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26. November 2020
Die Unfallversicherung: Flexibilität und Feintuning im Fokus

Die Unfallversicherung: Flexibilität und Feintuning im Fokus

Die Unfallversicherung wird oftmals als die unliebsame Stiefschwester der Berufsunfähigkeitsversicherung gehandelt. Ist das Schattendasein gerechtfertigt? Klares Nein, denn die Unfallversicherung bietet Vorteile, die eine BU nicht abdecken kann. Auch die Versicherer verfeinern immer wieder ihre Produkte und zeigen aktuelle Flexibilität in Krisenzeiten, stellt MORGEN & MORGEN fest.

Ein Beitrag von Jennifer Ebing, Abteilungsleiterin Marketing/PR bei der MORGEN & MORGEN GmbH

Jeder Vermittler wird während seiner Berufslaufbahn mit den Vorurteilen der Unfallversicherungen konfrontiert. Immer wieder liest man von selbst ernannten Spezialisten, dass eine Absicherung von Unfällen nicht nötig sei – schließlich sei es wahrscheinlicher, dass man krank werde. Tatsächlich stimmt das, aber warum sollte das eine das andere ausschließen und wer kann vorhersehen, ob er eher krank wird oder doch einen Unfall hat? Wirft man einen Blick in die Facebook-Vermittlergruppen, so findet man schnell konkrete Schicksale: Ein Familienvater springt vom Boot und reißt sich die Sehne in der Schulter. Der Arm ist danach nur noch zu 60% nutzbar. Eine junge Frau hat einen Verkehrsunfall und kämpft danach mit großen Einschränkungen. Sie hat dank ihrer Versicherung 130.000 Euro erhalten.

Klar ist: Eine Unfallversicherung kann eine Berufsunfähigkeitsversicherung nicht ersetzen, aber das muss sie auch gar nicht. Die Versicherungen ergänzen sich sinnvoll und haben beide ihre Daseinsberechtigung. Nach einem Unfall ist man nicht zwingend berufsunfähig, dennoch kann zum Beispiel der Umbau der Wohnung nötig sein. Diese Sonderausgaben werden mit der Unfallver­sicherung abgesichert und erleichtern in der sowieso schon schweren Situation zumindest die finanziellen Sorgen. Kleinkinder, Rentner und Hausfrauen müssen auf die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung weitestgehend verzichten. Daher ist der Abschluss einer privaten Unfallver­sicherung für sie zu empfehlen. Bei körperlichen Arbeiten oder aber Vorerkrankungen bekommen viele Verbraucher keinen adäquaten BU-Schutz. Hier kann unter anderem eine Unfallversicherung eine Ergänzung sein.

Trends in der Unfallversicherung

Die Analysten von MORGEN & MORGEN haben sich die Entwicklung der Unfallversicherung genauer angeschaut. Leistungserweiterungen und Deckungseinschlüsse entfalten weiterhin die größte Dynamik. Der eigentliche Unfallbegriff nach den allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen sowie klassische Leistungen im Invaliditäts- oder Todesfall werden immer häufiger ausgebaut. Das bedeutet, dass Produktgeber zum Beispiel bei Vergiftungen oder Verätzungen leisten, sie bezahlen ein Frakturen- bzw. Schmerzensgeld oder übernehmen die Kosten für einen Blindenhund. Weiter erfreuen sich Krebsklauseln immer größerer Beliebtheit. Versicherer gehen dazu über, Einmalzahlungen bei Brust-, Gebärmutterhals- und Eierstockkrebs zu leisten. Der Versicherungsnehmer hat gegebenenfalls Anspruch bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssumme bei einer­kosmetischen oder plastischen Brustoperation infolge von Brustkrebs.

Immer mehr Versicherer legen in den Bedingungen fest, dass Infektionen mit dauerhafter gesundheitlicher Beeinträchtigung, die durch Insektenstiche ausgelöst wurden, versichert sind. Die Bedingungen sind häufig in einer Infektionsklausel festgelegt. Ein Zeckenbiss kann dann unter Umständen als Unfall gelten.

Schnelle Reaktion in der Krise

Die Corona-Pandemie fordert jeden einzelnen von uns und wir alle müssen immer wieder in der Lage sein, spontan umzudenken. Gerade junge Familien stehen vor großen Herausforderungen, denn die Kinder können nicht zwingend wie gewohnt in den Kindergarten oder in die Schule gehen. Normalerweise sind Kinder in öffentlichen Einrichtungen gesetzlich unfallversichert. Während der immer wieder auftretenden Schließungen entfällt dieser Schutz.

Umso erfreulicher, dass sich die Versicherer flexibler denn je zeigen. Einige Produktgeber versichern die Kinder ihrer Kunden, deren Krippe, Kindertagesstätte, Kindergarten sowie Kinderhort oder jeweilige schulische Einrichtung aufgrund der aktuellen Situation durch Corona in Deutschland geschlossen hat.

