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17. Februar 2023
Jennifer Brockerhoff: „Öko-Kitsch muss endlich ein Ende haben“

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Jennifer Brockerhoff: „Öko-Kitsch muss endlich ein Ende haben“

Die Produkte der Anbieter berücksichtigen Nachhaltigkeitskriterien in unterschiedlicher Intensität. Wie streng darf die nachhaltige Geldanlage denn bei Ihrer Kundschaft sein?

Die Frage aller Fragen, die nicht kurz zu beantworten ist. Warum? Weil erst einmal ein Verständnis dafür geschaffen werden muss, was Nachhaltigkeit bei der Geldanlage überhaupt heißt. Wir haben eine regulatorische Definition sowie eine eigene subjektive Definition. Die wenigsten Kundinnen und Kunden haben eine konkrete Vorstellung von ihren Nachhaltigkeitspräferenzen. Das ist auch kein Wunder, denn Finanzen sind nach wie vor kein Schulfach, nachhaltige Finanzen ebenso wenig. Um dieses Thema gemeinsam mit meiner Kundschaft zu erörtern, habe ich vor Kurzem ein Schaubild erstellen lassen, mit den fünf Dingen, die man über nachhaltiges Investieren wissen muss. Zum Beispiel darüber, dass jede Asset-Klasse auch ganz unterschiedliche Wirkung erzielt.

Mehrere Produktgeber stufen aktuell ihre Artikel-9-Fonds auf Artikel-8-Fonds zurück. Viele Produkte sind damit über Nacht weniger „dunkelgrün“. Wie erklären Sie dieses Vorgehen Ihrer Kundschaft?

Fondsgesellschaften und Produktanbieter haben sich selbst keinen Gefallen getan, in dem sie die Klassi­fizierung in Artikel-6-, -8- oder -9-Fonds als eine Art Gütesiegel nach außen propagiert haben. Ich habe noch keinen einzigen Kunden bzw. noch keine einzige Kundin kennengelernt, der einen Fonds oder ETF nach dieser Klassifizierung auswählen wollte.

Diese Rückstufungen überraschen mich nicht und habe ich erwartet. Nachhaltigkeitsbanken hatten im Vergleich zu konventionellen Banken einen ehrlicheren Umgang mit der Klassifizierung, sodass sie von den Rückstufungen am wenigsten betroffen sind.

Macht sich bei Ihren Kundinnen und Kunden darüber auch Enttäuschung breit?

Keineswegs. Wer ehrlich kommuniziert, was nachhaltige Geldanlagen heute leisten können und was nicht, fährt bzw. berät am besten. Da wären wir beim Stichwort Impact, also die Wirkung nachhaltiger Geldanlagen. Wie entsteht Wirkung und was ist der Unterschied zwischen direkter und indirekter Wirkung – ein hochspannendes Thema! Wer seinen Kundinnen und Kunden suggeriert, dass mit dem Kauf eines nachhaltigen Fonds oder ETFs die Welt gerettet sei, hat schon verloren. Daher meine eindringliche Bitte: Der Öko-Kitsch muss endlich ein Ende haben!

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Seite 3 Und welche Gütesiegel und andere Hilfestellungen nutzen Sie, um den Nachhaltigkeitsanspruch eines Finanzprodukts einschätzen zu können?

 
Ein Interview mit
Jennifer Brockerhoff