Im konkreten Fall war eine Mitarbeiterin über 17 Jahre im Marketing eines mittelständischen Unternehmens beschäftigt. Nach einer Firmenübernahme wechselte auch der Geschäftsführer. Der Mitarbeiterin, die als Vertraute des ehemaligen Geschäftsführers galt, wurde das Angebot unterbreitet, unter unveränderten Arbeitsbedingungen in einer anderen Gesellschaft der Unternehmensgruppe zu arbeiten. Der neue Geschäftsführer stellte sie gleichzeitig frei und erteilte ihr Hausverbot. Circa einen Monat später kündigte er schließlich der Arbeitnehmerin fristlos. In Telefongesprächen mit mehreren Kollegen soll sie den neuen Geschäftsführer als „Heini“, „Pisser“ und „hinterfotzig“ betitelt haben. Die Ehrverletzung rechtfertigt nach Ansicht des Chefs die fristlose Kündigung. Die Mitarbeiterin hingegen bestritt die Äußerungen und wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage.
Vertrauliches Gespräch unter Arbeitskollegen
Das Arbeitsgericht Essen bestätigte zwar die grundsätzliche Rechtsauffassung des Arbeitgebers – eine Ehrverletzung liege jedoch in diesem Fall nicht vor. Selbst wenn man davon ausginge, die Vorwürfe wären wahr, würden sie keine fristlose Kündigung rechtfertigen. Die Ehrverletzung einer Beleidigung setze voraus, dass der Beleidigte von den Lästereien erfahren muss. Davon ging die Gekündigte aber in vertraulichen Telefonaten mit langjährigen und teilweise sogar befreundeten Kollegen nicht aus. Die Arbeitnehmerin konnte mit deren Verschwiegenheit rechnen.
„Eine grobe Beleidigung kann im Einzelfall eine fristlose Kündigung rechtfertigen, wenn die Äußerungen etwa das Betriebsklima massiv beeinträchtigen oder bewusst die Autorität eines Vorgesetzten untergraben wird“, erklärt Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Thorsten Modla von der Deutschen Anwaltshotline die Rechtslage. In diesem Fall aber waren die Beleidigungen nicht nach außen gerichtet. Daher ist auch eine darauf gestützte Kündigung unwirksam.
Arbeitsgericht Essen, Urteil vom 27.09.2013, Az. 2 Ca 3550/12
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können