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1. Oktober 2021
Die digitale bAV-Bestandsverwaltung in der Praxis
Database  archive data storage concept. Binders on CPU processor and motherboard. 3d illustration

Die digitale bAV-Bestandsverwaltung in der Praxis

Die Bestandsverwaltung in der bAV ist auf Digitalisierungskurs. Um Daten gemeinsam zu verwalten, ist die Vernetzung von Unternehmen, Vermittlern und Versicherern erforderlich. Das gelingt etwa über das Firmenportal der Alte Leipziger, das seit 2019 bei Apollo im bayerischen Schwabach eingesetzt wird.

Interview mit Christine Schwarz, Head of Payroll bei Apollo, Paul Herbst, Geschäftsführer der Denken für Morgen GmbH, und Dr. Jürgen Bierbaum, Vorstandsmitglied der ALH Gruppe
Frau Schwarz, Apollo nutzt seit 2019 das Firmenportal der Alte Leipziger, um dort die bAV seiner Mitarbeiter zu verwalten. Warum?

Christine Schwarz: Apollo befindet sich seit einigen Jahren auf einem konsequent erfolgreichen Weg der Digitalisierung. So wurde unter anderem 2018 die digitale Personalakte eingeführt und damit war klar, dass auch alle Vorgänge, die die gesamte bAV betreffen, auf eine effiziente, papierlose Plattform überführt werden.

Wie lange dauerte die Einführung, bis alle Mitarbeiter- und Vertragsdaten in das Portal überführt waren?

Christine Schwarz: Apollo war, gemeinsam mit dem Dienstleister für die bAV, einer von wenigen Pilot-Firmenkunden bei der Implementierung des Firmenportals. Wie bei einem Pilotprojekt nicht ungewöhnlich, kam es anfänglich zu Reibungsverlusten. Die Übertragung der relevanten Daten und Verträge in das Portal dauerte etwa ein halbes Jahr. Das Feintuning war dann nach etwa einem Jahr abgeschlossen. Der Aufwand hat sich gelohnt. Jetzt läuft so weit alles.

Firmenportale sollen Verwaltungsprozesse in der bAV für die beteiligten Parteien vereinfachen und beschleunigen. Welche Erfahrungen macht hier Apollo Optik?

Christine Schwarz: Durch die Verwaltung und Betreuung der gesamten bAV durch unseren externen Dienstleister konnten wir bei Apollo den administrativen Aufwand und die damit verbundenen Personalkosten bereits in der Vergangenheit deutlich reduzieren. Dieser Effekt hat sich durch die Nutzung der digitalen Plattform, vor allem im Tarifbereich, nochmals spürbar verstärkt. Der große Vorteil des Firmenportals liegt aus unserer Sicht darin, dass Veränderungen, die bei bAV-Verträgen sehr oft vorkommen, nicht mehr wie früher umständlich per Mail an den Vermittler bzw. den Versicherer geschickt werden müssen, sondern direkt am Bildschirm bearbeitet werden und innerhalb von maximal 60 Minuten sichtbar sind.

Manche Vermittler stehen Firmenportalen kritisch gegenüber, fürchten sie doch, dass ihre Arbeit mit dem Abschluss des Vertrags beendet ist und sie in Folgeberatungen nicht mehr zum Zuge kommen. Ist diese Sorge berechtigt?

Paul Herbst: Diese Angst ist aus unserer Sicht unbegründet. Eine Besonderheit des Firmenportals der Alte Leipziger ist nämlich, dass der Vermittler die bAV steuern kann, sofern der Kunde damit einverstanden ist. Denn für jeden Prozess kann zwischen beiden festgelegt werden, welche Aufgaben der Vermittler übernimmt und welche auf Wunsch des Kunden von der Alte Leipziger wahrgenommen werden sollen. Wer sich primär auf den Abschluss konzentriert und darüber hinaus keine oder wenig Service­leistungen bietet, hat das Nachsehen, mit oder ohne Firmenportal. Aber ohne digitale Verwaltung und auch Beratung der Mitarbeitenden über virtuelle Kanäle wird es im qualifizierten bAV-Geschäft zukünftig nicht (mehr) gehen.

Inhouse-Lösung oder Makler – wer ist bei Apollo Optik für die Verwaltung der Daten und die laufenden Anpassungen und Aktualisierungen zuständig?

