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28. Februar 2023
ESG-Abfragepflicht: Folgen für Beraterhaftung und Schadenersatz

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ESG-Abfragepflicht: Folgen für Beraterhaftung und Schadenersatz

Risikominimierungsstrategien sind keine finale Lösung

Momentan herrscht daher für beide Seiten eine große Unsicherheit ob der Wahl der richtigen Optionen vor. Erhellende Rechtsprechung findet man dieser Tage dazu nicht. Nun könnte eine Risikominimierungsstrategie für den Beratungsalltag darin bestehen, den Umstand der fehlenden negativen Zielmarktdefinition im Kontext der Nachhaltigkeit zweckfremd auszulegen. Anders formuliert könnte der Kunde zu Negierung einer Nachhaltigkeitspräferenz verleitet werden. Erste Indikatoren einer solchen Vorgehensweise können beobachtet werden. Jedoch sei darauf hingewiesen, dass etwaige Praktiken im Laufe der Zeit Gegenstand aufsichtsrechtlicher Prüfungen werden könnten. Es ist von einer „Nachregulierung“ auszugehen, sofern eine solche Praxis flächendecken publik wird. Abseits dessen sollte die Gefahr des Reputationsverlustes nicht geringer bewertet werden als das Risiko der Beraterhaftung. Denn von etwaigem Fehlverhalten sind nicht nur die Verursacher, sondern ist die gesamte Branche betroffen. Insgesamt kann also nur von einer eingeschränkten und zeitlich befristeten Risikominimierung ausgegangen werden, die nicht „des Rätsels Lösung“ sein kann.

Neubewertung der eigenen Nachhaltigkeitsstrategie

Schließlich sind die seit Januar 2023 konkretisierten Offenlegungspflichten auf der Internetseite von Finanzberatern zu erwähnen, die mindestens reputationswirksam einzuordnen sind. Möglicherweise spielt ihre Umsetzung auch in etwaigen Streitfällen eine argumentative Rolle. Jedenfalls erscheint es geboten, ihnen bestmöglich zu entsprechen – und bei der Gelegenheit die eigene Nachhaltigkeitsstrategie (neu) zu bewerten.

Umfangreiche Sachkunde ist wichtiger Erfolgsfaktor

In Conclusio ist es für die Assekuranz empfehlenswert, die Standardisierung der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage sowie der Dokumentation der erweiterten Geeignetheitserklärung anzustreben. Daneben ist es elementar, die berufliche Qualifikation und Sachkunde im Themenfeld Nachhaltigkeit zu forcieren. In diesem Zusammenhang sollten das Curriculum von Aus- und Weiterbildungsangeboten sowie schließlich die Sachkundeprüfung angepasst werden. Weiterhin sollten Produkthersteller und Vertriebe gemeinsam an Informations- und Aufklärungsmaterial arbeiten, das intelligent in den Beratungsprozess eingebettet werden kann, auch um der Dokumentationspflicht möglichst effizient entsprechen zu können. Damit einher geht die gemeinsame Diskussion und Vorbereitung der offenzulegenden Informationen auf Internetseiten.

Aktive Beteiligung kann über Verbände und Initiativen erfolgen

Nicht zuletzt ist es für die Versicherer und Versicherungsvermittler überlebenswichtig, ihren Kenntnisstand über die europäischen Entwicklungen in der Frage der Nachhaltigkeit stets auf dem aktuellen Stand zu halten. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Umsetzung der an sie gestellten Anforderungen. Eine aktive Beteiligung im Themenfeld ist daher wünschenswert und kann über einschlägige Verbände, Brancheninitiativen oder Expertengremien erfolgen.

Bild: © Brian Jackson – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Timo Biskop
Dr. Ulrich Keunecke