AssCompact suche
Home
Management & Wissen
20. September 2019
Die Investmentsteuerreform und ihre Folgen für bAV-Modelle

Die Investmentsteuerreform und ihre Folgen für bAV-Modelle

Seit Januar 2018 ist in Deutschland das neue Investmentsteuergesetz in Kraft. Speziell für Unternehmen, die Verpflichtungen aus Pensionszusagen oder Zeitwertkontenmodellen mit Investmentfonds rückdecken, galt es, Spezifika zu berücksichtigen und die entsprechenden Hürden zu nehmen.

Von Adelheid Lanz, Leitung Pension Management bei der European Bank for Financial Services (ebase®) GmbH

Durch das Investmentsteuerreformgesetz (InvStRefG) wurde zum einen die Besteuerungssystematik von Investmentfonds vereinfacht, die nicht als Spezialfonds qualifiziert sind, und zum anderen die Konformität der Besteuerung von in- und ausländisch domizilierten Fonds nach geltendem europäischen Recht sichergestellt.

Dabei wurde ein transparentes Steuerregime in ein intransparentes umgewandelt, bei dem es nur noch drei Ertragsarten gemäß § 16 Abs. 1 Investmentsteuergesetz (InvStG) in Verbindung mit § 20 Abs. 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) gibt. Die Unterscheidung nach Ertragsherkunft wie zum Beispiel Zinsen und Dividenden ist nun aufgehoben. Erstmalig wurde ein Teil der Besteuerung auf Fondsebene verlagert; entsprechend kommen nun Teilfreistellungssätze auf Anlegerebene zum Tragen, um eine Doppelbesteuerung von Erträgen zu vermeiden.

Altes und neues Steuerregime wurden klar voneinander getrennt, indem zum 31.12.2017 alle Fondsbestände durch die depotführende Bank „fiktiv“ veräußert und die entsprechenden Steuerdaten in sogenannte „Rucksack­positionen“ weggeschrieben worden sind, die erst bei Veräußerung der entsprechenden Fondsanteile zum Tragen kommen.

Erträge aus Investmentfonds

Der Begriff des „betrieblichen Anlegers“ im Sinne des InvStG umfasst sowohl Einzelunternehmer wie auch Personen- und Kapitalgesellschaften, die Betriebsvermögen in Investmentfonds anlegen. Die Ertragsarten Veräußerungsgewinn (§ 19 InvStG) und Ausschüttungen (§ 16 InvStG) sind aus der Vergangenheit bekannt. Veräußerungsgewinne sind für betriebliche Anleger weiterhin vom Kapitalertragssteuerabzug (KESt) freigestellt, entweder aufgrund der Rechtsform oder auf Antrag. Die einbehaltene KESt auf Ausschüttungen hat nach wie vor keine abgeltende Wirkung. Für betriebliche Anleger hat der Verlustverrechnungstopf keine Relevanz und es sind sowohl Ausschüttungen wie auch Veräußerungsgewinne in der Jahressteuer­veranlagung des Unternehmens zu deklarieren.

Ein gänzlich neues Thema hingegen ist die Vorabpauschale (§ 18 InvStG), eine Mindestbesteuerung für Fonds mit fehlender oder zu geringer Ausschüttung. Sie wird einmal jährlich im Januar – bezogen auf das Vorjahr – erhoben und ermittelt sich aus der Wertentwicklung im Kalenderjahr und einem Basiszins, der jährlich von der Bundesbank veröffentlicht wird. Die so abgeführte Vorabpauschale wird bei Veräußerung der Fondsanteile in der Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinnes grundsätzlich gewinnmindernd berücksichtigt.

1. Herausforderung: Die Vorabpauschale

Durch die Vorabpauschale werden thesaurierte Erträge erstmalig jährlich laufend besteuert und der Anleger muss hierfür Liquidität bereitstellen. Allerdings ist die Erhebung der Vorabpauschale in Form einer Veräußerung von Fondsanteilen bei betrieblichen Anlegern oft nicht möglich, zum Beispiel aufgrund von Treuhandverträgen oder Betriebsvereinbarungen. In diesen Fällen müssen die Unternehmen Liquidität „vorschießen“ und, da die Höhe der Vorabpauschale meist erst kurz vor Fälligkeit bekannt ist, ungewisse Liquiditätspuffer einplanen.

Zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass Unternehmen, die Vermögen für eine bAV nach dem Betriebsrentenstärkungsgesetz anlegen, die Vorabpauschale mit der Jahressteuerveranlagung zurückfordern können (§ 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 InvStG). Für Zeitwertkontenmodelle und GGF-Versorgungen gilt diese Ausnahmeregelung nicht. Dadurch unterscheidet sich die Ermittlung des zu versteuernden Veräußerungsgewinnes abhängig davon, ob die Ausnahmeregelung zum Tragen kommt oder nicht.

2. Herausforderung: Alt- und Neubestände in einem Depot

Viele Unternehmen greifen für ihre bAV- und Zeitwertkontenmodelle auf eine virtuelle Verwaltung der Mitarbeiteransprüche zurück und verwahren die entsprechenden Fondsanteile in einem Sammeldepot. Diese Sammelverwahrung führt zu einer Mischung von Altbeständen mit steuerlichen „Rucksackpositionen“ und Neubeständen nach InvStRefG – ohne Bezug zu den versorgungsberechtigten Mitarbeitern. Werden nun Fondsanteile veräußert, etwa für Leistungsfälle oder Arbeitgeberwechsel, veräußern die depotführenden Banken die Anteile nach der FiFo-Methode („first in – first out“).

Probleme können sich ergeben, wenn dadurch Kapitalertragssteuer auf „Rucksackpositionen“ vom Veräußerungserlös einbehalten wird, beispielsweise auf kumulierte ausschüttungsgleiche Erträge (kaE) oder Zwischengewinne (ZwiG), wenngleich die betroffenen Mitarbeiter aufgrund ihrer Anspar- bzw. Zusagezeiträume nicht oder nur zum Teil davon betroffen sein sollten. Sieht die Versorgungsordnung nun keinen Steuerausgleich durch das Unternehmen vor, sondern die Weitergabe der KESt an den Arbeitnehmer, führt dies unweigerlich zu Ungleichbehandlungen. So waren viele Unternehmen gefordert, die Versorgungsordnungen zu prüfen und diese sowie ggf. bestehende Steuererstattungsprozesse anzupassen.

3. Herausforderung: Korrektur von Steuerdaten

Die depotführenden Banken werden regelmäßig von den Fondsgesellschaften mit Steuerdaten beliefert und erzeugen daraus die Jahressteuerbescheinigung (JSB). Die umfangreichen und komplizierten Änderungen durch das InvStRefG haben dazu geführt, dass es 2018 zu einer noch nie dagewesenen Menge nachträglich korrigierter Steuerdaten kam.

Für betriebliche Anleger führte dies zu Komplikationen. Wurden zum Beispiel 2018 Fondsanteile für Leistungsfälle veräußert und kam es im Nachgang zur Korrektur von Steuerdaten, bedeutete dies für die Unternehmen, die betroffenen Versorgungsberechtigten zu ermitteln, zu kontaktieren, im Ergebnis zu berichtigen, also Guthaben nachzuzahlen oder Belastungen zurückzufordern und Bescheinigungen neu zu erstellen. Hinzu kam, dass aufgrund der umfangreichen Änderungen auch die JSB später als andere Jahre erstellt worden ist – sehr zum Unmut von Finanzabteilungen und Steuerberatern bzw. Wirtschaftsprüfern.

Das InvStRefG gab somit sowohl Unternehmen wie auch depotführenden Banken einige Denkaufgaben auf und es galt Entscheidungen zu treffen. All jene Unternehmen, die im Jahr 2018 nicht zum Handeln gefordert waren, sollten sich schnellstmöglich mit den genannten Punkten beschäftigen, damit sie für die Vorabpauschale 2019 und die Abrechnung anstehender Leistungsempfänger entscheidungsfähig sind.

Bild oben: © Polarpx – stock.adobe.com

Diesen Artikel lesen Sie auch in der AssCompact Sonderedition „Betriebliche Versorgung“ auf Seite 14f. und in unserem ePaper.

Über Trends rund um bAV und bKV informiert das AssCompact Wissen Forum „betriebliche Versorgung“ am 24.09.2019 in Kassel. Alles Wissenswerte zur Veranstaltung finden Sie hier.
 
Ein Artikel von
Adelheid Lanz