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8. August 2025
Haupthahn nicht zugedreht: Versicherung muss nicht voll leisten
Haupthahn nicht zugedreht: Versicherung muss nicht voll leisten

Haupthahn nicht zugedreht: Versicherung muss nicht voll leisten

Ein Wasserschaden in einem ungenutzten Wohnhaus führte zum Streit mit dem Versicherer. Dieser kürzte die Leistung um 80%. Das OLG Celle erkannte zwar grobe Fahrlässigkeit, hielt die Kürzung aber für überzogen. Der Versicherer muss für zwei Drittel des Schadens aufkommen.

Ein Versicherer hatte eine Leistung aus einer Wohngebäudeversicherung um 80% gekürzt. Es ging um einen Wasserschaden in einem unbewohnten Haus, der durch den Bruch einer Badmischbatterie entstanden ist und weil der Haupthahn nicht zugedreht war. Die Versicherungsnehmerin bzw. deren Betreuer wollte dies so nicht hinnehmen und klagte. Gerichte hatten nun darüber zu entscheiden, inwiefern das Haus tatsächlich als unbewohnt bzw. ungenutzt einzustufen ist und welche Obliegenheiten aufseiten der Versicherten bestanden.

Das OLG Celle stellte in seinem Urteil vom 10.07.2025 grobe Fahrlässigkeit aufseiten des Betreuers fest, die hohe Kürzung des Versicherers war ihm dann aber doch zu hoch. Laut Urteil muss der Versicherer nun für zwei Drittel des Schadens aufkommen.

Versäumnis des Betreuers führt zu Wasserschaden

Nachdem die Hauseigentümerin in ein Pflegeheim gezogen war, stand ihr Haus leer. Ein Großteil der Möbel verblieb im Gebäude. Im Mai 2023 entdeckte ihre Familie einen erheblichen Wasserschaden. Der rechtliche Betreuer der Frau hatte das Haus kurz vor seinem Urlaub betreten, vergaß jedoch offenbar in Eile beim Verlassen die Wasserversorgung über den Haupthahn abzusperren und die wasserführenden Anlagen zu entleeren. Diese Maßnahmen hätten im Rahmen seiner Obliegenheiten erfolgen müssen, insbesondere nachdem der Auszug der Eigentümerin dem Versicherer gemeldet und der Versicherungsvertrag fortgeführt worden war.

Laut OLG: Es handelt sich um ein ungenutztes Haus

Die Versicherungsnehmerin bzw. ihr Betreuer argumentierte allerdings vor Gericht, dass zum Zeitpunkt des Wasserschadens keine entsprechende Sorgfaltspflicht bestanden habe. Eine solche Pflicht setze voraus, dass das Haus damals als „ungenutzt“ galt. Allein die Lagerung von Gegenständen mit zumindest geringem Wert stelle jedoch bereits eine Nutzung dar. Da die Klägerin nach ihrem Umzug ins Pflegeheim den Großteil der Einrichtung im Wohnhaus zurückgelassen habe, habe sie das Gebäude weiterhin genutzt.

Der Versicherer hingegen hielt an seiner Rechtsauffassung fest: Nach den maßgeblichen Versicherungsbedingungen sei das Gebäude als ungenutzt anzusehen gewesen. Daher habe für die Klägerin die Obliegenheit bestanden, die Wasserversorgung abzustellen und die Leitungen zu entleeren. Diese Pflicht habe der Betreuer verletzt.

Dem folgte das Gericht: „Ein Wohngebäude, in dem seit mehr als einem Jahr niemand mehr wohnt und der letzte Bewohner nach seinem – absehbar endgültigen – Umzug in ein Altenpflegeheim lediglich noch die Möbel nebst sonstigem Inventar zurückgelassen hat, die in dem Heim keinen Platz fanden, ist im Sinne der Gebäudeversicherungsbedingungen ungenutzt. Es besteht dann die Obliegenheit, die Wasserversorgung abzusperren.“

Das Landgericht Hannover hatte dies zuvor anders gesehen. Der Versicherer hatte deshalb Berufung beim OLG Celle eingelegt und, wie beschrieben, teilweise Erfolg.

Grobe Fahrlässigkeit genügt nicht für nahezu vollständige Kürzung

Denn dem Betreuer wurde nach Auffassung des Gerichts zwar grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen, dennoch sah es die Richterentscheidung als unverhältnismäßig an, die Versicherungsleistung in dem vom Versicherer vorgenommenen Umfang zu kürzen. Eine derart weitgehende Kürzung komme einer vollständigen Leistungsfreiheit gleich, die sonst nur bei vorsätzlichem Handeln gerechtfertigt sei. Das Gericht hielt letztlich eine Kürzung der Versicherungsleistung um ein Drittel für angemessen.

OLG Celle, Urteil vom 10.07.2025 – Az.: 11 U 179/24, Revision teilweise zugelassen