AssCompact suche
Home
Vertrieb
4. September 2020
Die Vermittlerbetreuung von morgen

Die Vermittlerbetreuung von morgen

Veränderte Vermittleranforderungen erfordern eine Anpassung der Vermittlerbetreuung. Wo früher noch ein persönlicher Ansprechpartner vor Ort gewünscht war, steht heute bei Vermittlern schnelle Problemlösung durch Kontakt zu Entscheidern hoch im Kurs. Was das mit der Aufteilung in Hunting- und Farmingfunktionen zu tun hat, erklären die zeb-Strategen Mirko Theine und Kilian Gundlach.

Dem stationären Versicherungsvertrieb wurde schon oft sein Ende prophezeit. Das Gegenteil ist der Fall – das liegt auch an der Anpassungsfähigkeit der Vermittlerbetriebe. Weder veränderte gesetzliche Rahmenbedingungen noch hybride Kunden, digitale Medien oder Kontaktbeschränkungen durch Corona haben den stationären Vertrieb aus der Bahn geworfen. Die Corona-Pandemie hat sogar als Digitalisierungsbeschleuniger im Vertrieb gewirkt und die digitale Kommunikation mit dem Kunden etabliert. Der Vermittlervertrieb hat sich zügig weiterentwickelt.

Versicherer sehen sich mit veränderten Anforderungen von Versicherungsvermittlern konfrontiert, auf welche die derzeitige Vermittlerbetreuung nicht ausgelegt ist. Versicherer müssen reagieren und veränderte Anforderungen von Vermittlern ernst nehmen, digitale Instrumente entwickeln und konsequent einsetzen und die Vermittlerbetreuung funktional und effizient aufstellen.

Für Versicherer ergeben sich drei zentrale Aspekte bei der Ausgestaltung der Vermittlerbetreuung von morgen:

  • Es gilt, auf die veränderten Anforderungen von Vermittlern und Kunden zu reagieren und diese zielgerichtet zu bedienen – ein Aufbrechen von alten Strukturen und das Schaffen neuer Funktionen in der Vermittlerbetreuung ist erforderlich.
  • Digitale Medien und Lösungen eröffnen neue Spielräume – digitale Instrumente, die Vermittler in der Kundenberatung anwenden, erwarten sie auch seitens des Versicherers in der Vertriebsunterstützung.
  • Andauernder Niedrigzins und unklare Folgen im Zuge der Corona-Pandemie erfordern ein verschärftes Kostenbewusstsein – eine effiziente Aufstellung der Vermittlerbetreuung und ein Austarieren von Investitionen und Kosteneinsparungen ist gefragt.
Was Versicherungsvermittler wirklich wollen

Ein genauer Blick auf Vermittleranforderungen zeigt die deutlich veränderte Bedürfnisstruktur. Wo früher ein persönlicher Ansprechpartner vor Ort an erster Stelle stand, ist heute eine schnelle Problemlösung von Anliegen durch Kontakt zu Entscheidern hoch im Kurs. Regionale Nähe ist dabei nicht mehr die erste Priorität. Konnte früher durch leistungsstarke Produkte beim Vermittler gepunktet werden, sind es heute digitale End-to-End-Prozesse und vernetzte Systeme ohne Medienbruch. Idealerweise ergänzt durch Tools zur Videoberatung oder Zuschaltung von Expertinnen und Experten per Video im Verkaufsgespräch.

Die Realität in der Vermittlerbetreuung sieht vielerorts anders aus: Silo-Denken, starre Organisationsformen, Funktionsüberschneidungen, Aufgabendopplungen und Prozessabrisse prägen das Bild in der deutschen Versicherungslandschaft. Alte Muster müssen mutig aufgebrochen werden, um eine zeitgemäße Vermittlerbetreuung zu entwickeln.

Vermittler-Journey in den Blick nehmen

Aufschluss über die neuen Anforderungen gibt eine Vermittler-Journey. Sie stellt in Form einer Reise die Berührungspunkte des Vermittlers dar – vom erstmaligen Onboarding über eine Phase der Produktion bis hin zum Ende oder einer möglichen Reaktivierung der Geschäftsproduktion mit einem Versicherer. Aus dieser Reise lassen sich die spezifischen Anforderungen des Vermittlers in jeder Phase ableiten. In der Onboarding- und Reaktivierungsphase stehen akquisitorische Aktivitäten, individuelle Lösungen und Vermittlervertragsverhandlungen im Fokus. In der Produktionsphase sind insbesondere Maßnahmen zur Unterstützung des Vertriebs und der Kundenbetreuung gefragt. Sie umfassen unter anderem Verkaufs- und Vermarktungsaktionen, Angebotsanfragen, Unterstützung von Spezialisten, technischen Support, Training und Weiterbildung sowie die Klärung von Vertrags- und Provisionsanliegen.

