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20. Juni 2022
KMU: Qualität der Risikoberatung steht im Vordergrund
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KMU: Qualität der Risikoberatung steht im Vordergrund

Die Basler ist langjähriger Partner in der Absicherung des Mittelstands. Das Versicherungsgeschäft ist geprägt von Branchenlösungen, Digitalisierung und Servicierung. Aktuellen Einfluss haben die Lieferkettenproblematik und das Thema Nachhaltigkeit. Zu Letzterem hat die Basler bereits einige Produkte entwickelt.

Ein Interview mit Bernd Einmold, Chief Sales Officer der Basler Sachversicherungs-AG
Herr Einmold, die sogenannten KMU liegen als Zielgruppe im Fokus der Versicherer, auch der Basler. Ein Großteil der deutschen Unternehmen fällt unter den Begriff. Wie definieren Sie denn die Gruppe überhaupt? 

KMU sind sicherlich eine Zielgruppe, die im Markt nicht einheitlich definiert ist. Zur Einstufung werden häufig die Unternehmenskennzahlen herangezogen, mal ist es die Versicherungssumme, mal die Mitarbeiteranzahl oder die Umsatzsumme. Im Kern geht es doch darum, den weitaus größten Markt in Deutschland mit dem besten Risikoschutz zu versorgen. Dies reicht von Standardgewerbegeschäft bis hin zum mittleren Industriegeschäft. Wir verstehen daher darunter Kunden mit einer Umsatzsumme von ca. 0,5 Mio. Euro bis zu ca. 500 Mio. Euro. Innerhalb dieser Grenzen ist die Gruppe der kleineren KMU etwa bis zu einer Umsatzgrenze von ca. 50 Mio. Euro für die Basler von besonderem Interesse. 

Kann man denn bei der Vielfalt an Unternehmen und Branchen überhaupt von Gemeinsamkeiten bzw. von Bedarfen über die Zielgruppe hinweg sprechen? Nicht umsonst rücken ja Branchenlösungen immer mehr ins Zentrum. 

Sie haben recht. Unter den KMU verbergen sich Tausende von Unternehmen mit unterschiedlichsten Profilen, vom erfolgreichen Einzelhändler oder handwerklichen Betrieb bis zum „Hidden Champion“ mit globaler Bedeutung für bestimmte Industrien oder mit besonderer Innovationskraft. Fast allen gemein ist die Tatsache, dass sich diese Unternehmen meist in privater Unternehmerhand oder Familienbesitz befinden und nur in Ausnahmefällen börsennotiert oder von Investoren geprägt sind.

KMU sind in aller Regel flexibel, schnell in der Reaktionsgeschwindigkeit zum Markt, jedoch oft im Nachteil bei der Kapitalbeschaffung gegenüber großen, börsennotierten Unternehmen. Gleichzeitig haben diese Unternehmen ihre Entscheidungszentren oder wesentlichen Standorte in Deutschland oder dem angrenzenden Ausland, sodass besonders hohe Exponierungen in Bezug auf kritische Naturgefahren oder auch globale Lieferkettenbedrohungen im Vergleich zu großen Konzernen geringer ausgeprägt sind.

Eine Vielzahl von KMU hat relativ ähnliche und einfacher zu bewertende Risikoprofile, die die Bewertung durch den Versicherer weniger komplex und weniger volatil gestalten. Das Interesse an hochqualifizierter und vor allem engagierter Servicierung ist sowohl für das Unternehmen als auch den Makler ausgeprägt. Das passt zu unserer DNA, „erste Wahl“ für diese Kunden und Vertriebspartner zu sein. Natürlich sind auch Branchenlösungen für aus unserer Sicht besonders interessante Segmente von Bedeutung. So engagieren wir uns beispielsweise bereits seit einigen Jahren als Innovator im Feld der „erneuerbaren Energien“ für das wir momentan einer der wichtigsten Player im Markt geworden sind. Zukunftsweisende Technologien wie Windkraftanlagen und Photovoltaik, aber auch innovative Technologien stehen hier im Fokus. So versichern wir zum Beispiel die erste Anlage zur Herstellung von Kerosin aus Biomasse im Emsland. 

Nun haben Sie in der Corona-Pandemie den Onlinhandel als Kundengruppe für sich entdeckt. Ein Schwerpunkt liegt aber weiter auf dem produzierenden Gewerbe. Was hören Sie denn von den Lieferkettenschwierigkeiten? 

Die Lieferkettenproblematik beschäftigt natürlich die gesamte Wirtschaft und letztlich auch uns Versicherer. Der Höhepunkt der unterbrochenen bzw. gestörten Lieferketten scheint derzeit offensichtlich noch nicht erreicht zu sein. Neben der Null-Covid Strategie der Chinesischen Regierung, die zu massiven Verzögerungen in chinesischen Häfen führt, den Auswirkungen des Ukraine-Krieges, der zu weiteren Lieferengpässen führen wird, und dem voraussichtlichen Ölembargo der EU ist die volle Tragweite noch nicht abzusehen. Insgesamt leider kein guter Ausblick auch hinsichtlich der gewohnt zuverlässigen Lieferketten.

Welche Auswirkungen wird dies auf das Versicherungs- und Vermittlungsgeschäft haben? 

