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4. Mai 2023
Gesundheitsimmobilien als widerstandsfähige Asset-Klasse

Gesundheitsimmobilien als widerstandsfähige Asset-Klasse

Experten von Real Blue KVG, MEDZENTRUM und IMMOTISS haben den Markt für Gesundheits- und Pflegeimmobilien beleuchtet. Demnach erweisen sich die Renditen als stabil und es ergeben sich Chancen durch den nachhaltig gesicherten Bedarf aufgrund der demografischen Entwicklung.

Experten der Real Blue KVG, der MEDZENTRUM Netzwerk GmbH sowie von IMMOTISS haben sich mit der Frage befasst, wie sich der Markt für Pflege- und Gesundheitsimmobilien entwickelt. Sie weisen zunächst auf die Notwendigkeit von hohen Investitionen hin, die der hohe Bedarf im Bereich der Seniorenimmobilien sowie die drohende medizinische Unterversorgung offenbare. Kooperative und ambulante Einrichtungen wie Gesundheitszentren, Ärztehäuser und medizinische Versorgungszentren (MVZ) würden deutschlandweit dringend benötigt. Vor allem in ländlichen Gegenden Raum tun sich durch die zurückgehende stationäre Versorgung Lücke auf.

„Der Versorgungsengpass wird sich weiter verschärfen, denn der demografische Wandel trifft auf ein stagnierendes Angebot an Seniorenimmobilien und eine veränderte Pflegesituation. Häufig ist die eigene Wohnung im Alter nicht ausreichend barrierefrei, die Familie kann bei der Pflege nicht unterstützen oder ambulante Pflegeangebote sind regional nicht vorhanden“, sagt Jochen Zeeh, Geschäftsführer der IMMOTISS zu den Treibern.

Nachfrage nach Ärztehäusern und MVZ steigt

Infolge der Gesundheitsreform und dem Trend zu ambulanter vor stationärer Versorgung kommt Gesundheitszentren, Ärztehäusern und Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) eine zentrale Rolle zu. Entsprechend boomen Gesundheitszentren, MVZ und Ärztehäuser. Laut IMMOTISS gab es 2004 erst zehn Medizinische Versorgungszentren, inzwischen sind es bereits 4.179. Die Zahl der Ärztehäuser liegt bei 10.500.

Ein MVZ hat eine Anzahl von mindestens zwei angestellten Ärzten und medizinischem Personal und agiert als eigenständiges Unternehmen mit einem breiten medizinischen Leistungsspektrum. Ärztehäuser dagegen werden meist von Projektentwicklern und Kommunen initiiert. Die dort ansässigen Ärzte sind einzeln oder im Rahmen von Gemeinschaftspraxen Mieter.

Stabile Entwicklung der Renditen

Vor dem Hintergrund eines begrenzten Angebots, langfristiger Mietvertragsstrukturen und einer hohen Nachfrage betrugen die Spitzenrenditen im ersten Quartal 2023 für Pflegeheime 4,5%, im Segment Betreutes Wohnen für Senioren 3,8% bis 4% und für Ärztehäuser und MVZ 4,25% bis 4,75%. Generell seien die Transaktionsvolumina den Experten zufolge aufgrund des veränderten Finanzierungsumfelds, des mangelnden Angebots und der deutlich verringerten Anzahl an Neuentwicklungen rückläufig.

Demografisch bedingter Bedarf eröffnet Chancen

„Einige Investoren haben aufgrund der temporären Entwicklungen und Herausforderungen für Pflegeunternehmen Vorbehalte gegenüber Betreiberimmobilien, wobei den Risiken – trotz der aktuellen Insolvenzen – erhebliche Chancen durch den nachhaltig gesicherten Bedarf aufgrund der demografischen Entwicklung sowie der bestehenden signifikanten Unterversorgung gegenüberstehen“, unterstreicht Zeeh. Organisch wachsende Betreiber von Pflegeimmobilien mit einem stimmigen konzeptionellen Mix würden langfristig von diesem Wachstumsmarkt profitieren.

