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6. Dezember 2021
Immobilienbranche wegen EU-Taxonomie verunsichert

Immobilienbranche wegen EU-Taxonomie verunsichert

Die EU-Taxonomie führt in der Immobilienwirtschaft zu großer Unsicherheit. Laut einer Umfrage ist den meisten Immobilienunternehmen unklar, welche Kriterien eine Immobilie erfüllen muss, um als taxonomiekonform zu gelten. Einigkeit herrscht darüber, dass der Markt künftig von Nachhaltigkeit dominiert sein wird.

Die ab 2022 in Kraft tretende EU-Taxonomie wirft in der Immobilienbranche noch viele Fragen auf. Wie aus dem zweiten „ESG-Snapshot“ von EY Real Estate hervorgeht, besteht bei mehr als 90% der befragten Immobilienunternehmen keine Klarheit darüber, welche Kriterien eine Immobilie erfüllen muss, um als taxonomiekonform zu gelten. So stellt sich beispielsweise die Frage, wann eine Immobilie nach der neuen Regulatorik zu den „oberen 15% des nationalen oder regionalen Gebäudebestands“ zählt.

Nachhaltigkeit prägt künftig den Markt

Einig zeigen sich die Befragten dahingehend, dass der Markt künftig sowohl angebots-, wie auch nachfrage- als auch finanzierungsseitig auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sein wird. Die Immobilienunternehmen sind außerdem der Ansicht, dass neben dem Klimaschutz in Zukunft auch soziale Kriterien an Bedeutung zunehmen.

Unklarheit in Bezug auf konkrete Umsetzung

„Wir erleben eine paradoxe Situation: Die mit der EU-Taxonomie beabsichtigte Lenkung der Kapitalallokation hin zu nachhaltigen Investitionsgütern wird am Immobilienmarkt nicht nur antizipiert, sondern überwiegend auch befürwortet. Nun aber tritt die neue Regulatorik in Kraft und es besteht erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der Umsetzung“, sagt Florian Schwalm, Partner bei EY Real Estate und Autor des Snapshots. „Für das Anliegen einer nachhaltigeren Immobilienwirtschaft ist die Unklarheit bei der konkreten Anwendung ein Bärendienst und insbesondere im Hinblick etwa auf vorvertragliche Informationen und Jahresberichte sogar bereits kurzfristig ausgesprochen problematisch.“

Immobilienunternehmen noch nicht vorbereitet

Bereits ab Jahresbeginn 2022 sind erste Anforderungen der Offenlegungsverordnung und der EU-Taxonomie für das Berichtswesen zu berücksichtigten. Laut Umfrage befinden sich schon 55% der Unternehmen in der Umsetzung, knapp 40% gaben jedoch an, dass es dafür an klaren Vorgaben mangele.

EU-Taxonomie zeigt bereits Wirkung im Immobilienmarkt

Was die Einflüsse der EU-Taxonomie angeht, erklärte die Hälfte der Umfrageteilnehmer, für ihre Fonds gemäß Artikel 8 und 9 der Offenlegungsverordnung nur noch Objekte zu kaufen, die bei einer ESG-Due-Diligence Taxonomiekonformität aufweisen. Ebenfalls knapp die Hälfte betrachtet die Deal-Pipeline davon bereits negativ beeinflusst. Fast jeder dritte Befragte nimmt Portfoliobereinigungen vor, verkauft also potenzielle Stranded Assets ab. Die EU-Taxonomie wirkt sich somit schon bei 85% spürbar auf Transaktionsentscheidungen aus. „Hier wird es sich zeitnah zeigen, wie das Angebot auf dem Transaktionsmarkt und die erhebliche Nachfrage zueinanderfinden“, sagt Dirk Rathlev, Co-Autor des Snapshots.

Verschiebung der Kapitalallokation hin zu nachhaltigen Assets

Laut „ESG-Snapshot“ ist die grüne Kapitalallokation bereits in vollem Gange. So flossen bereits bei fast jedem fünften der befragten Unternehmen schon im laufenden Jahr mehr als die Hälfte der Investitionen in nachhaltige Produkte. Bei 73% der Unternehmen war dieser Anteil noch nicht so hoch, die Investmentstrategien wolle man ab 2022 aber dahingehend anpassen. „Die Verschiebung der Kapitalallokation am Immobilienmarkt hin zu nachhaltigen Assets hat bereits eingesetzt. Ab 2022 wird sie voll durchschlagen“, erklärt Rathlev. Mit zunehmender Transaktionstätigkeit werde sich auch der Einfluss auf die Verkehrswerte besser messen lassen, was derzeit oft noch eher subjektiv erfolge, so Rathlev weiter. „Diese Herausforderung muss die Branche rasch annehmen, um den positiven Trend zu untermauern.“

Positive Effekte auf Verkehrswerte der Immobilien spürbar

Für fast drei Viertel der Befragten (73%) ergeben sich bereits positive Effekte auf die Verkehrswerte der Immobilien, wenn sie nachhaltige Kriterien erfüllen. Allerdings gaben auch alle Befragten an, es mangele an vergleichbaren Kriterien für nachhaltige Merkmale, um diese subjektive Beobachtung objektiv zu untermauern.

Weitere Infos zur Studie „EY Real Estate – ESG-Snapshot II“ finden sich hier. (tk)

Bild: © guy – stock.adobe.com