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Steuern & Recht
7. Februar 2023
Hier lauern Haftungsgefahren im Vermittlungsgeschäft

Hier lauern Haftungsgefahren im Vermittlungsgeschäft

Auf dem Vermittler-Kongress 2023 der Kanzlei Jöhnke & Reichow haben Vermittler Einblicke in aktuelle Urteile und rechtliche Herausforderungen im Vermittlungsgeschäft bekommen. Alljährlich stehen auch aktuelle Haftungsgefahren im Fokus. Sollten Vermittler aus Haftungsgründen zum Beispiel auch eine erfolglose Beratung dokumentieren?

Alljährlich gibt die auf Versicherungsrecht spezialisierte Kanzlei Jöhnke & Reichow auf ihrem Vermittler-Kongress Einblicke in gegenwärtige Haftungsgefahren, entsprechende Urteile und andere Handlungsfelder im Vermittlerrecht. Und auch 2023 sind die Vermittlerinnen und Vermittler wieder in den Genuss von Informationen über aktuelle rechtliche Geschehnisse gekommen.

Risikoausschluss Hobby

Eine erste Haftungsgefahr, die auf dem Vermittler-Kongresses der Kanzlei Jöhnke und Reichow geschildert wurde, ist die Falschberatung. Im vorliegenden Sachverhalt hatte ein hobbymäßiger Rennfahrer über einen Versicherungsvermittler eine Bündelversicherung aus Privathaftpflicht-, Hausratversicherung sowie einer Unfallpolice abgeschlossen. Die bestehende Unfallversicherung schloss jedoch Leistungen nach Unfällen aus, die Folge von Rennsportveranstaltungen waren. Entsprechend hätte der Schutz auch angepasst werden müssen, was der Vermittler trotz seiner Kenntnis von der Rennsportleidenschaft des Versicherten nicht bemerkt hatte. Kurze Zeit nach dem Beratungsgespräch verunglückte der Mann bei einem Rennen schwer und trug bleibende Schäden davon. Mit Verweis auf die entsprechenden Risikoausschlüsse verweigerte der Unfallversicherer die Leistung.

Daraufhin verklagte der verunfallte Mann den Versicherungsvermittler. Und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) gab in seinem Urteil vom 13.05.2022 (Az. 7 U 168/16) dem Kläger Recht. Das Gericht hob zwar hervor, dass für Versicherungsvermittler keine allgemeine Pflicht bestehe, den Versicherungsnehmer jederzeit zu belehren. Allerdings müssen Versicherungsvermittler bei Abschluss einer Unfallversicherung auch riskante Hobbys ihres Versicherungsnehmers in den Blick nehmen. Und diese Pflicht gelte gerade auch dann, wenn bei der Unfallversicherung ein Risikoausschluss greife, der das Hobby des Mannes betreffe. Zudem war dem Vermittler dieser Sachverhalt bereits vor Vertragsschluss bekannt.

Fehlende Beratungsdokumentation

Im Nachweis entsprechender Dokumentationspflichten über das Beratungsgespräch lauert eine weitere häufige Haftungsfalle für Versicherungsvermittler. Im vorliegenden Sachverhalt hat sich ein Versicherungsmakler mit einem Marketingschreiben an seinen Kundenbestand gewandt, in dem er Beratungsleistungen in verschiedenen Versicherungsbereichen angeboten hatte. Ein Ärzteehepaar ging daraufhin auf den Makler zu, mit dem Wunsch einer Beratung über eine Todesfallleistung. Kurz darauf kam ein Beratungstermin zustande. Der Mann war zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs Alleinverdiener. Das Ehepaar hatte zwei kleine Kinder und wohnte in einer Mietwohnung. Lediglich für das eigene Auto lief ein Kredit. Ergebnis des Beratungsgesprächs war, dass der Mann keine Risikolebensversicherung abschloss. Allerdings hatte der Makler dieses Gespräch nicht dokumentiert.

Als der Mann kurz darauf verstarb, verlangte die Ehefrau Schadenersatz vom Makler. Der Grund: Falschberatung. Denn nach dem Tod ihres Mannes erhalte sie nun keine Todesfallleistung, obwohl in der Beratung darüber gesprochen wurde. Die Ehepartnerin argumentierte, dass der Makler den Abschluss einer Todesfallpolice als nicht nötig erachtete. Diese würde vor allem bei größeren Kreditfinanzierungen, zum Beispiel bei einer Immobilie, abgeschlossen. Der Makler hingegen behauptete, dass er auch über dieses Risiko beraten habe.

Vor Gericht also stand nun Aussage gegen Aussage. Doch wie hat das Landgericht Dresden (LG) nun entschieden? In seinem Urteil vom 21.12.2022 (Az. 8 O 1530/21 LG) stellten die Richter klar, dass aufgrund der fehlenden Beratungsdokumentation das Prinzip der Beweislastumkehr zum Tragen komme. Der Makler habe also zu beweisen, worüber der Kunde im Beratungsgespräch informiert wurde. Da dies im vorliegenden Sachverhalt nicht der Fall sei, hat das LG den Versicherungsmakler zu Schadenersatz über die letzten fünf Monatsgehälter des verstorbenen Mannes verurteilt. Das Urteil sei allerdings noch nicht rechtskräftig. Versicherungsmakler, so die Schlussfolgerung dieses Haftungsfalls, sollten also gerade auch dann die Beratung dokumentieren, wenn der Versicherungsvertrag nicht abgeschlossen wurde.

Versicherte Leistung entspricht nicht mehr den Lebensumständen

In einem weiteren Fall war die Rechtsfrage strittig, ob ein Makler auch dann für Schadenersatz belangt werden könnte, wenn aufgrund einer Veränderung der Lebensumstände bei Versicherten die versicherte Leistung nicht mehr angemessen erscheint. Im vorliegenden Fall schloss eine Auszubildende eine Berufsunfähigkeitsversicherung bei einem Makler ab. Einige Jahre später kam die BU-Versicherte wegen eines Immobiliendarlehens auf den Vermittler zu. Dabei schloss die Frau nun auch eine Wohngebäudeversicherung ab, da sie mittlerweile geheiratet hat und ein Einfamilienhaus bewohnte. Hatte die Versicherte ihre BU noch als Auszubildende abgeschlossen, haben sich seitdem ihre Lebensumstände deutlich verändert. Allerdings wurde daran die Versicherungssumme der BU nicht angepasst. Als dann bei der Versicherten der Fall einer Berufsunfähigkeit eintrat, erhielt sie von ihrem Versicherer lediglich eine BU-Leistung in Höhe von rund 750 Euro. Daher klagte sie gegen den Vermittler und nahm ihn wegen eines Beratungsfehlers in Haftung. Das zuständige Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) allerdings gab in seinem Urteil von 11.01.2023 (Az. 11 U 34/22) dem Makler Recht. Die Richter argumentierten in ihrem Urteil, dass der Vermittler gegenüber der Versicherungsnehmerin keinen Informationsvorsprung hatte und die Versicherungsnehmerin die Höhe ihrer BU-Rente hätte selbst wissen können. (as)

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