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11. Dezember 2019
Fallstricke in Courtagezusagen?

Fallstricke in Courtagezusagen?

Die Komplexität der im Rahmen von Courtagezusagen getroffenen Regelungen ist in jüngster Zeit infolge gesetzlicher Entwicklungen stetig angewachsen. Viele Makler nehmen die mit den Versicherern getroffenen Vereinbarungen unreflektiert in Kauf. Eine möglicherweise bedenkliche Entwicklung, sagt Hans-Ludger Sandkühler.

Die Zusammenarbeit zwischen Versicherungsmaklern und Versicherungsunternehmen wird in der Praxis regelmäßig in Courtagezusagen oder Courtagevereinbarungen geregelt. Die Komplexität der darin getroffenen Regelungen ist in den letzten Jahren infolge gesetzlicher Entwicklungen stetig gestiegen. Viele Makler konzentrieren sich auf ihr Geschäft und nehmen die mit den Versicherern getroffenen Vereinbarungen unreflektiert in Kauf. Eine möglicherweise bedenkliche Entwicklung.

Rechtsverhältnis zum Kunden

Der Versicherungsmakler wird vom Kunden durch einen Geschäftsbesorgungsvertrag damit beauftragt, für den Kunden einen passenden Versicherungsvertrag zu vermitteln, und wird als dessen treuhänderähnlicher Sachwalter angesehen. Daraus erwachsen dem Makler zahlreiche Pflichten gegenüber seinen Kunden.

Rechtsverhältnis zum Versicherungsunternehmen

Im Verhältnis zum Versicherungsunternehmen bestehen vertragsähnliche Beziehungen. Die Gesamtheit der Rechtsbeziehungen des Maklers zu Kunden und Versicherer wird auch als Doppelrechtsverhältnis bezeichnet. Aufgrund dessen bestehen auch gegenüber dem Versicherer schuldrechtliche Informations- und Interessenwahrnehmungspflichten. Der Versicherungsmakler muss dem Versicherer alle ihm bekannten und für die Risikobeurteilung notwendigen Fakten mitteilen. Eine einseitige Parteinahme für den Kunden ist daher ausgeschlossen. Im Falle einer Pflichtenkollision gehen allerdings aufgrund der Sachwalterstellung die Pflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer vor.

Vereinbarungen zwischen Maklern und Versicherern

Das zwischen dem Versicherungsmakler und dem Versicherungsunternehmen entstandene gesetzliche Schuldverhältnis wird in der Regel durch Vereinbarungen zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsmakler ergänzt. In diesen sogenannten Courtageabkommen, Courtagevereinbarungen oder Courtagezusagen werden – einseitig oder wechselseitig – Einzelheiten der Kooperation und Courtagezahlungen geregelt.

Courtagezusagen

In einer Courtagezusage erklärt einseitig der Versicherer dem Makler, unter welchen Voraussetzungen er bereit ist, dem Makler für einen vermittelten Versicherungsvertrag eine Courtage zu zahlen. Rechtspflichten des Maklers gegenüber dem Versicherer werden dadurch grundsätzlich nicht begründet. Dagegen verpflichtet sich der Versicherer, für die erfolgreiche Vermittlung von Versicherungsverträgen eine bestimmte Vergütung (Courtage) zu zahlen. Die Zusage regelt Voraussetzungen und Begrenzungen des Courtageanspruchs, beispielsweise reduzierte Courtagen bei bestimmten unerwünschten oder erhöhten Risiken, Maximierung der Lebensversicherungscourtage in Relation zum Erstjahresbeitrag und anderes.

Courtagevereinbarungen

Sofern für den Makler Rechtspflichten (z. B. Sicherheitsleistungen für Stornorisiken) im Verhältnis zum Versicherer begründet werden sollen, kann dies in einer gegenseitig verpflichtenden Courtagevereinbarung festgelegt werden. Dabei kommt es in der Praxis nicht selten vor, dass für den Makler in der Courtagevereinbarung besondere Rechtspflichten gegenüber dem Versicherer begründet werden, die mit den Pflichten des Maklers gegenüber dem Kunden kollidieren können. Deshalb legen viele Versicherungsmakler Wert auf eine einseitige, nur den Versicherer bindende Courtagezusage. Dahinter steht die Sorge, mit einer „vertraglichen Vereinbarung“ die für den Status des Versicherungsmaklers notwendige Unabhängigkeit verlieren zu können. Die Sorge ist aber unberechtigt, solange sich Versicherungsmakler in einer vertraglichen Abrede nicht zu Tätigkeiten „für den Versicherer“ verpflichten, die geeignet sind, die Unabhängigkeit des Maklers infrage zu stellen. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Versicherungsmakler bestimmte Funktionen des Versicherers wie Underwriting, Dokumentierung, Inkasso oder Schadenregulierung (Funktionsausgliederung) übernehmen, ohne sich in ihrer Unabhängigkeit eingeschränkt zu sehen. Ähnliches gilt auch für die Bevollmächtigung für die Entgegennahme von Anzeigen und Erklärungen des Versicherungsnehmers.

