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26. Januar 2023
Fokusgruppe „private Altersvorsorge“ nimmt Arbeit auf

Fokusgruppe „private Altersvorsorge“ nimmt Arbeit auf

Die private Altersvorsorge gilt als stark reformbedürftig. Ihre Prüfung hat die Ampelregierung daher im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Nun hat die eingesetzte Fokusgruppe „private Altersvorsorge“ die Arbeit aufgenommen. Der GDV bringt darin einen eigenen Reformvorschlag namens „Bürgerrente“ ins Spiel.

Eine private Altersvorsorge als Säule der Wohlstandssicherung im Ruhestand wird wichtiger. Denn angesichts des demografischen Wandels werden die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenkasse für viele Menschen hierzulande für den Erhalt des gewohnten Lebensstandards nicht ausreichen. Doch die private Altersvorsorge gilt als reformbedürftig. Sie gilt als vergleichsweise komplexes und bürokratisches Produkt. Zudem führen die 100%-Garantie in Kombination mit dem Höchstrechnungszins von 0,25% dazu, dass es am Markt kaum noch Angebote gibt. Einst eine recht beliebte Vorsorgelösung zeigen die jüngsten Zahlen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) ein Minus von fast 60% im Neugeschäft des Jahres 2022 im Vergleich zum Vorjahr, wie AssCompact berichtete.

Fokusgruppe hat die Arbeit aufgenommen

Und nach fast 20 Jahren Stillstand ohne Veränderungen am Riestersystem hat nun die Bundesregierung aus SPD, Bündnis 90/Grüne und FDP die Einsetzung einer Fokusgruppe „private Altersvorsorge“ beschlossen. Diese Arbeitsgruppe hat nun am 24.01.2023 die Arbeit aufgenommen. Darin sollen verschiedene Reformoptionen geprüft werden. Neben den Bundesministerien (Finanzen, Arbeit und Soziales und Wirtschaft) gehören der Fokusgruppe die Anbieterverbände (GDV und BVI Bundesverband Investment und Asset Management e. V.), Vertreter des Verbraucherschutzes (Stiftung Warentest und Verbraucherzentrale Bundesverband), der Sozialpartner (Bund Deutscher Arbeitgeber und Deutscher Gewerkschaftsbund), die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e. V. (aba) sowie die Wissenschaft an. Die Deutsche Bundesbank, die BaFin, die Deutsche Rentenversicherung Bund und das Bundeskanzleramts können als ständige Gäste teilnehmen. Den Vorsitz führt Dr. Florian Toncar, FDP, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen.

Private Vorsorgelösung vs. öffentlich verwalteter Fonds

Zunächst sollen laut Bundesfinanzministerium neben der Bestandsaufnahme des Status Quo der privaten Altersvorsorge auch Verbesserungen für bestehende Riester-Verträge diskutiert werden. Der GDV etwa nennt eine Vereinheitlichung des Kinderzuschlages oder eine Dynamisierung der Zuschläge. Anschließend sollen sowohl die Möglichkeit einer Förderung von privaten Produkten mit höheren Renditemöglichkeiten als bei derzeitigen Riester-Verträgen als auch ein öffentlich verantworteter Fonds geprüft werden. Eine Förderung soll zusätzliche Anreize für untere Einkommensgruppen bieten, in eine private Altersvorsorge zu investieren. In insgesamt fünf Sitzungen will die Fokusgruppe bis zum Sommer 2023 einen Abschlussbericht mit Prüfungsergebnissen vorlegen.

GDV legt eigenes Konzept zur privaten Vorsorge vor

Unterdessen hat der GDV im Rahmen seiner Jahresmedienkonferenz am 26.01.2023 den Vorschlag der deutschen Versicherungswirtschaft zur Reform der privaten Altersvorsorge namens Bürgerrente konkretisiert. Der GDV bezeichnete die Bürgerrente als standardisiertes Altersvorsorgeprodukt für breite Bevölkerungsgruppen (Selbstständige, Beamte und Arbeitslose) mit unbürokratischer Förderung und nachgelagerter Besteuerung angelegt. Kern des Produkts ist eine einfache staatliche Förderung. So solle laut GDV auf jeden in die Bürgerrente eingezahlten Euro zusätzlich eine Förderung von 50 Cent kommen. Die förderfähigen Beiträge seien auf 4% der Beitragsbemessungsgrenze (derzeit 292 Euro) der gesetzlichen Rentenversicherung begrenzt. Eine im Vergleich zu Riester höhere Rendite soll durch die Absenkung des Garantieniveaus auf 80% realisiert werden. „So könnten die Beiträge gewinnbringender am Kapitalmarkt angelegt werden, maßgeblich nach nachhaltigen Kriterien“, schreibt der GDV in einer Pressemitteilung.

GDV hat auch digitale Vertriebswege im Blick

Zugleich kündigte GDV-Präsident Dr. Norbert Rollinger an, dass die Bürgerrente mit deutlich geringerem Beratungsaufwand einhergehen soll. Dies solle durch ein hohes Maß an Standardisierung, aber auch durch digitale Vertriebswege – ergo ohne Beratung – erreicht werden. Dennoch stellte Rollinger während der GDV-Jahresmedienkonferenz klar: „In den Versicherungshäusern ist der Vertrieb über alle Vertriebswege verbreitet. Der überwiegende Teil der Versicherungen wird über Vermittler vertrieben, deshalb bleibt dieser Vertriebsweg nach wie vor wichtig.“ Rollinger betonte zudem, dass es dem GDV vor allem um eine Reform der privaten Altersvorsorge gehe. Neben dem Vorschlag einer Bürgerrente könnten sich die deutschen Versicherer auch eine Überarbeitung der Riester-Rente vorstellen. (as)

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