AssCompact suche
Home
Management & Wissen
8. Juli 2022
Elementar: Mehrheit der Haushalte befürwortet Pflicht

Elementar: Mehrheit der Haushalte befürwortet Pflicht

Die Versicherungsquote gegen Elementargefahren wächst kaum, obwohl witterungsbedingte Schäden an Haus und Heim angesichts des Klimawandels zunehmen werden. Die Rufe nach einer Versicherungspflicht werden lauter. Doch welche Meinung herrscht dazu in den Haushalten in Deutschland?

In diesen Tagen jährt sich die verheerende Hochwasserkatastrophe in Deutschland aus dem Juli 2021 mit 180 Todesopfern und Sachschäden in Milliardenhöhe zum ersten Mal. Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) hat eine vorläufige Zwischenbilanz dazu gezogen, wie AssCompact bereits berichtete. Die Erkenntnisse aus der Wissenschaft sind dabei eindeutig: Solche Ereignisse sind durch den Klimawandel wahrscheinlicher geworden. Und auch die Mehrheit der Menschen in Deutschland nimmt diese Veränderungen bereits wahr. In der Befragung zum Energiewendebarometer der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) 2022 gaben 68% der Haushalte an, dass die Folgen des Klimawandels sie bereits heute beeinträchtigen oder dies zukünftig tun werden.

Mehrheit befürwortet Versicherungspflicht

Eine Möglichkeit mit den Risiken aus Extremwetterereignissen umzugehen, ist der Abschluss einer Versicherung gegen Naturgefahren wie Hochwasser und Überschwemmungen. Aktuelle Daten des GDV zeigen allerdings, dass nur rund die Hälfte der Gebäude in Deutschland gegen diese Gefahren versichert sind. Angesichts dieser niedrigen Versicherungsquote einerseits und der hohen finanziellen Risiken für den einzelnen andererseits, wird immer wieder eine Pflichtversicherung ins Spiel gebracht, durch die sich alle Immobilienbesitzer gegen den Eintritt von Elementarschäden versichern müssten. Erst zuletzt hatten die Minister der Bundesländer den Weg für eine solche Versicherungspflicht frei gemacht (AssCompact berichtete). In der aktuellen repräsentativen Befragung zum KfW-Energiewendebarometer 2022 zeigt sich mit 63% der Haushalte nun auch eine deutliche Mehrheit aufgeschlossen für eine Pflichtversicherung. Eigentümer stimmen dabei deutlich häufiger zu als Mieter (69% vs. 59%).

Wer soll statt einer Versicherung für die Schäden aufkommen?

Diese robuste Mehrheit für eine Pflichtversicherung ist auch deshalb interessant, weil die Meinungen bei der Frage, wer statt einer Versicherung sonst im Schadensfall aufkommen soll, deutlich auseinander gehen. So wurden die Haushalte, die sich gegen eine Pflichtversicherung ausgesprochen haben, gefragt, wer stattdessen im Schadenfall zur Verantwortung gezogen werden solle. Mehr als die Hälfte dieser Haushalte (54%) spricht sich dafür aus, dass der Staat dann für entstehende Schäden aufkommen müsste. Doch auch die Ansicht, dass die Betroffenen selbst für entstandene Schäden aufkommen sollten, erhält breiten Zuspruch (46%). In den verschiedenen Bevölkerungsgruppen zeigen sich sogar wechselnde Mehrheiten: Während sich einkommensschwächere Haushalte deutlich für den Staat aussprechen (67%), sehen einkommensstärkere Haushalte mehrheitlich (57%) die Betroffenen selbst in der Verantwortung. Die Schlussfolgerung der Studie: Eine Pflichtversicherung würde dieses Spannungsfeld entschärfen.

Notwendigkeit tragfähiger Versicherungsprämien

Zwischen der wahrgenommenen Beeinträchtigung durch den Klimawandel und der Zustimmung zu einer Pflichtversicherung zeigt sich kein deutlicher Zusammenhang. In den beiden von der Hochwasserkatastrophe 2021 am stärksten betroffenen Ländern Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen liegt die Zustimmung zur Pflichtversicherung mit 64 % nur leicht oberhalb des Durchschnitts. Auch bei Haushalten, die unabhängig vom Bundesland eine aktuelle oder künftige persönliche Bedrohung durch den Klimawandel sehen, erreicht die Zustimmung zur Pflichtversicherung mit 67% nur einen leicht überdurchschnittlichen Anteil. „Eine breite Mehrheit der Haushalte in Deutschland steht einer Pflichtversicherung für Elementarschäden aufgeschlossen gegenüber. Politisch erscheint sie damit umsetzbar. Dazu stellt sie vor dem Hintergrund der Zunahme von extremen Wetterereignissen einen wichtigen Beitrag zur Absicherung des Vermögens von großen Bevölkerungsteilen dar. Die Bevölkerung bewertet Alternativen dazu – Kostenübernahmen durch den Staat oder durch die Betroffenen – deutlich kontroverser“, kommentiert Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW-Bankengruppe. Wichtig für die Akzeptanz einer Versicherungspflicht sei, so die KfW-Studie, dass die Versicherung die richtigen Anreize zur Risikovermeidung setze – und das bei gleichzeitig tragfähigen Versicherungsprämien. (as)

Bild: © ELUTAS – stock.adobe.com

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Jan Susai (577538) am 09. Juli 2022 - 08:02

Diese Studie ist interessant, die Ergebnisse zeigen jedoch auch dass die Debatte teilweise am Ziel oder auch am Kern vorbeigeht: 

