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5. März 2021
(Fast) alle Wege zum Kunden führen heute durchs Internet

(Fast) alle Wege zum Kunden führen heute durchs Internet

Kunden und Unternehmen sind zunehmend digital unterwegs. Wer den Schritt in die digitale Welt verpasst, verliert den Anschluss. Für Vermittler gibt es viele spannende Wege und Lösungen. Lars-Eric Nievelstein von NewFinance stellt ein paar besonders vielversprechende Pfade vor, mahnt aber auch zur Vorsicht.

Es ist kein Geheimnis mehr, dass die Digitalisierung in der Versicherungsbranche rapide voranschreitet. Dafür ist unter anderem die Coronavirus-Pandemie verantwortlich, die Unternehmen weltweit regelrecht dazu zwang, sich mit neuen digitalen Lösungen auseinanderzusetzen. Doch auch unabhängig von der Pandemie werden digitale Lösungen immer wichtiger. Die aktuelle ARD/ZDF-Onlinestudie 2020 zeigt, dass die Internetnutzung in Deutschland stetig steigt – aktuell liegt sie bei 204 Minuten täglich.

Demografischer Wandel

Ein weiterer Grund dafür ist der demografische Wandel. Die junge Kundengeneration, auch Generation Z genannt, ist vollständig „digital native“. Im Jahr 2025, so prognostiziert der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), sollen zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts von dieser Generation abhängen. Wer diese Zielgruppe als Kunden abholen will, muss sich dementsprechend in ihr „Jagdrevier“ begeben. Dafür stehen Vermittlern und Maklern viele verschiedene Wege zur Verfügung – die zwar nicht alle nach Rom führen, dafür aber ins Internet.

SEO: Mit dem digitalen Torwächter verhandeln

Einer der neuen Wege, die Vermittler gehen können, heißt SEO. Das Kürzel steht für den englischen Begriff „Search Engine Optimization“ und bedeutet Suchmaschinenoptimierung. Im Grunde handelt es sich dabei um die Antwort von Internetnutzern auf die fast schon monopolartige Wichtigkeit von Suchmaschinen – insbesondere einer. Suchmaschinen stellen für Inhalte im World Wide Web so etwas wie „Torwächter“, oder zu „neudeutsch“ Gatekeeper, dar.

Das ist ganz einfach erklärt: Wenn Kunden den Vermittler im Internet nicht finden, könnte er genauso gut nicht vorhanden sein. Die Optimierung der eigenen Website für Suchmaschinen ist da ein wichtiger erster Schritt. SEO-Maßnahmen machen es sich zunutze, dass die großen Suchmaschinen regelmäßig Crawler durch sämtliche Websites schicken und auf bestimmte Parameter absuchen. Sind diese Parameter erfüllt, hat die Website eine bessere Chance, weiter oben in den Suchergebnissen zu landen.

Michael Glorius, SEO-Experte von OMGLorius, sieht in dieser Methode große Vorteile. Zum Beispiel ist es leicht, durch SEO auch überregional mehr oder weniger kostenlos Kunden zu gewinnen. „Dazu ist der Kunde in der Regel besser vorinformiert und hat sich schon intensiv mit dem Angebot auseinandergesetzt, was zu höheren Abschlussquoten führt“, erklärt Glorius. Wie viel Zeit ein Vermittler hier benötigt, hänge von seinem Ziel ab. Geht es ihm nur darum, bei seinen Bestandskunden oder außerhalb der Großstadt sichtbarer zu wer­den, so reichen ein paar Stunden – sofern er die richtige Anleitung hat.

Bei überregionalen Projekten oder großen Seiten zur Neukundengewinnung wird es dementsprechend mehr. Damit nicht genug: „Dazu kommt die laufende Überwachung mit Tools wie Google Analytics, der Google Search Console und so weiter, die natürlich auch wieder Aufschluss zu themenbezogenen Folgebeiträgen geben.“

Audio: Trend mit Tiefgang

Was ins Ohr geht, geht nicht ins Auge. Das Stichwort hier lautet: Podcasts. Dabei handelt es sich um digitale Audio-Formate, die zumeist episodisch erscheinen. Hörer können sie in Podcast-Playern und entsprechenden Apps herunterladen, abonnieren oder live anhören. Zumeist beinhalten Podcasts ein informierendes Element (zum Beispiel Sport oder Lifestyle), können aber auch Politik und News zum Thema haben – diese Arten von Podcast sind mit am beliebtesten.

