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20. Februar 2024
Immobilienweise schlagen Alarm

Immobilienweise schlagen Alarm

Rekordeinbrüche beim Wohnungsbau, eine durch Kosten und Auflagen „geknebelte“ Immobilienbranche: Die Immobilienweisen warnen im Frühjahrsgutachten, die Stornierungswelle könne sich fortsetzen. 2024 dürften 600.000 Wohnungen fehlen. Förderprogramme könnten zusätzliche Investitionsanreize setzen.

Der Präsident des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e. V. Dr. Andreas Mattner hat das Frühjahrsgutachten des sogenannten Rats der Immobilienweisen am Dienstag vorgestellt und an Bundesbauministerin Klara Geywitz übergeben. „Die Analyse der Experten ist nicht nur ein Wake-up-call, sondern in einigen Punkten ein regelrechter Sirenen-Alarm“, betonte Mattner. Im Gutachten verweisen die Experten auf den dramatischen Einbruch bei Wohnfertigstellungen und den Höchststand der Stornierungswelle beim Wohnungsbau: Rund 20% der Unternehmen hätten Bauprojekte gestoppt. Die Immobilienwirtschaft sei durch Kosten und Auflagen „geknebelt“.

ZIA-Berechnung: Bis 2027 fehlen 830.000 Wohnungen

Nach Berechnungen des ZIA wird die Bundesregierung ihr Wohnungsbauziel künftig noch deutlicher verfehlen. Demnach werden bis 2025 rund 720.000 Wohnungen fehlen, bis 2027 werden es gar 830.000 sein.

Immobilienwirtschaft durch Kosten und Auflagen „geknebelt“

Viele Bauvorhaben rechnen sich nicht mehr

„Aufgrund erhöhter Baukosten und Finanzierungsschwierigkeiten, ausgelöst durch das höhere Zinsniveau, sind viele Bauvorhaben nicht mehr rentabel und werden zurückgezogen“, erläutert Prof. Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und Direktor des Walter Eucken Instituts. Er legt im Frühjahrsgutachten die gesamtwirtschaftliche Lage dar. Seine Ansicht nach könne sich die Stornierungswelle weiter fortsetzen, da die Rahmenbedingungen für Bauinvestitionen vorerst ungünstig bleiben dürften.

Vom ZIA heißt es dazu, eine Schwarze Null bei Wohnungsneuentwicklungen sei erst bei einer Durchschnittsmiete von 21 Euro pro Quadratmeter zu erzielen. „Das ist nicht möglich. Wer also baut, geht bankrott“, betont Mattner. 37% staatlich bedingter Abgaben auf Wohnen seien nicht mehr zu stemmen.

Zusätzliche Investitionsanreize durch Förderprogramme schaffen

Wie Prof. Feld im Gutachten schreibt, könnten Förderprogramme „zusätzliche Investitionsanreize setzen und dem Rückgang der Investitionstätigkeit entgegensteuern“. Dies gilt vor allem für den Bereich der energetischen Sanierung. Er verweist hierbei auf das Thema der Regulierung und damit verbundenen Kosten. „Es ist die schiere Vielheit von regulatorischen Einzelmaßnahmen, die den deutschen Gulliver lähmt.“

Mögliche Stellschrauben: Marktzinsen auf 2% senken

Wichtige Hebel aus Sicht des ZIA, um die prekäre Lage zu entschärfen, wäre in KfW-Programm, das die Marktzinsen auf 2% verringert. Dies würde bei einer Fördersumme von 3 Mrd. Euro 100.000 zusätzliche Wohnungen bringen. „9 Mrd. Euro vom Staat brächten mit 300.000 Extra-Wohnungen die wichtige Wende für den Wohnungsmarkt“, schreibt der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft. Nach ZIA-Berechnungen würde das Programm in zehn Jahren für 100.000 Wohnungen zunächst insgesamt drei Milliarden Euro.

Temporärer Verzicht auf Grunderwerbsteuer

Zudem plädieren die Experten für einen vorübergehenden Verzicht auf die Grunderwerbsteuer oder kommunale Abschöpfungen beim Wohnungsbau. Einnahmenzuwächse über die Umsatzsteuer auf Bauleistungen und die Grundsteuer würden die Ausgaben mehr als ausgleichen. Zudem würde der drohende Abbau von Arbeitsplätzen bei Jobverlusten in der Bauwirtschaft den Staat über Transferkosten erheblich belasten.

Steuerlichen Anreize über die degressive AfA

Als unverzichtbar bezeichnet der ZIA die von Bundesregierung und Bundestag angestrebten steuerlichen Anreize über die degressive AfA, die das Wachstumschancengesetz unter anderem vorsieht. Der Bundesrat hat dem Gesetz jedoch nicht zugestimmt. Am morgigen Mittwoch, den 21.02.2024, befasst sich der Vermittlungsausschuss mit dem Wachstumschancengesetz.

Über den Rat der Immobilienweisen

Mit den Frühjahrsprognosen will der 2002 gegründete „Rat der Immobilienweisen“ für mehr Transparenz auf den Immobilienmärkten sorgen. Mit den damals erstmals erfassten Daten zu Bruttoproduktionswert, Beschäftigten und Immobilienbestand sollte auch die Immobilienwirtschaft als einer der bedeutendsten Wirtschaftszweige in Deutschland in der öffentlichen Wahrnehmung besser verankert werden. Neben Dr. Dr. h.c. Lars P. Feld gehören dem Rat der Immobilienweisen die folgenden Personen an: Prof. Sven Carstensen, Vorstand Analyse/Bewertung bei der bulwiengesa AG, Michael Gerling, Geschäftsführer des EHI Retail Institute, Prof. Dr. Harald Simons, Mitglied des Vorstands der empirica ag und Carolin Wandzik, Leiterin Strategie- und Geschäftsfeldentwicklung bei der GOS Gesellschaft für Ortsentwicklung und Stadterneuerung mbH.

Mehr Informationen zum Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen gibt es bei zia-deutschland.de. (tik)

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