1. Die Schäden treten so oder so ein unabhängig von einer Versicherungspflicht. 
2. Bei der Tragung durch den Staat sollten sich all jene die dies befürworten die Fragen stellen: 
2a) Wer ist der Staat eigentlich bzw. aus wem setzt er sich zusammen? Wir alle!
2b) Wie finanziert der Staat das eigentlich wenn er einspringt als Kollektiversatz für eine Versichertengemeinschaft? Über Kredite oder Steuern!
2c) Wer haftet für die Finanzierungen des Staates? Wir alle, weil wir sind die Staatsbürger und Bürgen als dafür mit unseren Steuern und Abgaben!
2d) Was wäre also die Konsequenz bei Abwicklung über den Staat? Naja das Geld muss wieder eingenommen werden um die Ausgaben auszugleichen bzw. einen Risikopuffer in Form eines Staatsfonds aufzubauen dafür - ergo höhere Steuern oder eine Elementar- bzw. Klimafolgeschadenabgabe für alle!

So oder so werden uns Klimaschadenereignisse in Zukunft mehr Geld kosten - das Leben ist eben nicht gratis. 

In anderen Ländern und Regionen dieser Erde wird das gar nicht diskutiert. Da ist die Versicherung bzw. sogar eine Pflichtversicherung längst vorhanden. 

Z. B. in den Vereinigten Staaten die Absicherung gegen Sturmschäden (Hurricans). Oder in der Schweiz gegen Lawinen. Die Rückversicherer haben überhaupt kein Problem damit diese Portfolios zu kalkulieren. Die einzige Folge ist, dass das Grundprämienniveau ein ganz anderes ist - eben deutlich höher und wesentlich näher an der durschnittlichen Schadenhöhe und dem Schadenerwartungswert kalkuliert. 

Wir müssen sowieso das viel zu niedrig bemessene Grundprämienniveau im Propertybereich und vor allem in der Gebäudeversicherung um mindestens 20-30 % anheben alleine schon um den Wegfall das Cashflowunderwritings und die Mehrkostensteigerungen beim Wiederaufbau durch die massiv zunehmenden, aber aus Klima- und Umweltgründen berechtigten Auflagen sowie auch durch die Digitalisierung massiv getriebene und gesteigerte Gebäudetechnik (allein was heute an Sensorik und Netzwerktechnik verbaut wird ist unglaublich - Stichwort woher kommen die ganzen Daten für IoT oder SmartHome) auszugleichen. Vom Frequenz- und Kostentreiber Nummer eins der Leitungswasserdeckung ganz zu schweigen. 

Insofern ist die Idee der Verbraucherverbände und des SvRv durchaus richtig eine grundlegende Immobilien-Allgefahren-Pflichtversicherung zu aus dem Gesamtansatz raus zu begrüßen. Denn dennoch zahlt dann jeder die Prämien anteilig der Größe bzw. des Wertes seines Gebäudes und damit sein individuellen wirtschaftlichten Tragfähigkeit. Das Cover an sich bildet jedoch ein sehr großes Kollektiv und der Risikostrukturausgleich finden in selbigen in der Zeit statt und erfüllt damit wieder den Versicherungsgedanken. 

Die Arguemente des GdV sind schwach von wegen Klagewelle, Sanktionierung etc. Wird das Gesetz richtig formuliert und die Vorlage der Versicherung z.B. ebenso im Kreditwesengesetz für die Kreditbewilligung oder die Aktzeptanz als Sicherheit mit verankert regelt sich der Rest von selbst. 

Die Versicherer sollten das endlich mal als Chance verstehen ihre katastrophale Datenlagen in Bezug auf Risikoinformationenen damit auf den aktuellen Stand zu bringen und die kompletten Bestände damit auf die neuesten Wordings updaten zu können ohne den Weg der Änderungskündigung, weil die Upgradeverpflichtung für jeden Vertrag besteht. Damit könnten Sie sich der ganzen alten Monopolverträge etc. in einem Zug entledigen und zu jedem Gebäude die Daten speichern. Tools dafür gibts genug und die Vermittler und vor allem Makler würden sicher gerne helfen. Am Ende bleiben wesentlich homogenere Kollektive und weniger Tarifwelten etc. was die Folgekosten massiv senkt und das Risikomanagement sehr erleichtert.

Auch im Erst- und Rückversicherungsmarkt ist die keine unbekannte mehr gerade von den großen Rückversicheren sehr gut handhabbar. Ebenso können diese die Refinanzierung und Bilanzentlastung durch einfache Nat-Kat-Bonds die sich gut tranchieren und in unterschiedliche Laufzeiten aufteilen lassen etc. wieder an die Kapitalmärkte auslagern. Für Anleger - vor allem Institutionelle - wiederrum bietet sich hier im Bereich der Highyieldbonds dann eine gute Gelegentheit attraktive und klare Triggerbonds von extrem potenten Emittenten die deutlich über Investmentgrade geratet sind als Portfoliobeimischung mit guten Zinssätzen über der 5-Prozentmarke nutzen zu können, ohne extrem hohe Risikokapitalunterlegungen vornehmen zu können. 

All diese lang bekannten und ausgereiften Mechanismen zur Aufteilung des Risiktransfers durch Streuung über die Marktmechanismen stehen bei einer Lösung über den Staat nicht so zur Verfügung. 

Deshalb ist die Versicherungspflicht die richtige Lösung und auch keine Unbekannte.