzen.
SPD möchte neuen Anlauf
Auch die Haltung der SPD stand bereits im Vorfeld fest. Schon in der vergangenen Legislaturperiode hatte die Große Koalition die Einführung eines Provisionsdeckels in der Lebensversicherung geplant. Der Gesetzentwurf aus dem SPD-geführten Finanzministerium scheiterte jedoch am Widerstand aus Teilen der Unionsfraktion.
Liberale wollen Provisionsvergütung bewahren
Die FDP wiederum will einen Provisionsdeckel nicht mittragen. Sie hatte sich bereits im Wahlkampf für einen Erhalt der Provisionsvergütung eingesetzt. Auch aus dem aktuellen Arbeitspapier gehe laut SZ der Widerstand der Liberalen gegen eine Provisionsbegrenzung deutlich hervor. Das Blatt zitiert die FDP aus dem Papier mit den Worten: „Gesetzliche Eingriffe in die Vergütungsstruktur, insbesondere einen Provisionsdeckel, halten wir für falsch.“
Kreditinstitute zeigen sich alarmiert
Die Sorge vor einer Beschränkung der provisionsbasierten Vergütung treibt auch die deutschen Kreditinstitute um. So warnt der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Helmut Schleweis, gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vor einer verpflichtenden Honorarberatung. Faktisch führe die Hinwendung zu einer obligatorischen Honorarvergütung dazu, dass viele Kleinanleger überhaupt keine Beratung mehr erhielten. Schleweis erachtet die Hürde – für eine Erstberatung sofort die tatsächlichen Kosten von mehreren Hundert Euro zu bezahlen – als unüberwindbar für die meisten Kunden.
Banken und Sparkassen sind auf Provisionen angewiesen
Das Handelsblatt weist in seiner Berichterstattung zu dem Thema jedoch auch auf den Umstand hin, dass Kreditinstitute, gerade im Zusammenhang mit dem vorherrschenden Niedrigzinsumfeld, auf die Provisionseinnahmen aus dem Vertrieb von Finanz- und Versicherungsprodukten sowie Immobilien angewiesen sind. Allein die Sparkassen erwirtschaften demnach ungefähr ein Drittel ihres Bruttojahresertrags mithilfe der Provisionen aus dem Vertrieb von entsprechenden Produkten oder im Immobiliengeschäft.
Provisionsgegner streben Stärkung der Verbraucherzentralen an
Dass eine Abkehr von der Provisionsvergütung faktisch dazu führen könnte, dass gerade finanzschwache Kunden überhaupt keine Beratung mehr erhielten, haben auch die Provisionsgegner erkannt. Gerade die Erfahrungen mit dem Provisionsverbot in Großbritannien bestätigen diese Annahme. Aus diesem Grund fordert beispielsweise die Linkspartei eine Stärkung der Verbraucherzentralen mit Steuermitteln, sodass finanzschwache Kunden auf deren Finanzberatung zurückgreifen könnten. (tku)
Bild: © vchalup – stock.adobe.com
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