Es ist aber zu bedenken, dass hier im Hinblick auf die Sachwalterstellung des Versicherungsmaklers erhebliches Konfliktpotenzial liegt, sodass hier besondere Vorsicht geboten ist. Deshalb ist jeder Makler gut beraten, Pflichten gegenüber dem Versicherer in der Courtagevereinbarung – soweit möglich – zu vermeiden. Die BaFin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass insbesondere die Vorgaben des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) zu beachten seien, wenn der Versicherer den Makler als Dienstleister (Schadenbearbeitung) beauftragt.

Problematische Regelungen

Problematisch sind Regelungen in Courtagezusagen und Courtagevereinbarungen, die für den Fall der Beendigung der Zusammenarbeit den teilweisen oder völligen Wegfall der Courtage vorsehen. Manche Versicherer halten verschiedene Zusagemuster bereit. Makler müssen dann nur richtig nachfragen. Unglücklich sind auch sogenannte Respektierungsklauseln, mit denen Versicherer ihre Ausschließlichkeit schützen wollen. Das ist zwar verständlich, aber zu kurz gesprungen, weil die Klauseln gegen den erklärten Kundenwillen gerichtet sind. Keinesfalls zu akzeptieren sind Regelungen in Courtagevereinbarungen, mit denen gesetzlich bestehende Pflichten des Versicherungsmaklers zusätzlich zu Vertragspflichten gegenüber dem Versicherer erhoben werden.

Einfaches Beispiel: „Der Makler wird seine gesetzlichen Beratungs- und Dokumentationspflichten erfüllen“. Eine Pflichtverletzung durch den Makler löst dann nicht nur gesetzliche Rechtsfolgen aus, sondern indiziert zugleich – völlig unnötigerweise – auch die Verletzung vertraglicher Pflichten gegenüber dem Versicherer. Da im Zuge der Umsetzung der IDD zahlreiche neue Pflichten der Vermittler begründet worden sind, ist eine Tendenz zu beobachten, dass Versicherer – vorsorglich und um nicht eigene Pflichten zu verletzen – dazu neigen, unter Berufung auf Regulierungsvorschriften Courtagevereinbarungen mit derartigen Vermittlerpflichten zu überfrachten.

Anreize und Interessenkonflikte

Problematisch sind auch Vereinbarungen, nach denen Vergütungen gezahlt werden, die nicht nur eine Gegenleistung für die Vermittlungstätigkeit des Maklers bilden, sondern auch volumen- oder ertragsabhängige Komponenten enthalten. Gemäß § 48a VAG dürfen Versicherungsunternehmen keine Vorkehrungen durch die Vertriebsvergütung, Verkaufsziele oder in anderer Weise treffen, durch die Anreize für Versicherungsvermittler geschaffen werden könnten, einem Kunden ein bestimmtes Versicherungsprodukt zu empfehlen, obwohl sie ein anderes, den Bedürfnissen des Kunden besser entsprechendes Produkt anbieten könnten. Fehlanreize können sich allein aus der Höhe der Provision oder durch ihre Verknüpfung mit dem Erreichen von Absatzzielen ergeben. Für Versicherungsanlageprodukte gelten darüber hinaus noch verschärfte Regeln gemäß § 48a Abs. 2 bis 6 VAG. Soweit Courtagezusagen/Courtagevereinbarungen gegen diese Vorgaben verstoßen, sind sie möglicherweise gemäß § 134 BGB unwirksam. Versicherer trifft nach Ansicht der BaFin eine dauerhafte Hinwirkungspflicht zur Anpassung bestehender Courtageregelungen, insbesondere für neue Produkte.

Auftrag der Berufsverbände

Angesichts der Komplexität der inhaltlichen Gestaltung von Courtagezusagen und Courtagevereinbarungen ist es Aufgabe der Berufsverbände der Versicherungsmakler, die Makler im Hinblick auf deren Beurteilung zu unterstützen. Umgekehrt ist es Aufgabe der Makler, ihren Organisationsgrad in Verbänden deutlich zu erhöhen, um ihre Interessen nachhaltig zu vertreten.

Bild: © Elnur – stock.adobe.com

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 12/2019, Seite 116 f. und in unserem ePaper.