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15. Dezember 2021
Immobilieninvestmentmarkt auf Rekordkurs
Front view of loading docks. Warehouse Logistic Center

Immobilieninvestmentmarkt auf Rekordkurs

Laut einer Einschätzung von JLL dürfte das Transaktionsvolumen auf dem Immobilienmarkt 2021 die Marke von 110 Mrd. Euro knacken. Neben Wohnimmobilien zählten Logistikimmobilien zu den Gewinnern des Jahres. Die Aussichten für den deutschen Immobilienmarkt bleiben positiv.

Im Jahr 2021 wird das Transaktionsvolumen auf dem deutschen Immobilienmarkt einschließlich Living für 2021 voraussichtlich insgesamt bis zu 110 Mrd. Euro betragen. Das würde einem Plus rund 30% gegenüber dem Vorjahr entsprechen und den Wert von 91,8 Mrd. Euro im Jahr 2019 übersteigen, wie aus einer Analyse von JLL hervorgeht. Das Dienstleistungs- und Beratungsunternehmen merkt jedoch auch an, dass das Volumen und die Dynamik, die sich insbesondere im zweiten Halbjahr gezeigt habe, differenziert zu betrachten seien: Allein auf Unternehmensübernahmen werden in diesem Jahr über 30 Mrd. Euro entfallen, dazu zählt auch die Fusion von Vonovia und Deutsche Wohnen. Unter anderem deshalb gebe es eine weitere Verschiebung der Marktanteile der Assetklassen in Richtung Living. „Als eher defensive Assetklasse waren 2021 – pauschal gesagt – alle Immobilien gefragt, in denen ein Bett steht. Nur Hotels bilden hier eine Ausnahme. Der Anteil von Living liegt zum Jahresende voraussichtlich bei über der Hälfte des Volumens, damit werden mehr als 50 Mrd. Euro in diese Nutzungsart geflossen sein“, sagt Helge Scheunemann, Head of Research JLL Germany.

Assetklasse der Hotelimmobilien am stärksten von Pandemie betroffen

Hotelimmobilien bilden die Assetklasse, auf die sich die negativen Folgen der Corona-Krise am deutlichsten auswirkt. Am Investmentmarkt lässt sich dies an sinkenden Transaktionsvolumina ablesen. Demnach dürfte der Anteil von Hotels am gesamten deutschen Transaktionsvolumen wie im vergangenen Jahr nur noch rund 2% betragen. Das wäre der niedrigste Anteil in den zurückliegenden zehn Jahren.

Wie sich dieser Trend im kommenden Jahr entwickeln wird und auf welches Niveau das Transaktionsvolumen zusteuert, ist laut JLL schwer abzuschätzen. Klar scheint aber: „Alle Themen, die uns 2021 begleitet haben, enden nicht mit Neujahr, sondern schwappen hinüber ins neue Jahr – sei es Corona, die Lieferengpässe, der Inflationsanstieg, Nachhaltigkeit oder die Zukunft der (Büro-)Arbeit“, so Scheunemann.

Trend hin zu breiterer Streuung der Investitionen

Als allgemeine Entwicklung ist eine breitere Streuung der Investitionen zu beobachten, also die Diversifizierung des Portfolios, um Klumpenrisiken zu umgehen. Dazu können gemischt genutzte Immobilien zählen oder auch Quartiere, die Arbeiten, Wohnen, Einkaufen und Freizeit miteinander verbinden. Dies bedeutet neue Herausforderungen für das Asset Management und erfordert eine neue Form der Renditekalkulation.

EU-Taxonomie als künftiger Maßstab

Als Megatrend oder vielmehr Maß aller Dinge betrachten die Experten von JLL das Thema ESG bzw. Nachhaltigkeit. Es werde künftig nicht mehr um einen grünen Preisaufschlag gehen, sondern um einen Preisabschlag für nicht-nachhaltige Immobilien. Die neue EU-Taxonomie wird für Bewegung auf den Immobilienmärkten sorgen. So dürften etliche Investoren für ihre Portfolios nur noch Immobilien erwerben, die gemäß Artikel 8 und 9 der Offenlegungsverordnung taxonomiekonform sind. „Im gleichen Zuge werden Investoren versuchen, ihre Bestände zu bereinigen: Sprich Immobilien, die nicht der Taxonomie entsprechen, zu verkaufen. Solche Objekte sollten eigentlich mit einem Preisabschlag gehandelt werden, angesichts der aktuell enormen Nachfrage muss sich die Theorie aber erst noch in der Praxis zeigen“, meint Scheunemann.

