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4. August 2021
Gekommen, um zu bleiben: InsurTech-Markt reift weiter

Gekommen, um zu bleiben: InsurTech-Markt reift weiter

Die Pandemie hat den InsurTechs nicht geschadet, sondern wurde zum Treiber für digitale Geschäftsmodelle. Dies zeigt der InsurTech-Radar 2021. Technologieaffine Start-ups haben in der Assekuranz stark an Bedeutung gewonnen und sich erfolgreich auch in komplexen Geschäftsmodellen etabliert.

Erneut haben die internationale Strategieberatung Oliver Wyman und Policen Direkt im Rahmen des „InsurTech-Radars“ die Entwicklung der Start-ups beleuchtet. Neben dem deutschen Markt wurden erstmals auch InsurTechs in Österreich und der Schweiz in die Analyse einbezogen. In der DACH-Region habe sich eine lebhafte InsurTech-Szene entwickelt, so die Studienautoren. Die große Gründungswelle ist der Studie zufolge aber abgeflacht, auch wenn es nach wie vor vielversprechende Neugründungen gibt. Als Konsequenz liegt die Gesamtanzahl an InsurTechs aufgrund von Marktaustritten stabil bei 209. In Deutschland gibt es aktuell 149, in Österreich 16 und in der Schweiz 44 aktive Start-ups im Versicherungsbereich.

InsurTechs konnten Neugeschäft trotz Krise steigern

Doch wie sind die Start-ups bislang durch die Corona-Krise gekommen? Den Ergebnissen der Analyse zufolge hat die Pandemie den jungen Unternehmen nicht geschadet. So konnten 70% der auf Endkundenlösungen spezialisierten InsurTechs ihr Neugeschäft trotz Pandemie in den vergangenen 18 Monaten stark ausbauen. Bei Start-ups mit Fokus auf Geschäftskunden liefen die Geschäfte offenbar noch besser: Über 80% haben während der Pandemie ihren Stamm an Neukunden erweitert, mehr als ein Drittel von ihnen sogar um mehr als 50%.

Vor allem Start-ups im B2B2C-Bereich im Aufwind

Bei InsurTechs mit B2B2C-Modellen, deren Primärkunden die etablierten Gesellschaften der Assekuranz sind, fällt die Bilanz sogar noch positiver aus: Über 80% von ihnen haben mehr Vertragspartner gewonnen als vor der Pandemie, mehr als jedes dritte InsurTech verzeichnete sogar einen Zuwachs von ebenfalls über 50%.

„Dies ist eine deutliche Indikation, dass Versicherer eine erhöhte Nachfrage nach digitalen Lösungen verzeichnen und verstärkt Lösungsangebote von InsurTechs suchen und nutzen“, erklärt Dietmar Kottmann, Partner bei Oliver Wyman und Leiter für das Geschäft für Versicherungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Relevanz technologieaffiner Start-ups in der Assekuranz steigt

Stark zugelegt hat also die Bedeutung der technologieaffinen Start-ups im Versicherungsbereich. Zugleich hat sich der Reifeprozess des InsurTech-Marktes laut InsurTech-Radar fortgesetzt. So konnten sich InsurTechs auch in komplexeren Geschäftsmodellen in den Bereichen Angebot und Betrieb durchsetzen und Wachstumsthemen wie Embedded Insurance erfolgreich besetzen.

Bei der „Embedded Insurance“ werden Versicherungsleistungen in Angebote Dritter einbezogen. Hierbei kann es sich um ein Bündelangebot handeln, zum Beispiel einen Premium-Gebrauchtwagen, der dieselbe Garantie wie ein Neuwagen hat, was der Autohändler über eine Garantieverlängerungspolice abbildet, oder ein „Opt-in-Modell“, wenn man am Ende einer Reisebuchung einen Reiserücktrittsschutz abschließen kann.

Etablierte Versicherer liebäugeln zunehmend mit Neocarriern

Unverändert im Aufwind sind dem InsurTech-Radar zufolge insbesondere die Neocarrier, die klassische Versicherungsprodukte digital neu interpretieren. „Neocarrier sind das heimliche Spielfeld der Assekuranz geworden“, sagt Nikolai Dördrechter, InsurTech-Experte und Co-Autor des InsurTech-Radars. Bei mindestens 18 InsurTechs seien etablierte Versicherungsunternehmen stark engagiert, sei es durch Zukäufe oder über Tochterunternehmen. Auf der grünen Wiese werde so das Ideal des volldigitalen Geschäftsbetriebs Realität.

Gutes Finanzierungsklima

Zu Beginn der Pandemie war es ruhig auf dem Finanzierungsmarkt, doch statt eines befürchteten Massensterbens von InsurTechs folgte ein Allzeithoch im Funding-Umfeld. Weltweit flossen 2019 und 2020 jeweils über 7 Mrd. US-Dollar in die Erst- und Anschlussfinanzierungen von InsurTechs. „Entgegen ursprünglicher Befürchtungen gab es bei den InsurTechs in DACH keinen Covid-19-bedingten Strömungsabriss bei der Finanzierung. Nach einer kurzen Verschnaufpause Mitte 2020 sind die Investoren aktiver als zuvor“, konstatiert Dördrechter. Im laufenden Jahr sei mit einem weiteren signifikanten globalen Funding-Anstieg zu rechnen.

InsurTechs als Treiber auf dem Weg zur Tech-Surance

Die Digitalisierung des Versicherungsbetriebs steht nach wie vor weit oben auf der Agenda der Branche. Hier punkten InsurTechs mit zukunftsweisenden Lösungen, beispielsweise um Versicherungsrisiken besser zu erkennen, Schadenprozesse zu unterstützen und Vertrieben digitale Lösungen zur Kundeninteraktion zu liefern. Die Studienautoren sehen im Angebot der InsurTechs in Deutschland, Österreich und der Schweiz aber noch Lücken, die zunehmend internationale Start-ups füllen. Hier müsse die Szene in der DACH-Region noch aufholen. „Versicherung wird zunehmend zur Tech-Surance mit InsurTechs als Katalysator und treibende Kraft der digitalen Transformation“, so Dietmar Kottmann. (tk)

Weitere Informationen zum InsurTech-Radar finden sich hier.

Bild: © Alexander Limbach – stock.adobe.com