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Sachwerte
24. September 2021
Gold präsentiert sich vernachlässigt
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Gold präsentiert sich vernachlässigt

Gold gilt als Kriseninvestment. Dabei haben langfristig andere Faktoren mehr Einfluss auf den Goldpreis als Krisen. Gerade im aktuellen Gesamtbild überforderter Regierungen und verzweifelter Aktionen der Zentralbanken sind Edelmetalle unverzichtbarer Baustein zum Erhalt der Kaufkraft des Vermögens.

Ein Beitrag von Martin Siegel, Edelmetallexperte und Geschäftsführer der Stabilitas GmbH

Im Schatten der Corona-Krise haben die Zentralbanken die Geldhähne voll aufgedreht und die Kapitalmärkte zu niedrigsten Zinsen mit Geld geflutet. In der Folge ziehen die Inflationsraten sprunghaft an. Im Juni verzeichneten die Verbraucherpreise in den USA einen Anstieg von 5,4% und ließen die Kaufkraft der Sparer wegschmelzen. In Europa ziehen die Preise für Häuser, Wohnungen, Mieten und Energie wieder steil an und machen den Verfall der Währungen spürbar. Auch an den Kapitalmärkten macht sich die Geldschwemme bemerkbar und sorgt weltweit für immer neue Höchststände an den Aktienmärkten. Der Goldpreis sollte von dieser Entwicklung eigentlich profitieren, bleibt aber derzeit hinter den Höchstständen des Vorjahres zurück.

Gold ist kein Krisenmetall

Gold wird häufig als Krisenmetall bezeichnet. Bei näherer Betrachtung erfüllt Gold diese Funktion jedoch nicht und kann bei akuten Krisen allenfalls kurz zulegen. Eine langfristige Auswertung belegt, dass sich geopolitisch relevante Kriege gleichmäßig auf Jahrzehnte sowohl mit steigenden als auch mit fallenden Goldpreisen verteilen. So fielen in den Zeitraum von 1980 bis 2000, in dem der Goldpreis von 850 bis 250 Dollar pro Feinunze fiel, der erste Golfkrieg, der Bürgerkrieg in Afghanistan, der zweite Golfkrieg, der Kroatienkrieg und der Krieg im Kosovo. Die Zeit zwischen 2000 und 2020, als Gold von 250 auf 1.500 Dollar zulegte, war vom Afghanistankrieg, dem Irakkrieg, dem Krieg in der Ukraine und den Bürgerkriegen in Libyen und Syrien geprägt.

Krisen langfristig unbedeutend

Interessanterweise haben auch Banken- und Finanzkrisen längerfristig keinen wesentlichen Einfluss auf den Goldpreis. So wurden im Zeitraum zwischen 1980 und 2000 mit der US-Sparkassenkrise, der nordischen Bankenkrise, der japanischen Bankenkrise, der EWS-Krise sowie der Krisen in Mexiko, Asien, Russland sowie Brasilien und bei einem insgesamt fallenden Goldpreis eher mehr Krisen verzeichnet als im Zeitraum zwischen 2000 und 2020 mit der Dotcom-, Finanz- und Griechenlandkrise bei einem steigenden Goldpreis.

Verkäufe der Zentralbanken

Einen wesentlichen Einfluss auf die Goldpreisentwicklung haben jedoch die Zentralbanken. Vor allem Verkäufe in den 1990er-Jahren drückten den Goldpreis. Allein im Jahr 1992 kündigten mit Belgien, Kanada und den Niederlanden drei Zentralbanken Goldverkäufe an, die 1993 fortgesetzt wurden. Am Ende dieser Periode standen die massiven Goldverkäufe der Bank of England.

Negative Berichterstattung

Begleitet wurden die Goldverkäufe von einer negativen Bericht­erstattung. So drängte der damalige US-Vizepräsident Al Gore auf Goldverkäufe, um den Schutz der tropischen Wälder zu finanzieren. Vom Davoser Weltwirtschaftsforum wurde verkündet, dass Gold künftig noch an Bedeutung verlieren wird. Die Bildzeitung berichtete, dass der Goldpreis in der beginnenden deflationären Depression über kurz oder lang abstürzen wird und der Fed-Chef Alan Greenspan verkündete, dass die Zentralbanken bereitstehen, weiteres Gold bei einem besorgniserregenden Preisanstieg zu verleihen. In der Welt am Sonntag war zu lesen: Finger weg beim Gold. In der Neuen Zürcher Zeitung stand: Unproduktives Gold schafft keinen Mehrwert und generiert keinen Ertrag.

