AssCompact suche
Home
Assekuranz
13. März 2025
Ist die Werkstattbindung der Retter der Kfz-Versicherung?
Ist die Werkstattbindung der Retter der Kfz-Versicherung?

Ist die Werkstattbindung der Retter der Kfz-Versicherung?

Die Kfz-Prämien steigen, immer tiefer müssen Versicherte in die Taschen greifen. Laut Allianz-Chef Oliver Bäte ist die Werkstattbindung ein wesentlicher Faktor, um die Kfz-Versicherung bezahlbar zu halten. Wie sehen andere Versicherer das? Und deutet sich im Jahr 2025 die Trendwende in der Kfz-Versicherung an?

Die Kfz-Versicherung hat in den letzten Jahren der gesamten Versicherungsbranche so einiges an Kopfschmerzen bereitet. Die Versicherer haben ein paar verlustreiche Jahre hinter sich – allein im letzten Jahr haben sie laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) ein Defizit von mehr als 2 Mrd. Euro wegstecken müssen, im Vorjahr waren es sogar mehr als 3 Mrd. Euro.

Laut dem Vergleichsportal Verivox mussten Kfz-Versicherungskunden bei ihrer letzten Beitragsrechnung eine durchschnittliche Prämiensteigung von 21% im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen. Das dürfte nicht zuletzt in den Maklerbüros für so einige heiß gelaufene Telefonleitungen mit Anrufen von Kunden auf der Suche nach einem günstigeren Tarif gesorgt haben.

Wie kann die Kfz-Versicherung bezahlbar bleiben?

Dass es ohne die Preissteigerungen nicht geht, das haben die Versicherer immer wieder beteuert. Drastisch steigende Ersatzteilpreise und höhere Löhne in Werkstätten machen steigende Prämien unumgänglich. Doch nicht nur in der Kfz-Versicherung müssen Kunden tiefer in die Tasche greifen – auch in anderen Sparten sind die Beiträge zum Teil deutlich nach oben geklettert. Prominente Beispiele sind etwa die Krankenversicherung und Wohngebäudeversicherung.

Aber die Zahlungsfähigkeit der Kunden ist nicht unendlich – darüber sind sich auch die Versicherer im Klaren. Kürzlich sprach beispielsweise Allianz-Konzernchef Oliver Bäte in einem Pressegespräch darüber, wie Versicherung bezahlbar bleiben könne. Die Allianz setzt in der Kfz-Versicherung laut Bäte vor allem auf Werkstattbindung. Wenn Kunden in ihrem Kfz-Vertrag Werkstattbindung wählen, gibt der Versicherer vor, wo das Fahrzeug im Schadenfall repariert wird – und der Kunde erhält im Gegenzug einen Rabatt auf die Prämie. Das gehe nicht auf Kosten der Reparaturqualität, betont Bäte. Und: „Pro Schadenfall sparen wir etwa 1.000 Euro ein“, wird Bäte in der Süddeutschen Zeitung zitiert.

Sind Werkstattbindung und höhere Selbstbehalte die Lösung?

Könnte die Werkstattbindung die Lösung sein? Ist sie das entscheidende Instrument im Kampf gegen hohe Prämienanpassungen? AssCompact hat bei mehreren der AssCompact Maklerfavoriten in der privaten Kfz-Versicherung nachgefragt, was sie machen, um Prämien bezahlbar zu halten. Bei der AXA stimmt man der Allianz zu. „Werkstattbindung ist sicherlich ein sehr wichtiger und wesentlicher Baustein“, schreibt der Versicherer. „Angesichts stetig steigender Preise für Ersatzteile und auch Stundensätze brauchen wir Hebel, um die Kosten im Griff zu halten.“

Die Itzehoer Versicherungen haben diesen Weg bereits vor einigen Jahren eingeschlagen – der Baustein Werkstattbonus ermöglicht Kunden unter anderem Einsparungen von bis zu 20% auf ihre Kaskobeiträge, so das Unternehmen. „Dieser Tarif wird verstärkt nachgefragt“, bestätigt die Itzehoer.

Die R+V empfiehlt neben der Werkstattbindung auch höhere Selbstbehalte, um Prämien so niedrig wie möglich zu halten. „Hier sind die Beiträge seit Jahrzehnten konstant geblieben und durch die Inflation in der Relation geringer geworden, so dass Selbstbehalte von 1.000 Euro in der Vollkasko und 300 Euro in der Teilkasko bei Privatkunden heutzutage kein Hindernis mehr sein sollten“, so die R+V. „Eigens dafür haben wir in der Vollkasko die Selbstbehaltsvariante 750 Euro geschaffen, um für sicherheitsbewusste Kunden den Sprung von 500 Euro auf 1.000 Euro nicht zu groß werden zu lassen.“

Kommt nun die Trendwende in der Kfz-Versicherung?