Die Vermittlerbetreuung von morgen

Vermittlerbetreuung der Zukunft

Die Vermittlerbetreuung der Zukunft schafft eindeutige Funktionsschwerpunkte für die Phasen der Vermittler-Journey und verdichtet die vertrieblichen Funktionen auf ihre Kernkompetenzen. Eine überschneidungsfreie Orchestrierung der Aufgaben schafft klare und friktionsfreie Prozesse und erzeugt eine hohe Vermittlerzufriedenheit.

Im Wesentlichen werden zwei Funktionsgruppen gebildet, sogenannte Hunting- und Farming-Funktionen:

  • Hunting-Funktionen forcieren den Ausbau der Geschäftsbeziehung mit dem jeweiligen Vermittler.
  • Farming-Funktionen stellen Serviceleistungen und Lösungen für Vermittler und Hunter bereit.

Während heute Vertriebsführungskräfte und Maklerbetreuer meistens noch beide Funktionen erfüllen müssen, entsteht durch die Trennung der jeweiligen Aufgabenschwerpunkte eine klare Spezialisierung und erfordert weiterhin ein effizientes Zusammenspiel verschiedener Akteure.

Die Vermittlerbetreuung von morgen

Vorteile

Der neuartige Zuschnitt der Vermittlerbetreuung ermöglicht ein Höchstmaß an Serviceexzellenz in den Farming-Funktionen. Hohe Erreichbarkeit, schnelle Reaktionszeiten, pragmatische Problemlösungskompetenz und entsprechend ausgestaltete Entscheidungsspielräume sind Anforderungen der Vermittler, die erfüllt werden. Dabei ist der Standort der Leistungserbringung nebensächlich. Eine Zentralisierung von Farming-Funktionen ist von Vorteil. Die Steuerung wird erleichtert, und Effizienzpotenziale können realisiert werden. Eine Bündelung von gleichartigen Aufgaben in thematisch aufgestellten Serviceteams sichert hohe Servicequalität und schnelle Entscheidungen. Bereits Ende des vergangenen Jahres gaben erste Versicherer die Einführung standortloser Vertriebsorganisationen bekannt. Was damals noch wie Zukunftsmusik anmutete, ist heute in Pandemiezeiten gelebte Realität. Die Arbeit aus dem Home-Office mit virtuellen Meetings ist die neue Normalität geworden.

Die Vorteile der neuen Vermittlerbetreuung sind vielfältig:

  • Konsequente Ausrichtung an Bedarfen der Vermittler
  • Hohe Effizienz durch klare Funktionen und Rollen (Farming und Hunting)
  • Zentralisierung von Farming-Funktionen
  • Dezentrale Betreuung der Vermittler mit Hunting-Funktionen
Wie die Umsetzung gelingt

Jeder Vertrieb tickt anders und hat seine eigene Kultur. Die Basis jedweder Überlegung ist daher eine dezidierte Aufnahme der Vermittleranforderungen mithilfe der Vermittler-Journey. Hierauf aufsetzend gilt es, vertriebliche Zielprozesse zu erarbeiten, digitale Leistungsangebote prozessual zu verankern, neue Funktionsgruppen und Funktionsprofile zu definieren und die organisatorische Ausgestaltung abzuleiten. All dies fügt sich zusammen zu einem Zielbild der neu gestalteten Vermittlerbetreuung. Doch die Einführung bedarf nicht nur eines durchdachten Konzepts – auch die positive Begleitung der Veränderungen bei den Beteiligten ist ein zentraler Erfolgsfaktor. So ist die Transformation durch ein intensives Changemanagement zu begleiten, um die neuen Rollenbilder mit Leben zu füllen und zu verstetigen.

Der Aufwand zahlt sich aus. Neben einer hocheffizienten Vertriebsorganisation werden Vermittleranforderungen optimal bedient. Positive Implikationen auf die Vertriebsleistung und auf das Recruiting weiterer Vertriebspartner gehen mit der neuen Organisation einher. Zudem sind digitale Lösungen fester Bestandteil der neuen Vertriebswelt. Die modernisierte Vermittlerbetreuung bildet somit ein zentrales Element für eine vertrieblich erfolgreiche Zukunft.

Über die Autoren

Mirko Theine ist Senior Manager, und Kilian Gundlach, Senior Consultant der Strategie- und Managementberatung zeb. Das Unternehmen zählt zu den führenden Strategie- und Managementberatungen für die europäische Finanzdienstleistungsbranche und berät entlang der gesamten Wertschöpfungskette im Bereich Financial Services.

Bild: © putilov_denis – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Mirko Theine
Kilian Gundlach