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8. September 2020
Einbruchdiebstahl: Was muss der Versicherungsnehmer beweisen?

Einbruchdiebstahl: Was muss der Versicherungsnehmer beweisen?

Bei Diebstahlsdelikten unterliegt der Versicherungsnehmer lediglich einer erleichterten Beweispflicht. Es genügt, wenn er ein Mindestmaß an Tatsachen nachweist. Das ergibt sich aus einem Urteil des OLG Braunschweig. Ein Versicherer hatte seinem Kunden vorgeworfen, einen Diebstahl vorgetäuscht zu haben.

Wenn es um Diebstahl geht, denkt man zuerst an die Klassiker Taschendiebstahl und Diebstahl aus einem geparkten Auto. Diese Delikte fallen jedoch meist schnell auf. Dass die Brieftasche fehlt oder die Fenster des Wagens eingeschlagen sind, kann schwerlich lange übersehen werden. Aber manche Diebe sind da gerissener und unauffälliger. Manche schließen sogar hinter sich wieder die Tür, nachdem sie einen Lagerraum ausgeräumt haben. Da fällt es dann mitunter schwer zu beweisen, dass überhaupt eingebrochen wurde.

Über 93.000 Fälle von Diebstahl aus Gewerberäumen

Dabei kommen solche Fälle nicht selten vor. 2019 markierte zwar einen historischen Tiefstwert bei Diebstählen aus Büro- und Lagerräumen, aber es handelt sich dennoch um 93.000 Fälle. In einem solchen Fall musste nun das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig entscheiden, wie weit die Beweispflicht für Versicherungsnehmer bei Diebstahlsdelikten geht, nachdem ein Versicherer seinem Kunden Täuschung vorgeworfen hatte.

Kleine Lücke über verschlossenem Tor

Der Betroffene war ein Gartenbauunternehmer, der seine Fahrzeuge und Werkzeuge in einer Lagerhalle abgestellt hatte. Das Tor der Lagerhalle war verschlossen. Über dem Tor jedoch, befand sich auf einer Höhe von vier Metern eine Lücke. Die Lücke war aber nur 30 cm breit.

Diebstahl von 30.000 Euro Sachwerten

Eines Tages stellte der Unternehmer fest, dass ihm besagte Fahrzeuge und Werkzeuge fehlten – nicht alle, aber immerhin ein Sachwert von rund 30.000 Euro. Der Mann erstattete Anzeige wegen Diebstahls und meldete den Schaden bei seinem Versicherer. Der Versicherer hingegen verweigerte die Zahlung. Seiner Ansicht nach war der Diebstahl vom Unternehmer vorgetäuscht worden. Der Unternehmer wollte das nicht hinnehmen und klagte gegen den Versicherer.

Beweiserleichterung für Versicherungsnehmer

Das Landgericht Göttingen gab der Klage statt und verurteilte den Versicherer zur Zahlungsleistung. Der Versicherer legte zwar vor dem OLG Braunschweig Berufung ein, aber hatte auch vor dem Berufungsgericht keinen Erfolg. Das OLG verdeutlichte in seiner Urteilsbegründung, dass dem Versicherungsnehmer beim Nachweis des Diebstahls eine Beweiserleichterung zugute komme. Bei Diebstählen sei nur ein Mindestmaß an Tatsachen zu beweisen, die den Schluss auf die Entwendung zuließen. Die Beweiserleichterung sei nötig, da Diebe naturgemäß unbeobachtet bleiben wollten. Die Beweisführung für Versicherungsnehmer sei deshalb schon grundsätzlich erschwert.

Gutachten lässt Diebstahl plausibel erscheinen

Das notwendige Mindestmaß an Tatsachennachweis habe der Unternehmer jedoch erbracht, urteilte das Gericht. Ein Sachverständiger sei selbst im Rahmen seiner Begutachtung zu der Lücke in vier Metern Höhe hinaufgeklettert und habe nachgewiesen, dass die Diebe durch die Lücke einsteigen konnten. Sie hätten dann das Tor von innen aufgemacht und die Fahrzeuge sowie die Werkzeuge aus der Lagerhalle geschafft. Anschließend hätten sie das Tor wieder zugezogen, um ihre Tat so lange wie möglich zu verheimlichen.

Versicherer liefert keinen Gegenbeweis

Der Versicherer hingegen habe dem Gericht keine Nachweise liefern können, die darauf hindeuteten, dass der Diebstahl nur vorgetäuscht worden sei, befand das OLG. Auch könne sich der Versicherer nicht leistungsfrei stellen, weil der Versicherungsnehmer grob fahrlässig gehandelt habe. Die Lücke über dem Tor war zwar bekannt, aber auf einer Höhe von vier Metern und mit einer Breite von lediglich 30 cm handelte der Unternehmer nicht grob fahrlässig, als er nichts gegen die Lücke unternahm. Der Versicherer muss den Schaden begleichen. (tku)

OLG Braunschweig, Urteil vom 08.07.2020, Az.: 11 U 151/19

Bild: © alfa27 – stock.adobe.com

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