Alle angefragten Versicherer bestätigen, dass sie weiterhin daran arbeiten, die Kfz-Versicherung für Kunden bezahlbar zu halten. So arbeitet die VHV beispielsweise daran, ihre „internen Prozesse noch effizienter zu gestalten und durch Schadenmanagement die Schadenaufwände zu begrenzen“, die R+V weist Kunden zudem gezielt auf Optimierungsmöglichkeiten hin.

Natürlich müssen die Versicherer die Bezahlbarkeit der Prämien mit der Auskömmlichkeit ihres Geschäfts balancieren. Dafür muss die Schaden-Kosten-Quote, oder Combined Ratio, wieder unter 100% gedrückt werden. Ansonsten übersteigen die Ausgaben die Einnahmen. Der GDV bezifferte die Combined Ratio für das Jahr 2024 in der Kraftfahrtversicherung insgesamt auf 106%. Laut dem Branchenverband könnte dieses Jahr jedoch die Trendwende einläuten. Sollten keine unvorhergesehen Großschadensereignisse eintreten, könnte die Kfz-Versicherung 2025 nach Jahren im Defizit wieder eine schwarze Null einfahren.

Wie sehen die befragten Versicherer das? Sind sie auf dem Weg, ihre Combined Ratio auf 100% oder darunter zu senken? „Zum aktuellen Zeitpunkt können wir noch keine realistische Einschätzung geben“, kommentiert die VHV. „Wir sind jedoch optimistisch, dass die ergriffenen Maßnahmen zu einer Verbesserung der Combined Ration führen können.“

Die Itzehoer ist ebenfalls optimistisch: „Ein normales Naturkatastrophenjahr vorausgesetzt, werden wir mit den bereits eingeleiteten Maßnahmen in diesem Jahr eine schwarze Null in Kfz erreichen und 2026 wieder Erträge erwirtschaften.“

Versicherer mit Jahreswechsel zufrieden

Mit dem Jahreswechsel 2024/2025 sind die Versicherer überwiegend zufrieden. So freut man sich bei der AXA besonders über die Neugeschäftszahlen, die Itzehoer konnte neben einer Prämienerhöhung um 16% gegenüber dem Vorjahr auch ihren Teilkasko-Anteil zu Lasten der Vollkasko erhöhen und so ihre Erträge erhöhen. Wie das Jahr weitergeht, wird sich nur im Laufe der Zeit zeigen. Das einzige, das bisher sicher erscheint: Die Prämien werden erstmal weiter steigen. (js)

 

Leserkommentare

Comments

Gespeichert von Ludwig Oelze (… am 13. März 2025 - 23:17

Die Werkstattbindung bietet zwar Einsparpotenzial, greift aber als alleinige Lösung zu kurz. Aus der Maklerperspektive zeigt sich, dass die Kundenakzeptanz stark variiert - besonders im ländlichen Raum sind lange Anfahrtswege problematisch. Auch die Qualitätskonstanz der Partnerwerkstätten ist nicht immer gegeben. Höhere Selbstbehalte werden von vielen Kunden mittlerweile akzeptiert, müssen jedoch individuell angepasst werden. Statt isolierter Maßnahmen brauchen wir ganzheitliche Ansätze im Schadenmanagement und bei der Tarifgestaltung. Die eigentliche Herausforderung liegt darin, Kosteneffizienz und Kundenorientierung in Balance zu halten, um langfristig tragfähige Lösungen für die Branche zu entwickeln. Weitere Gedanken zum Thema teile ich regelmäßig auf  https://ludwigoelze.com

Gespeichert von Michael van de… am 14. März 2025 - 10:51

Nein!, die Versicherer haben sich jahrelang mit den Prämien nach unten gegenseitig gejagt. Sozusagen: Billig war/Ist geil!

Hier sind die Versicherer und die Werkstätten in meinen Augen massiv an dem Dilemma beteiligt und damit schuld. Beispiel gefällig? Wenn man es als Versicherer bei einem Schaden zulässt, dass, nur weil der Schaden über ein VU bezahlt wird, bei den Arbeitskosten der Werkstätten einen Aufschlag bis zu 300% akzeptiert und juristisch nicht dagegen vorgeht, ist man u.a. selbst Schuld. Warum nur ??? Immer wieder frage ich in den Schadensabt. der VU`s nach, warum diese Mondschein-Arbeitskosten so kritiklos übernommen werden. AW: Achselzucken! Und wie sieht es mit der ach so tollen Werkstattdeckung aus? Die kann man in die Tonne klatschen. Warum? Auf dem Land fährt man bei uns mind. 20 Km um dorthin zu kommen. Und Abholung (leichten bei Kasko-Schäden) bei meinen Kunden noch nicht bemerkt.