Schlechte Neuigkeiten für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Gaskrise, Ukraine-Krieg und gestörte Lieferketten werden die Konjunkturentwicklung hierzulande erheblich beeinträchtigen, erwartet KfW-Research in seinem aktuellen Konjunkturkompass Sommer 2022. Demnach rechnet die Forschungsabteilung der staatseigenen KfW-Bankengruppe für das laufende dritte Quartal und vor allem für das Winterhalbjahr 2022/2023 mit leicht negativen Quartalswachstumsraten in Deutschland. „Mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden negativen Quartalen haben wir es per Definition mit einer technischen Rezession zu tun“, erläutert Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Praktisch bedeutet unsere Konjunkturprognose aber Stagnation beziehungsweise – mit Blick auf die gleichzeitig sehr hohe Inflation – Stagflation im kommenden Jahr im Gegensatz zu einer echten Rezession.“
Schwungvoller Konjunkturstart ins Jahr
Im ersten Quartal des Jahres 2022 sorgte noch der sehr hohe Nachholbedarf in den zuvor pandemiebeschränkten Dienstleistungsbereichen für ein kräftiges Wachstum. Und auch im zweiten Quartal war dieser Schwung noch so stark, dass sich die Auf- und Abtriebskräfte für die deutsche Wirtschaft in etwa in der Waage hielten. „Ab der Jahresmitte dürften nun aber die konjunkturellen Abtriebskräfte überwiegen, die vor allem von den Folgen des russischen Kriegsangriffs auf die Ukraine und der damit entstandenen Energiekrise, aber auch von den anhaltenden Störungen in den globalen Lieferketten insbesondere infolge wiederkehrender strikter Lockdowns in China ausgehen“, heißt es im KfW-Konjunkturkompass. Insbesondere die private Konsumtätigkeit, die in den letzten Jahren eine Stütze der deutschen Wirtschaftsentwicklung bildete, leide gegenwärtig unter enormen Kaufkraftverlusten aufgrund stark steigender Lebenshaltungskosten.
Hohe Prognoseunsicherheiten für 2023
Frühestens ab Frühjahr 2023 dürfte laut KfW-Research eine Rückkehr auf einen moderaten Wachstumspfad anstehen. Aber nur, wenn die Unsicherheit über die Gasversorgung abnimmt, wenn eine Anpassung der Produktion in energieintensiven Industrien erfolgt ist und wenn steigende Nominallöhne im Zusammenspiel mit sinkenden Inflationsraten die Realeinkommensentwicklung wieder etwas verbessern. Alles in allem dürfte die deutsche Wirtschaft dank des gelungenen Jahresstarts im Gesamtjahr 2022 noch um +1,4 % wachsen. Die voraussichtlich schrumpfende Wirtschaftsleistung in der zweiten Jahreshälfte 2022 und zu Beginn von 2023 wirkt sich vor allem auf die Wachstumsprognose für das kommende Jahr aus: Diese senkte KfW Research mittlerweile auf –0,3 %, nachdem im vorangegangenen Konjunkturkompass noch mit einem Zuwachs von +1,2% gerechnet wurde. Allerdings: Angesichts der zahlreichen Unwägbarkeiten im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und dessen Folgen ist die Prognoseunsicherheit gegenwärtig außerordentlich hoch. (as)
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