Paul Herbst: Wir bieten unseren Firmenkunden seit jeher ein Full-Service-Paket, das von der Ein-Mann-GmbH bis zu größeren mittelständischen Unternehmen mit mehreren Tausend Mitarbeitern gerne angenommen wird. Daher werden bei Apollo sämtliche Geschäftsvorfälle durch uns bearbeitet und umgesetzt; seit gut einem Jahr können wir auch die Policierung der Neuzugänge selbst anstoßen. An Apollo gehen somit alle relevanten Daten und Unterlagen nur noch in digitaler Form und HR wird maximal entlastet.

Die Alte Leipziger bietet ihren bAV-Kunden das Portal kostenlos an. Lohnt sich das für den Versicherer?

Dr. Jürgen Bierbaum: Ja, unbedingt. Denn wir verstehen uns schon lange nicht nur als Produkt-, sondern auch als Serviceanbieter. Die zur Gruppe gehörende Alte Leipziger Pensionsmanagement GmbH berät bereits seit den 1970er-Jahren Unternehmen in Fragen der betrieblichen Altersversorgung: Dazu gehören etwa versicherungsmathematische Gutachten, betriebswirtschaftliche Analysen und juristische Stellungnahmen. Bei der Betreuung der Firmen arbeiten wir eng mit deren Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern sowie mit ihren Beratern (Makler, Mehrfachvermittler und Generalagenten) zusammen. Unser Angebot an die Arbeitgeber, das Firmenportal als Verwaltungstool zu nutzen, bietet ihnen und den Vermittlern einen Mehrwert, wie Frau Schwarz und Herr Herbst bereits dargestellt haben, und passt genau in unser Profil als moderner, digital aufgestellter bAV-Versicherer.

Die bAV ist historisch besonders papierreich. Man verbindet mit ihr Umzugskartons mit Papier. Ist das digitale Firmenportal ein Beitrag zur Nachhaltigkeit?

Dr. Jürgen Bierbaum: Noch vor gar nicht langer Zeit verschickten die Mitarbeiter der Alte Leipziger einmal jährlich tatsächlich große Mengen an gedrucktem Papier an die Arbeitgeber. Wird hingegen das Firmenportal genutzt, werden selbst Originalverträge und Nachträge nicht mehr ausgedruckt, sondern sind im Portal hinterlegt. Die Duplikate erhalten die Arbeitnehmer direkt von der Alte Leipziger und nicht mehr wie früher im Umweg über den Arbeitgeber oder den Vermittler. Über die Versandkosten gibt die Alte Leipziger einen Teil der ersparten Verwaltungskosten an den Arbeitgeber bzw. den Vermittler weiter. Nun bereiten wir vor, dass die Arbeitnehmer ihre Vertragsunterlagen künftig im Original über unsere App fin4u erhalten können. Sie sehen also: Das sind viele Schritte, um das Geschäftsfeld nachhaltig und ressourcenschonend zu getalten.

Die wenigsten Vermittler haben Lust und Zeit, sich die Funktionsweisen von bis zu einem Dutzend Portale anzueignen. Wann wird sich das Firmenportal der Alte Leipziger für Fremdversicherer öffnen?

Dr. Jürgen Bierbaum: In der Realität ist es ja so, dass Unternehmen zum Beispiel eine Direktversicherung bei dem einen Ver­sicherer und die Direktzusage bei einem anderen Versicherer abgeschlossen haben. Zur Vereinfachung der Verwaltungsabläufe ist es deshalb für sie elementar wichtig, dass auch Fremdverträge über das Firmenportal verwaltet werden können. Eine Lösung wird für 2022 vorbereitet.

Über die Interviewgeber

Christine Schwarz ist Head of Payroll bei Apollo, mit rund 900 eigenen sowie Franchise-Geschäften der filialstärkste Optiker Deutschlands. Die bei Apollo eingesetzten bAV-­Lösungen sind Pensionskassen und Direktzusagen, die bei der Alte Leipziger rück­gedeckt sind.

Dr. Jürgen Bierbaum ist Vorstandsmitglied und zuständig für das Ressort „Lebensversicherung“ bei der ALH Gruppe. Auf diese Sparte entfielen 2020 Beitragseinnahmen in Höhe von 2,8 Mrd., davon mehr als 40% auf die betriebliche Altersversorgung.

Paul Herbst ist Geschäftsführer der Denken für morgen GmbH. Sie bietet Privat- und Firmenkunden individuelle Lösungen und langfristige Betreuung bei privater und betrieblicher Alters­versorgung.

Das Interview lesen Sie auch in AssCompact 09/2021und in unserem ePaper.

Bild: © Maksym Yemelyanov – stock.adobe.com

 
Interview mit
Dr. Jürgen Bierbaum
Paul Herbst
Christine Schwarz