Nicht nur in Deutschland, sondern weltweit ist der Podcast-Konsum im Aufwärtstrend. Wie der Reuters Digital News Report berichtet, stieg die Podcast-Nutzung im vergangenen Jahr deutlich an. Interessant dabei: Während der Corona-Lockdowns kehrte sich dieser Trend kurzzeitig um. Die Studienautoren vermuten daher, dass Podcasts eine wichtige Rolle für Pendler und bei Aktivitäten außerhalb der eigenen vier Wände spielen. Für die Zuhörer liegen die Vorteile auf der Hand: 50% der während des Digital News Reports Befragten gaben an, dass Podcasts mehr Tiefe und Verständnis liefern können als andere Arten von Medien.

Patrick Hamacher, Versicherungsmakler bei „Was ist Versicherung“ und selbst begeisterter Podcast-Ersteller (Interview auf Seite 90), sieht einen weiteren Vorteil darin, dass der Podcast gerne etwas länger dauern kann. „Damit kann ich mehr Informationen vermitteln. Zwischen einem Social-Media-Post und dem Podcast liegen da Welten.“ Um einen Podcast zu erstellen, führt Hamacher weiter aus, sei kein teures Kamera- und Licht­equipment notwendig – ein Smartphone, eine ruhige Umgebung und eine Idee reichten schon aus.

Profi-Tipps für Podcaster

„Etwas professioneller ist natürlich die Aufnahme am PC oder Laptop mit einem externen Mikrofon.“ Software zum Aufzeichnen gibt es kostenlos, das Hosting der Aufnahme im Netz ist günstig bis kostenlos. Und auch im Kundenkontakt gibt es hier große Vorteile. Hamacher sagt dazu: „Jede Information, die ich online zur Verfügung stelle, ist unbegrenzt abruf- und teilbar. Wenn mich zum Beispiel ein Interessent kontaktiert und mir eine Frage stellt, kann ich ihn inzwischen fast immer auf eine entsprechende Episode des Versicherungsgeflüster-Podcasts verweisen.“ Ein weiterer Vorteil, so Hamacher, sei, dass er auf dieselben Fragen nicht immer dieselben Antworten liefern müsse.

E-Mail: Beliebt, bewährt, Belästigung

Die bewährten Methoden haben ebenfalls noch lange nicht ausgedient: Kunden lassen sich nach wie vor mittels E-Mail erreichen. Dem Global Mobile Consumer Survey von Deloitte zufolge steigt die Nutzung von WhatsApp und E-Mail stetig an – dagegen gebraucht nur noch ein Drittel der Nutzer (31%) sein Smartphone für Telefonate. Die Zahl der aktiven E-Mail-Nutzer soll außerdem bis 2023 mehr als 4,3 Milliarden Menschen betragen. Hier kommt E-Mail-Marketing ins Spiel. Es kann Kunden zum Beispiel über neue Produkte, Dienstleistungen oder Angebote informieren.

Stolperfallen beim Datenschutz

Allerdings ist diese Art der Kundenkommunikation rechtlich riskant, sofern keine explizite Einwilligung des Kunden zum Erhalt dieser digitalen Botschaften vorliegt. Dafür sorgen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sowie das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Es verbietet unzumutbare Belästigungen und definiert diese wie folgt: „Eine unzumutbare Belästigung ist stets anzunehmen bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt.“ – § 7 Abs. 2 Nr. 3 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Das geht beim Inhalt der eigentlichen Mail los und endet bei der Signatur. Daher ist es an der Stelle wichtig, sich genau darüber zu informieren, inwieweit der E-Mail-Verkehr mit Kunden rechtlich sicher ist.

Messenger: Alles andere als lange Leitung

Messenger-Marketing funktioniert ähnlich wie E-Mail-Marketing, nur eben nicht über Mails, sondern über spezielle Messenger-Programme, die heruntergeladen und installiert werden müs­sen. Beispiele dafür sind WhatsApp, Telegram, Signal und Threema. Vor allem WhatsApp genießt unter jungen Kunden einen besonderen Status. Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicher­heit im Internet können 61% aller 14–24-Jährigen von allen Social-Media-Apps am wenig­sten auf WhatsApp verzichten.

Ein klarer Vorteil von Messenger-Diensten ist der kurze Weg zwischen Absender und Empfänger, also auch zwischen Kunde und Vermittler. Dafür aber gilt es, auch auf die Art der App zu achten. Applikationen, die auf Servern außerhalb der EU gehostet werden, erfüllen nicht immer die hier gültigen Datenschutzstandards. Darum ist bei der Nutzung stets Vorsicht geboten. Bei Unsicherheit darüber, ob eine bestimmte App sicher ist, sollte zuvor ein Datenschutzexperte zurate gezogen werden.

Fazit

Wirksame Schritte hin zu mehr digitaler Sichtbarkeit beim Kunden sind schon mit wenig Zeitaufwand und für wenig Geld zu haben. Wer sich darin professionalisieren will, muss allerdings mehr von beidem für digitale Kommunikation einplanen.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 02/2021, Seite 86 f. und in unserem ePaper.

Bild: © alphaspirit – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Lars-Eric Nievelstein