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27. Oktober 2020
Kapitalanlage und Beratung in Zeiten von Pandemie und Zinsdilemma

Kapitalanlage und Beratung in Zeiten von Pandemie und Zinsdilemma

Sicherheit war gestern. Null- und Negativzinsen werden noch viele Jahre bleiben. Sparer müssen daher endlich umdenken. Wie das gelingen kann, diskutierten Branchenexperten in einer Diskussionsrunde des Kongress Investment der DKM digital.persönlich. Neben den Beratern sehen sie auch sich selbst gefragt.

Der Kongress Investment von funds excellence ist seit Jahren ein fester Bestandteil der Leitmesse DKM. Das gilt auch für die diesjährige DKM digital.persönlich. Den Auftakt des digitalen Kongressprogramms bildete eine Expertendiskussion unter Moderation von Cash-Chefredakteur Frank Milewski. Im Fokus stand dabei insbesondere die Altersvorsorgesituation in Deutschland. Charles Neus, Leiter Altersvorsorge Lösungen bei Schroder Investment Management Europe S.A., sieht diese zumindest teilweise in der Krise.

Sicherheits- und Garantiedenken endlich beenden

„Das Thema Altersvorsorge ist in Deutschland nach wie vor allem von einem Thema geprägt: Sicherheit. Und Sicherheit bedeutet vor allem Garantie“, so Neus. Das sei zwar falsch, aber auch kein Wunder, schließlich habe speziell die Politik den Deutschen das jahrzehntelang so gepredigt. In anderen Ländern wie etwa in England oder in den Niederlanden hatten Garantien gerade im bAV-Bereich schon in der Vergangenheit nichts zu suchen. Langsam verabschiedet man sich nun auch in Deutschland davon. Es gehe nun darum, die Deutschen dazu zu bringen, sich mit Risiko und Rendite statt nur mit Sicherheit und Garantien zu beschäftigen.

Hoher Informationsbedarf

Ralph Castiglioni, Geschäftsführer der Basler Financial Services GmbH, stimmte Neus voll zu und sieht auch in der mangelnden Ausbildung und Befähigung einen der Gründe hierfür – beim Berater wie auch bei den Kunden. „Alle müssen sich an die neue Situation gewöhnen. Deswegen liegt weiter viel Geld als Cash herum. Die Branche ist gefragt, den Kunden so zu informieren, dass er einen Sinn sieht, sein Geld zu investieren“, sagt Castiglione im Rahmen der Diskussionsrunde.

Aktuelle Situation bietet Beratern große Chancen

Sascha Bassir, Vorstand der Basler Vertriebsservice AG, sieht vor allem die betriebliche Vorsorge in der Krise, nicht jedoch die private Vorsorge im Allgemeinen. Dabei seien die Zeiten gut, um das zu ändern. „Die Menschen sitzen gerade daheim und sind sehr viel affiner für ein Beratungsgespräch. Für Makler und Vermittler ist die aktuelle Zeit eine hervorragende Möglichkeit, diese Chance zu ergreifen und Vorsorgegespräche zu führen“, meint Bassir.

Vor allem zwei Sachen fehlen

Charles Neus verwies zudem auf eine hohe Bereitschaft innerhalb der Maklerschaft wie auch innerhalb der Bevölkerung, etwas zu tun. „Zwei Sachen fehlen aber: Information und Visualisierung. Gerade letzteres ist durch die Digitalisierung sehr gut möglich“, so Neus. Das gehe nicht von heute auf morgen. Berater hätten schließlich jahrzehntelang Sicherheiten und Garantien verkauft und einen solchen Knopf im Kopf drehe man nicht so schnell um. Auch die Gesellschaften seien gefragt. Lösungen gebe es zwar ausreichend. Entscheidend sei aber, dass man einfach bleibe, damit Makler und Kunden sie verstehen.

Know-how des Beraters ist unverzichtbar

Sascha Bassir sieht in der Befähigung von Beratern einen Schlüssel zu einem Wandel in der deutschen Altersvorsorge: „Neben digitalen Helfern braucht es vor allem Know-how. Viele Kunden suchen vor allem deshalb nach Garantien, weil sie sich bei Fonds und Aktien unsicher fühlen.“ Wenn der Makler von den Gesellschaften nicht in die Lage versetzt werde, dem Kunden das Know-how weiterzuvermitteln, wird er den einfachen Weg suchen: das Thema nicht ansprechen oder doch wieder auf das Thema Sicherheit gleich Garantien zu gehen. „Das kann nicht die Lösung sein. Wir, wie vermutlich auch die gesamte Branche, wollen den Makler daher befähigen, den Kunden von dem notwendigen Wandel zu überzeugen“, so Bassir.

Persönliche Gespräche bleiben der Schlüssel

Persönliche Gespräche sind nach Meinung der Experte weiterhin der Schlüssel zu einem solchen Wandel. Doch solche Gespräche funktionieren nur, wenn der Berater sich sicher führt. Das gehe auch auf digitalem Wege. „Der Kunde ist neuen Medien mittlerweile sehr offen“, meint Ralph Castiglioni. Wenn die Gesellschaften dem Berater einen voll digitalen roten Faden an die Hand geben würde, sei das für diesen eine große Unterstützung, zumal er im klassischen Papiersalat viele Fehler machen konnte.

Mehr als Ansparen und Entsparen

Charles Neus warnt derweil davor, nur mit Angst zu arbeiten. Es liegt noch immer viel zu viel Geld auf Sparbüchern und Girokonten, wo zum Teil sogar Strafzahlungen drohen. Das muss nicht sein. Dieses Geld kann Neus zufolge mit Fonds oder Ähnlichem deutlich besser eingesetzt werden. Wichtig sei neben Einfachheit auch Individualität. Altersvorsorge sei nur Geld, sondern zum Beispiel auch Gesundheit und Freizeit. Für den einen sei das Thema Gesundheit wichtig, für den anderen zum Beispiel das Thema Erben. Das müsse in der Beratung und bei den Produkten zum Ausdruck kommen. In jedem Fall sei Altersvorsorge mehr als Ansparen und Entsparen.

Fondspolicen erleben eine Renaissance

Ein wichtiger Teil der Altersvorsorgelandschaft sind Fondspolicen. Sascha Bassir sieht in den eigenen Absatzzahlen eine klare Bestätigung für die Renaissance der Fondspolicen. Die Basler habe bereits im vergangenen Jahr ein Plus von über 20% in diesem Bereich verbucht und werde das auch in diesem Jahr schaffen. Flexibilität sei dabei ein extrem wichtiger Erfolgsfaktor – sowohl in der Ansparphase als auch in der Auszahlungsphase. Die Basler versucht dabei innovative Ideen von Beratern wie etwa einen Fondsrentenplan aufzugreifen. Solche flexiblen Konzepte von Versicherern und Fondsgesellschaften würden laut Charles Neus auch dabei helfen, die Wiederanlagequote, die nach wie vor im einstelligen Prozentbereich liege, deutlich zu erhöhen. (mh)

Die DKM geht bis zum 29.10.2020. Eine Anmeldung ist jederzeit hier möglich. Bereits angemeldete Teilnehmer gelangen hier direkt auf die digitale Messeplattform.