Künstliche Intelligenz (KI) hat im Versicherungswesen Einzug gehalten, wobei sich der Einsatz vor allem auf die Schadenbearbeitung konzentriert. Im Allgemeinen setzt jeder Versicherer entweder KI ein oder erforscht ihr Potenzial für die Prozessautomatisierung. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von Sollers Consulting. KI verändert bereits jetzt wichtige Prozesse in der Assekuranz. Grundlegend wandeln dürfte die Technologie in den kommenden drei bis fünf Jahren auch das Underwriting. Die bereits angesprochene Schadenbearbeitung sowie Backoffice-Effizienz und verbesserte Kundenerfahrung sind die Bereiche, in denen KI laut Studie den größten Einfluss haben wird.
Schadenmanagement und Underwriting
Für Kunden wird der Einsatz von KI für schnellere Entscheidungen bei Schadenfällen und im Underwriting für eine klarere Risikokommunikation und letztendlich individuellere Preise sorgen. Für die Analyse hat die Unternehmens- und IT-Beratung Interviews mit Führungskräften von 35 Versicherern in Deutschland, Großbritannien, Frankreich, der Schweiz, den nordischen Ländern, den USA und Kanada durchgeführt.
Im Detail ergaben die Interviews, dass KI bereits in großem Umfang eingesetzt wird, um das Schadenmanagement in der Kfz-Versicherung zu rationalisieren. Bis zu 64% der Versicherer haben KI in Funktionen wie der Beseitigung von Dubletten in Dokumenten verankert. Die Underwriting-Prozesse seien aber deutlich weniger automatisiert, wie der Bericht feststellt. Die Datenextraktion ist der Bereich, in dem KI am häufigsten Anwendung findet. „KI wird vor allem zur Automatisierung der Datenerfassung, der Dokumentenverarbeitung und von Teilen des Schadenbearbeitungsprozesses eingesetzt“, erklärt Piotr Kondratowicz, Business Architect bei Sollers. „In den nächsten drei Jahren werden wir jedoch eine dramatische Ausweitung auf Underwriting-Prozesse, Tarifierung und kundenorientierte Bereiche wie Produktangebote und digitale Dienstleistungen erleben“, so Kondratowicz weiter.
Mittelfristige Entwicklungen
Mittelfristig rechnen die Experten von Sollers damit, dass Versicherer für den Call-Center-Support und bei einer breiteren Palette von Prozessen auf KI setzen, die Extraktion von Daten aus unstrukturierten Dokumenten beinhalten. Hinzu kommt die die Automatisierung der Schadenprüfung, die spezialisiertere Lösungen erfordern wird, und die vollständig automatisierte Bearbeitung von Standardschäden.
Im Underwriting sieht die Studie den künftigen Fokus der KI-Nutzung auf der Unterstützung der Underwriter im gesamten Prozess zu unterstützen, vor allem bei der automatisierten Erstellung von Versicherungsangeboten für Standardrisiken.
Unterschiede bei Vorbereitung auf den KI-Einsatz
Weiter offenbart die Studie aber auch große Unterschiede bei den Unternehmen, was die Vorbereitung auf die Nutzung von künstlicher Intelligenz angeht. Große Sprachmodelle (LLM) haben längst bei Versicherern Einzug gehalten und sind gängige Technologie. Das schnelle Tempo der KI-Innovation habe einige Versicherer dazu bewogen, generelle KI-Lösungen für alle Mitarbeiter zum Testen einzuführen. Laut der Studie müsste jedoch die Governance weiterentwickelt werden, um die Komplexität der IT-Architektur zu verringern und Synergien zwischen Projekten und Teams zu ermöglichen. Bemerkenswert ist, dass rund ein Viertel der befragten Unternehmen über keinerlei formelles Governance-Modell verfügt.
„Versicherer, die es versäumen, Governance-Strukturen zur Unterstützung der KI-Transformation aufzubauen, laufen Gefahr, in einem Markt, der sich schnell in Richtung KI, Automatisierung und prädiktive Entscheidungsfindung bewegt, ins Hintertreffen zu geraten“, sagt Kondratowicz. (tik)
Weitere Meldungen rund um das Thema KI und Software sowie zu neuen Tools und Services finden Sie in unserer Rubrik „Management & Vertrieb“.
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