AssCompact suche
Home
Management & Wissen
23. September 2020
Home sweet Home-Office in der Assekuranz?

Home sweet Home-Office in der Assekuranz?

War das coronabedingte Großexperiment Home-Office in der Versicherungsbranche ein Erfolg? Und welche Erfahrungen haben die Beschäftigten gemacht? Eine Studie der FH Dortmund unter Leitung von Prof. Dr. Matthias Beenken im Auftrag der Neue Assekuranz Gewerkschaft (NAG) ist diesen Fragen nachgegangen.

Aufgrund der Corona-Pandemie haben ganze Belegschaften von Unternehmen im Home Office gearbeitet, so auch in der Versicherungsbranche. Doch wie waren die ersten Erfahrungen des großflächigen, durch die Pandemie erzwungenen Wechsels ins heimische Büro? Hat sich Home-Office grundsätzlich bewährt und inwieweit haben sich die Einstellungen der Mitarbeiter und der Führungskräfte verändert? Diese Fragen haben Professor Dr. Matthias Beenken, Jessica Michalczyk und Professor Dr. Michael Radtke von der Fachhochschule im Rahmen einer Studie beleuchtet. Die Analyse basiert auf einer Online-Befragung von Beschäftigten der Versicherungsbranche (vorwiegend Versicherungsunternehmen), die von der NAG im Zeitraum Mitte Mai bis Mitte Juni 2020 durchgeführt wurde.

Erfahrungen außerordentlich positiv

Wie die Ergebnisse zeigen, war das Experiment Home-Office in der Versicherungswirtschaft ein Erfolg. Laut Umfrage haben die Beschäftigten das Arbeiten von zu Hause aus überwiegend als positiv erlebt. Die häuslichen Arbeitsbedingungen bewerteten die Umfrageteilnehmer als erträglich, die Unterstützung von Partner und Familie war vorhanden. „Insgesamt sind die Erfahrungen mit der Verlagerung von Arbeit nach Hause außerordentlich positiv. Maßgeblich dafür sind die persönliche Produktivität, der problemlose Kontakt zu Kunden, Vertriebspartnern und Kollegen/-innen, eine ungestörte Arbeitsumgebung oder der Wegfall teils ganz erheblicher Fahrzeiten zum Arbeitsplatz,“ so das Fazit von Studienleiter Beenken.

Home-Office als freiwillige Alternative

Daher sei es gut zu verstehen, dass die Beschäftigten sich keine hundertprozentige Rückkehr zu den Arbeitsbedingungen vor Corona wünschen. Laut Studie können sich 88% der Befragten auch künftig vorstellen, im Home-Office zu arbeiten, aber nicht als Zwang, sondern als freiwillige Alternative zum Büroarbeitsplatz. Die Beschäftigten setzen auf die Möglichkeit, flexibel je nach beruflichen wie privaten Belangen und eigenverantwortlich den Arbeitsort wählen zu können. Bevorzugt wird offenbar überwiegend ein Wechsel zwischen Büro- und Heimarbeit und keine vollständige Verlagerung der Tätigkeit ins Home-Office.

Produktivität gestiegen

Dabei gab es rund um das Thema Home-Office im Vorfeld ganz unterschiedliche Befürchtungen. Im heimischen Büro würden sich Arbeitnehmer auf Kosten der Firma einen faulen Lenz machen, in sozialer Isolation einer Depression verfallen. Führungskräfte würden die Kontrolle verlieren und dann überflüssig werden. In der Konsequenz würde das Geschäft einbrechen. Doch wie auch die Studie zeigt, ist nichts davon eingetreten, die Produktivität hat sogar zugenommen, wie auch Arbeitgeber überrascht feststellten. Und in der Kommunikation wurden neue Pfade beschritten – Videokonferenz statt Flurfunk.

Home-Office nicht für jeden eitel Sonnenschein

Doch für manche hat das Home-Office auch Schattenseiten. So want Professor Beenken auch, „verletzliche“ Beschäftigtengruppen nicht außer Acht zu lassen. Dazu zählen etwa Auszubildende, deren Ausbildung unter der Distanzsituation leidet, Beschäftigte mit Vorerkrankungen oder mit pflegebedürftigen Angehörigen.

NAG sieht an einigen Stellen Klärungsbedarf

Doch aus Sicht der Gewerkschaft sind einige Punkte rund ums Home-Office noch klärungsbedürftig, etwa was Arbeits- und Gesundheitsschutz betrifft. So sollten Regelungen für eine angemessene Ausstattung mit arbeits- und gesundheitsschutzgerechten Möbeln und IT-Endgeräten sowie über Kostenbeteiligungen für die Nutzung privater Ressourcen für Arbeitszwecke getroffen werden. Entsprechende Eckpunkte solcher Regelungen würde die Gewerkschaft Betriebsräten der Branche im Rahmen ihrer unterstützenden Tätigkeit zur Verfügung stellen. (tk)

Die Studie gibt es unter www.fh-dortmund.de zum Downlad.

Bild: © bbg Betriebsberatungs GmbH