Neben der strategischen und konzeptionellen Ausrichtung kommt es auf die Bonität des Betreibers an sowie auf die Wettbewerbsfähigkeit und die nachhaltige Ausrichtung der Immobilie. Als weitere erfolgskritische Faktoren für Investoren nennen die Experten zudem die Drittverwendungsfähigkeit sowie geeignete Instrumente im Rahmen des Risikomanagements.

„Für den Fall des Ausfalls eines Betreibers sollten immer Alternativen zur Verfügung stehen. Dies kann nur gewährleistet werden, wenn man eng mit dem Markt vernetzt ist und die Entwicklungen kennt – und so werden etwaige wirtschaftliche Risiken oder Ausfälle für Immobilieninvestoren minimiert“, sagt Zeeh.

Krisenresistent und systemrelevant

Als Nutzungsarten würden Pflegeimmobilien, Ärztehäuser und Gesundheitszentren überzeugen, denn sie seien nicht substituierbar, systemrelevant und in hohem Maße krisenresistent.

„Wir müssen dringend noch mehr in die Sicherung unserer Pflege- und Gesundheitsversorgung investieren. Hier sehe ich nicht nur private und institutionelle Investoren in der Pflicht, sondern auch die Politik, die mit Förderprogrammen gezielt Weichen stellen kann“, so Zeeh weiter.

Ärztehäuser und Gesundheitszentren als Mittel gegen Unterversorgung

Vielerorts nimmt die Sorge zu, dass die ambulante medizinische Versorgung nicht mehr gewährleistet ist. Kommunen stehen vor immensen Herausforderungen. Die IWG-Gruppe aus Gießen entwickelt, realisiert und verwaltet Ärzte- und Gesundheitszentren der Marke MEDZENTRUM. Sie setzt dabei auf die Verbindung ambulanter Versorgungskonzepte mit Ärztehäusern, medizinischen Versorgungszentren oder Gesundheitszentren. Begünstigt würden diese laut IWG durch die liberalisierte Gesetzgebung für die ambulante Gesundheitsversorgung. Diese solle auch dem strukturell bedingten Rückgang niedergelassener Ärzte entgegenwirken.

„Der Trend zu Kooperationen und Spezialisierung beim medizinischen und therapeutischen Angebot bietet viele Vorteile. So können Kosten für die technische Ausstattung besser aufgeteilt und auch die Anforderungen von Medizinern im Hinblick auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance und weniger Risikobereitschaft durch das Führen einer eigenen Praxis begegnet werden“, erklärt Sawas Koutsidis, Geschäftsführer der zur IWG-Gruppe gehörenden MEDZENTRUM Netzwerk GmbH. „Wir analysieren die Standorte sehr genau und prüfen, welche medizinische Versorgung und Objektgröße notwendig ist. Das kann dann entweder ein Ärztehaus, ein medizinisches Zentrum oder auch die Anbindung an ein Krankenhaus sein, wenn lediglich die ambulante Versorgung verbessert werden muss“, so Koutsidis weiter.

Investitions- und Modernisierungsbedarf

„Der künftige Bedarf an Unterbringungsformen im Alter, aber auch Betreuungs- und Pflegeangeboten übersteigt das Angebot um ein Vielfaches. So wird es in 95% der deutschen Kommunen zu einer Unterversorgung kommen. Der Gesetzgeber fokussiert daher zunehmend auf ambulante und innovative Unterbringungs-, Betreuungs- und Pflegeformen, da die flächendeckende Versorgung allein mit stationären Einrichtungen nicht mehr leistbar ist“, führt Michael Eisenmann aus, Geschäftsführer von Real Blue. Aus diesem Grund gebe es im Bereich der Gesundheits- und Pflegeimmobilien einen erheblichen Investitions- und Modernisierungsbedarf. Dem Experten zufolge beträgt der Investitionsbedarf bei Pflegeheimen bis zum Jahr 2040 rund 109 Mrd. Euro, im Bereich des Betreuten Wohnens 154 Mrd. Euro. (tk)

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