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11. Januar 2023
Es bleibt herausfordernd: In den Sparten, aber auch bei ESG

Es bleibt herausfordernd: In den Sparten, aber auch bei ESG

Gerne würde die Franke und Bornberg GmbH für 2023 optimistisch das Ende aller Krisen voraussagen. Ganz so einfach wird es aber dann doch nicht – jedenfalls nicht in allen Sparten, meint Michael Franke in seinem Ausblick für AssCompact. Und auch Nachhaltigkeit wird weiterhin eine Rolle spielen.

Ein Artikel von Michael Franke, Geschäftsführender Gesellschafter der Franke und Bornberg GmbH

Als Analysten schauen wir eher nüchtern und sachlich auf die Märkte – bildlich gesprochen stehen wir am Spielfeldrand und bewerten neutral. Und doch sind wir nah genug dran, um nachzuvollziehen, dass es die Versicherungsbranche in den letzten Jahren nicht einfach hatte. Finanzkrise, Zinstief, Regulierung, Pandemie – um nur einige Herausforderungen zu nennen. Gerne würden wir daher für 2023 optimistisch sein und das Ende aller Krisen voraussagen – Corona ist überstanden, die Zinsen steigen, es geht mit großen Schritten aufwärts. Es wird aber ganz so einfach dann doch nicht werden – jedenfalls nicht in allen Sparten.

Gemischte Gefühle

Wegen der hohen Inflation wird es in der Sach- und Kfz-Versicherung insbesondere darum gehen, die steigenden Schadenkosten zu managen. Die Material- und Baukosten sind hoch, Reparaturen und Ersatzteile kosten ebenfalls mehr. Auf der anderen Seite suchen die Menschen nach Einsparmöglichkeiten, und dafür bieten sich die Sachversicherungen eher an als langfristige Verträge aus der Lebensversicherung. Die Unternehmen müssen also schauen, wie sie trotz steigender Aufwände und Druck auf der Combined Ratio weiterhin attraktiv bleiben können. Das wird eine große Herausforderung.

Auch die Lebensversicherer sehen wir mit gemischten Gefühlen in das neue Jahr gehen. Endlich steigen die Zinsen wieder und sorgen für etwas Entspannung bei der Kapitalanlage, zumindest bei Neu- und Wiederanlagen. Zudem entscheiden sich immer mehr Kunden in der Altersvorsorge für reine Fondsprodukte, um der hohen Inflation mit steigenden Renditechancen zu begegnen. Für die Versicherer ist diese Entwicklung positiv, müssen sie doch weit weniger Risiken tragen als früher. Daher erwarten wir auch bei den Fondspolicen das größte Potenzial für Produktneuerungen und Innovationen – insbesondere in der Verrentungsphase ist hier noch Luft nach oben. Für eine Renaissance von klassischen Produkten halten wir es trotz der steigenden Zinskurve noch für viel zu früh.

Anpassung und Innovation

Im Bereich der Arbeitskraftabsicherung findet Innovation schon längst nicht mehr im Spitzensegment – der Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) – statt, sondern eher bei dem Newcomer Grundfähigkeitsversicherung. Allerdings sehen wir hier die Gefahr, dass sich die Produktentwickler in den Details verlieren. Immer neue Grundfähigkeitsdefinitionen sowie stark bausteinlastige Tarifwerke sorgen für eine unnötige Verkomplizierung des Produktes. Gefragt ist aber eher eine einfache und bezahlbare Alternative zur BU.

In der Krankenversicherung ruht die Hoffnung seit einigen Jahren auf dem betrieblichen Zweig der Produktwelt. Und in der Tat scheint sich die Mühe langsam auszuzahlen. Immer mehr Produkt­geber berichten von erfolgreichen Abschlüssen bei größeren Unternehmen. Das liegt nicht zuletzt an der Entwicklung von passenderen Tarifen. Mittlerweile prägen Budgettarife das Bild, die einfach verständlich sind, nicht mit vorhandenen Absicherungen kollidieren und flexibel an die Investitionsbereitschaft von Arbeitgebern und Arbeitnehmern anzupassen sind.

ESG im Fokus

Die wohl größte Herausforderung für die Branche steht am Schluss dieser Betrachtung: das Thema Nachhaltigkeit oder „ESG“. Mit ausufernder Regulierung kennen sich die Versicherer mittlerweile sehr gut aus. Bisher waren jedoch die zu befolgenden Regelungen meist vor Inkrafttreten bekannt – wenn auch mit oft kurzem Vorlauf. Bei ESG ist das anders. Zur Nachhaltigkeit muss schon beraten werden, ohne dass überhaupt feststeht, was damit genau gemeint ist. Erste Versicherer-Ratings geben Orientierung – darunter auch das ESG-­Rating von Franke und Bornberg. Die Datenlage ist aber längst nicht vollständig und Standards fehlen.

Und so verwundert es kaum, dass bisher offensichtlich nur ein Teil der Vermittlerschaft das Thema ESG bei seinen Kunden aktiv anspricht. Hier wird aktuell noch eine große gesellschaftliche Chance vertan. Das sollte sich möglichst schnell ändern.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 2023/01, S. 71, und in unserem ePaper.

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Bild: © Marc Theis, Hannover

 
Ein Artikel von
Michael Franke