Diese Prognosen wurden beim Goldpreisanstieg ab der Jahrtausendwende Stück für Stück kassiert. Mitte 2011 wurden dann bei einem Goldpreis von etwa 1.600 Dollar pro Feinunze Prognosen der großen Banken veröffentlicht, die einen Goldpreisanstieg auf bis zu 2.900 Dollar pro Feinunze in Aussicht stellten. Bis Ende 2015 folgte eine Abwärtskorrektur des Goldpreises auf unter 1.100 Dollar pro Feinunze.

Marode Finanzmärkte

Viele Anleger gehen davon aus, dass die Finanzkrise aus dem Jahr 2008 durch geeignete Maßnahmen der Politiker und der Verantwortlichen bei den Zentralbanken überwunden wurde. Bei näherer Betrachtung wird jedoch schnell klar, dass dies ein Trugschluss ist. Die weltweite Verschuldung der Haushalte nimmt ungebremst zu. Sie hat mittlerweile ein Niveau erreicht, das nicht mehr durch Steuer­erhöhungen finanzierbar ist. Die Zentralbanken sind deshalb dazu übergegangen, Gelder für die Ausgabenprogramme der Regierungen neu zu drucken. Die Bilanzsummen der Zentralbanken haben sich dadurch seit 2008 vervielfacht und gleichzeitig die Bilanzsummen der Geschäftsbanken aufgebläht.

Mittlerweile fließt das neu gedruckte Geld nicht mehr nur in Investitionsprogramme, sondern finanziert auch Ausgaben für Rentner, das Gesundheitswesen oder subventioniert den Strompreis im Rahmen von Klimaprogrammen. Insgesamt ergibt sich ein Bild überforderter Regierungen und verzweifelter Aktionen der Zentralbanken, die nicht nach­haltig aufgelöst werden können. Edelmetalle sind in einem solchen sich zuspitzenden Szenario ein unverzichtbarer Baustein, um die Kaufkraft des Vermögens erhalten zu können.

Gefahren für Goldanleger

Die größte Gefahr für Gold­anleger sind die Regierungen. Vor allem in sozialistischen und totalitären Systemen wurde der Goldbesitz privater Anleger immer wieder stark reglementiert oder sogar ganz verboten. Da Gold Freiheit und Unabhängigkeit bedeutet, wird es von Regimen, die die Freiheit bekämpfen, logischerweise attackiert. Vorboten einer solchen Entwicklung sind Reglementierungen wie zum Beispiel Limits für Goldkäufe gegen Bargeld oder Goldverkäufe nur bei einer bestehenden Bankverbindung. Diese Reglementierungen dienen vor allem dazu, den Gold­besitz der Anleger lokalisieren und lückenlos überwachen zu können. Weitere Schritte wären Limitierungen beim Grenzübertritt, Goldhandelsverbote und Goldbesitzverbote.

Goldpreisziel

Seit der Lösung vom Gold-­Devisenstandard des Bretton-Woods-Systems im März 1968 sind die wichtigsten Währungen der Welt ohne Deckung und verfallen parallel zur Geldschöpfung im Wert. Im Gegenzug steigt der Goldpreis seit der Lösung vom Dollar von 35 auf über 2.000 Dollar pro Feinunze an und hat sich somit im Wert mehr als verfünfzigfacht. Gold kann damit den Kaufkraftverlust der Währungen langfristig ausgleichen, wobei immer wieder Phasen der Unterbewertung oder der Überbewertung zu beobachten sind. Auf dem Kursniveau von 1.800 Dollar pro Feinunze ist der Goldpreis im langfristigen Vergleich fair bewertet. Mit der aktuell extrem expansiven Geldpolitik der Zentralbanken und der Finanzierung der Haushalte durch die Zentralbanken erscheint mittlerweile allerdings ein Preisniveau von 2.300 bis 2.500 Dollar pro Feinunze gerechtfertigt zu sein.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 09/2021 und in unserem ePaper.

Bild: © fotobieshutterb – stock.adobe.com; Porträtfoto: Stabilitas

 
Ein Artikel von
Martin Siegel