Sicherheit wird großgeschrieben

Das Thema Sicherheit spielt in den Bedingungen der Tarife weiterhin eine große Rolle. Sogenannte Helm-Klauseln finden sich dort immer häufiger. Diese stellen in Aussicht, dass beim Tragen eines Helms eine höhere Leistung gezahlt wird. Bei sportlichen Aktivitäten wie Fahrradfahren, Skifahren, Inlinern oder Reiten wird bei unfallbedingten Kopfverletzungen beispielsweise eine um 10% höhere Invaliditätsleistung erbracht, wenn zum Unfallzeitpunkt nachweislich ein geeigneter Helm getragen wurde.

Ein anderer Versicherer wirbt damit, dass Versicherte, die bei einem Unfall mit schweren Kopfverletzungen einen Helm getragen haben, eine zusätzliche Leistung von bis zu 10.000 Euro erhalten. Hierunter fallen unter Umständen auch Sportarten wie Wakeboarden, Wind­surfen, Ski alpin oder Rodeln. Auch E-­Bike-Fahrer bekommen ihr Rad ersetzt, wenn sie mit Helm unterwegs waren.

Umgang mit Best Agern

Die Menschen leben länger. Das damit verbundene höhere Risiko muss entsprechend kalkuliert werden. Einige Versicherer gehen dazu über, ab einer gewissen Altersgruppe die Prämien sukzessive zu erhöhen. Leider sind die in den Bedingungen formulierten Klauseln weiter noch sehr unterschiedlich. Versicherer A hält fest, dass bis zum Ablauf des Ver­sicherungsjahres, in dem der Versicherte das 60. Lebensjahr vollendet, Versicherungsschutz zu den vereinbarten Versicherungssummen und Beiträgen besteht. Danach erhöhen sich die vereinbarten Beiträge jährlich um 3%. Versicherer B hingegen passt die Beiträge bereits ab einem Alter von 45 Jahren an.

Ein weiterer Versicherer bietet an, dass sich der Kunde anstelle einer Beitragserhöhung für eine Summenreduzierung entscheiden kann. Der Umgang mit Best Agern ist von Versicherer zu Versicherer nicht zu vergleichen. Ein Trend zu mehr Vergleichbarkeit wäre wünschenswert.

Feintuning in den Gefahrengruppen

Die Beitragshöhe einer privaten Unfallversicherung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Dazu gehören vor allem der Beruf und der gewünschte Leistungsumfang. Je nach Risiko und Grad der körperlichen Anstrengung bei der beruflichen Tätigkeit unterscheiden Versicherer in der Regel die Gefahrengruppen A und B. In den letzten Jahren sind dennoch weitere Unterscheidungen dazugekommen. Berechnet man zum Beispiel in der Vergleichssoftware M&M Office einen Maler und Lackierer, so erhält man je nach Versicherer sehr verschiedene Gefahrengruppen: von A und B über über 3 bis 06. Eine einheitliche Regelung sucht man hier leider vergeblich.

Fazit: Unfallversicherungen sind gekommen, um zu bleiben

Natürlich ist die Unfallversicherung nicht die relevanteste Ver­sicherung am Markt. Wenn das zur Verfügung stehende Budget nicht ausreicht, sollte man zunächst eine Berufsunfähigkeitsversicherung bevorzugen. Dennoch steht die Unfallversicherung zu Unrecht im Schatten der BU. Sie decken unterschiedliche Auslöser ab und können wunderbar parallel beraten werden.

Für den Versicherungsnehmer sind die oben genannten Zusatzleistungen natürlich attraktiv, doch der genaue Vergleich von Tarifen wird durch solche Extraleistungen zunehmend erschwert: Ein Tarif ohne Zusatzleistungen, dafür aber mit höheren allgemeinen Leistungen wie zum Beispiel Invaliditätsleistung oder Krankenhaustagegeld, ist qualitativ nicht schlechter einzusortieren. Bei der Auswahl des Produkts sollte unbedingt genau auf die wesentlichen Kernaufgaben der Unfallversicherung geachtet werden. Es wird aber auch immer wichtiger, die wesentlichen Bedürfnisse des individuellen Kunden gemeinsam zu erarbeiten und entsprechend zu berücksichtigen.

Das Augenmerk des Vermittlers sollte neben Preis und Absicherungshöhe insbesondere auf dem Zusammenspiel zwischen verbesserten Gliedertaxen und Progressionsverläufen liegen. Denn auch hier entscheidet sich, ob der Kunde im Versicherungsfall die optimale Leistung für sein Geld erhält.

Von Jennifer Ebing, Abteilungsleiterin Marketing/PR bei der MORGEN & MORGEN GmbH

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2020, Seite 38 f., und in unserem ePaper.

Bild: © thodonal – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Jennifer Ebing