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13. Januar 2023
EU-Provisionsverbot: Streit geht in neue Runde

EU-Provisionsverbot: Streit geht in neue Runde

Die EU-Finanzmarktkommissarin prüft ein EU-weit geltendes Provisionsverbot für Finanzberater. Das hat sie in einem Schreiben an einen Europaabgeordneten klar gestellt. Nun hat sich der Empfänger des Briefs mit Gegenargumenten zu Wort gemeldet.

In der Debatte um ein möglicherweise EU-weit geltendes EU-Provisionsverbot, das im Rahmen der EU-Kleinanlegerstrategie eingeführt werden könnte, ist weiter ordentlich Bewegung zwischen Befürwortern und Gegnern drin. Ausgangspunkt des Streites war ein Brief von EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness an den CSU-Europaabgeordneten und wirtschaftspolitischen Sprecher der EVP-Fraktion im Europäischen Parlament, Markus Ferber. In diesem Brief, der noch vor den Weihnachtsfeiertagen verschickt wurde, machte die EU-Kommissarin unmissverständlich klar, dass es trotz der Änderungen an der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie (MiFID II) keine wesentlichen Verbesserungen hin zu einer vermehrt unabhängigen Finanzberatung gebe. Nach wie vor, argumentierte McGuinness im Brief, würden im provisionsbasierten System Kleinanlegern Produkte verkauft werden, die teurer seien als kostengünstigere Alternativen, die ebenfalls auf dem Markt erhältlich sind. Daher befürworte sie die Einführung eines Provisionsverbotes (AssCompact berichtete).

Provisionsverbot schadet Kleinanlegern mehr als es nützt

Und nun hat sich der Empfänger des Briefes, Markus Ferber, in die Diskussion eingeschaltet und seine Bedenken an der Einführung eines EU-weit geltenden Provisionsverbots geäußert. Grundsätzlich machte er in seinem Antwortschreiben an McGuinness klar, dass ein Provisionsverbot Kleinanlegern mehr schaden als nutzen würde. „Denn damit würde der Zugang zu guter Anlageberatung auf einen Schlag sehr viel teurer und attraktiver“, schreibt darin der CSU-Europaabgeordnete. „Gerade wenn nur ein kleiner Betrag angelegt werden soll, bietet Provisionsberatung offenkundige Vorteile gegenüber der Honorarberatung. Die meisten Kleinanleger wollen für die Anlageberatung schlichtweg nicht erst einmal 100 Euro oder mehr auf den Tisch legen“, argumentiert Ferber weiter. Der CSU-Mann befürchtet außerdem, dass sich in der Folge viele Kleinanleger anderen Informationskanälen zuwenden könnten: „Wenn Anlageberatung nicht mehr zu erschwinglichen Konditionen zugänglich ist, werden sich Kunden entweder insgesamt von den Finanzmärkten abwenden oder ihre Informationen auf eigene Faust zusammensuchen. Das ist nicht im Sinne der Kapitalmarktunion“, entgegnete er in seiner Antwort an die EU-Finanzmarktkommissarin.

Statt Verbote sind niederschwellige Maßnahmen erforderlich

Ferber sieht darüber hinaus auch gar keinen Grund für ein Provisionsverbot. Denn seiner Meinung nach gebe es mit der Provisionsberatung auch kein strukturelles Problem über alle EU-Staaten hinweg. „Wenn die Kommission in einigen Mitgliedstaaten in Einzelfällen Probleme identifiziert hat, kann man auch mit niederschwelligeren Maßnahmen wie Transparenzvorschriften oder Preisobergrenzen arbeiten“, fordert er weiter.

Automatisierte Anlageberatung ist ebenfalls kein Ausweg

Noch weniger hält Ferber von der Idee, Anleger als Alternative zur Provisionsberatung künftig verstärkt hin zu kostengünstigen automatisierten Beratungsangeboten („Robo Advice“) zu lenken: „Die Europäische Kommission sollte Anleger mit ihren individuellen Zielen und Problemen nicht in Algorithmen treiben. Wenn der Kunde statt individueller Beratung ein undurchschaubares Computerprogramm bekommt, ist das kein Fortschritt. Standardisierter Robo Advice ist am Ende nicht mehr Verbraucherschutz, sondern weniger.“ (as)

Bild: © WoGi – stock.adobe.com