Nachfrage nach Büroflächen hat sich erholt

Wieder angezogen hat im abgelaufenen Jahr die Nachfrage nach Büroflächen. Auch künftig erwartet JLL eine weitere Belebung, denn viele Firmen haben sich von Plänen verabschiedet, die eigenen Büro-Portfolios deutlich zu verringern. Geht man von einer neuen Arbeitswoche aus, bei der Mitarbeiter drei Tage im Büro sind und zwei Tage außerhalb arbeiten und davon wiederum etwa 1,5 Tage im Home Office, würde rein rechnerisch 30% weniger Bürofläche gebraucht. Hier gilt es aber gegenläufige Effekte zu beachten. „Wer kein Desk Sharing einführen will, kann auch keine Fläche reduzieren. Wer den Komfort von etwas mehr Abstand im Büro auch nach der Pandemie beibehalten will, benötigt mehr Fläche pro Arbeitsplatz. Wer mehr Raum für Kooperation und Begegnung schaffen will, braucht mehr Fläche als im klassischen Schreibtisch-Büro. In Summe gleicht sich das alles in etwa aus“, kommentiert Scheunemann. Faktisch werden zum Ende des ersten kompletten Pandemiejahres genauso viele Büroflächen vermietet worden sein wie etwa in den Jahren 2013 und 2014.

Einzelhandelsflächen im Zentrum wieder gefragt

Auch für andere Assetklassen ist ein Wachstum zu erwarten: Im Einzelhandelsbereich ist bei den Spitzenmieten in den deutschen Shopping-Metropolen ein Rückgang von durchschnittlich 6% zu verzeichnen und eine aktuelle Verfügbarkeit von Ladenflächen von 14%. Damit ist die Quote gegenüber dem Vorjahr fast konstant geblieben. Die Nachfrage nach Ladenflächen in Innenstädten hat sich über das Jahr hinweg wieder erholt.

Einzelne Händler haben ihre Expansionspläne aber auf Eis gelegt. Für andere Einzelhändler eröffnet sich damit die Möglichkeit, attraktive Standorte anzumieten. So nehmen seit einiger Zeit auch die Discounter verstärkt Flächen in Innenstadtlagen ins Visier. Aber auch Möbelanbieter sind bestrebt, sich in den Einkaufsstraßen zu präsentieren, ebenso wie neue internationale Labels, die während der Pandemie den deutschen Markt ins Auge gefasst haben. Allerdings sind Investoren in Sachen Ankauf zurückhaltend, so lange zumindest regional die Gefahr eines neuerlichen Lockdowns droht. Die große Ausnahme bilden JLL zufolge lebensmittelgeankerte Objekte oder Portfolios, die weiterhin sehr gefragt sind. Wegen der geringeren Transaktionsvolumina können sie das Minus in anderen Bereichen wie etwa der Shopping-Center aber nicht wettmachen. Für 2021 erwartet JLL ein Transaktionsvolumen über alle Einzelhandelssegmente hinweg von etwa 8 Mrd. Euro gegenüber 10,4 Mrd. Euro im Vorjahr.

Von Verteilzentren bis City-Logistik-Hubs: Logistikprodukte begehrt wie nie

Neben Wohnimmobilien zählen Logistikimmobilien zur herausragenden Assetklasse des Jahres 2021. Der Anteil am Transaktionsvolumen 2021 wird voraussichtlich rund 8% ausmachen. Relativ betrachtet ist dies zwar weniger als im Jahr 2020, als der Anteil 11% betrug, in absoluten Zahlen ergibt sich aber ein ähnliches Ergebnis wie im Vorjahr. Die Grundlage für das deutlich gewachsene Interesse der Investoren bildet der sehr dynamische Vermietungsmarkt. Allein in den ersten drei Quartalen 2021 haben wir einen Umsatz von 5,9 Mio. m² registriert, so viel wie nie zuvor in den ersten neun Monaten eines Jahres. Wir gehen davon aus, dass wir für 2021 einen neuen Rekordwert erreichen werden und den bisherigen Rekord aus dem Jahr 2018 (7,2 Mio. m²) mit voraussichtlich 7,7 Mio. m² übertreffen werden“, erklärt Scheunemann. Der Markt profitiere von einer nie dagewesenen Nachfrage nach Logistikprodukten. Es ist vor allem der permanent wachsende E-Commerce, der den Bedarf an großen Verteilzentren, aber auch kleineren, zentralen Flächen für City-Logistik-Hubs befeuert.

Ausbau der Lagerkapazitäten vor Ort

Doch der Logistikmarkt wird nicht vom E-Commerce allein getrieben. Zusätzlich ist mit Nachfrageschübe aus den Bereichen Express- und Paketzustellung, Gesundheitswesen und Life Sciences sowie Bau- und Werkstoffen zu rechnen. Im Fokus werden dabei insbesondere kleinere Lagerkapazitäten unter 5.000 m² stehen. Darüber hinaus erfordere die aktuell und bis 2022 anhaltende angespannte Lage bei den globalen Lieferketten eine Neuordnung verbunden mit einer Ausweitung der Lagerbestände vor Ort, so JLL.

Positiver Ausblick

Der zahlreichen Herausforderungen und potenziellen Risiken zum Trotz bescheinigt JLL dem deutschen Immobilienmarkt positive Aussichten. Zwar würden sich Gewichtungen zwischen den einzelnen Assetklassen und die jeweiligen Branchen verschieben und es bestehe ein unterschiedlich hoher Veränderungsdruck – doch das Grundinteresse der Investoren sei ungebrochen hoch. (tk)

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