Versicherer werden vor allem auch Druck auf der Schadenseite durch deutlich längere Wiederherstellungszeiten infolge verlängerter Lieferzeiten, aber auch von stark steigenden Kosten durch Knappheit von bestimmten Komponenten zu spüren bekommen. Die Folge ist, dass Betriebsunterbrechungsschäden zeitlich aus den Fugen geraten können und Sachschäden noch erheblich teurer werden. Auch müssen schon laufende Schäden durch die Kostensteigerungen in der Reservierung angehoben werden. Ein absolut zentraler Punkt ist aber auch die Anpassung der Versicherungssummen an die geänderten finanziellen und wirtschaftlichen Rahmendaten. Kunden können hier sehr leicht in eine Unterdeckung bzw. Unterversicherung geraten und dadurch finanzielle Nachteile erleiden.

Hier kommt der Vermittlerschaft eine zentrale Rolle in der Beratung zu, da der Versicherungsschutz mit den derzeit ungewohnt schnellen Änderungen schritthalten muss. Dabei geht es aber nicht nur um die Anpassung der Versicherungssummen, sondern auch das korrekte Erfassen der Lieferketten und der Risikoprävention. In Zeiten von günstigen Versicherungsprämien leiden zumeist die Risikoprävention und damit auch der Wille, hierfür Geld zu investieren. Dieser Trend dürfte sich nun schrittweise umkehren und dabei wird auch die Qualität der Risikoberatung durch den Vermittler ein längst benötigtes Revival erfahren.

Dann sind da auch noch die Preissteigerungen. Müssen Kunden bei Abschluss bald mit höheren Prämien rechnen? 

Das ist die logische Konsequenz aus dem vorher Gesagten und wird nicht zu vermeiden sein! Allein das Ausgleichen der Inflationseffekte wird in vielen Bereichen zu zweistelligen prozentualen Anpassungen führen müssen. Darüber hinaus werden erhöhte Investitionen der Wirtschaft nötig sein und sicher auch Risikoaufschläge durch sich ändernde Risikolagen und sich deutlich verteuernde Rückversicherungsverträge.

Die vorher erwähnten Lieferketten sind ja nur ein Risikobereich, wenn man des Weiteren an die vermehrt auftretenden Elementarereignisse und die deutlich höhere Bedrohungslage durch Cyberkriminalität denkt. Wir müssen die sehr dynamische Situation aufmerksam beobachten und hier gemeinsam mit unseren Maklern und Kunden versuchen, eine wirtschaftlich und risikotechnisch vertretbare Lösung zur Risikotragung zu schaffen. Hier ist wie gesagt eine erhöhte Risikoprävention, aber sicherlich auch eine erhöhte Eigentragung der Kunden in einigen Bereichen eine Lösungsoption. 

Neben all diesen Aspekten ist das Thema Nachhaltigkeit fast ein wenig in den Hintergrund geraten. Dennoch bleibt es ja ein großes Vorhaben der Versicherer. Was bedeutet dies für den KMU-Versicherungsmarkt? 

Das ist eines meiner Lieblingsthemen. Die aktuelle Diskussion um den Klimawandel und die Nachhaltigkeit wird von vielen Marktteilnehmern eher als Risiko oder Bedrohung gesehen. Keine Frage, hierdurch entstehen neue Risiken oder bestehende verschärfen sich. Ich sehe für uns als Mittelstandsversicherer hier aber auch und vor allem Chancen. Die Dynamik, die durch neue Technologien und sich verändernde Geschäftsmodelle entsteht, ist vor allem eine große Chance zur Lancierung innovativer Produkte für neue Kundenpotenziale.

Die neue Photovoltaikversicherung, die erst vor einigen Monaten von der Basler aufgelegt wurde, ist hierfür ein gutes Beispiel. Denken sie aber auch an die technologischen Veränderungen, neue Energiekonzepte und Produktionsprozesse. Hier können aufmerksame und kundenorientierte Versicherer punkten. Auch für völlig neu entstehende Wirtschaftssektoren ist dies interessant, gerade im Bereich der digitalisierten Services, des nachhaltigen Onlinehandels, der Produktion nachhaltig hergestellter Produkte oder auch der Logistik. Ein spannendes Feld! Bei der Basler wird Nachhaltigkeit großgeschrieben und ist ein Schwerpunkt unserer Unternehmenskultur. Dies zeigt auch unser ausgezeichnetes Nachhaltigkeitsrating.

Wird es diesbezüglich auch bald weitere spezielle Produkte geben? 

Selbstverständlich, da bin ich ganz sicher, dass sich hier einiges tun wird! Offen zugegeben, der Ist-Stand im Markt ist noch nicht befriedigend, da Nachhaltigkeit zumeist durch Zusatzbausteine abgefrühstückt wird. Wir haben jedoch bereits jetzt einige Produkte lanciert, die auf die nachhaltige Entwicklung oder auch nachhaltig denkende Kunden einzahlen.

Unsere einzigartige Produktpalette im Bereich der erneuerbaren Energien oder auch unser brandneues Angebot in der Elektronikversicherung sind sicher gute Beispiele. Ergänzungsdeckungen für die Versicherung von nachhaltig errichteten Gebäuden sind ein weiteres Beispiel, aber natürlich erst ein Anfang. In Zukunft wird es darauf ankommen, nachhaltig handelnde bzw. produzierende Kundengruppen zu identifizieren und gemeinsam mit den Vertriebspartnern aber auch Endkunden bedarfsgerechte und innovative Lösungen zu entwickeln. Die reine Produktbetrachtung wird hierbei zu kurz springen, sicher gilt es dabei auch herauszufinden, ob nachhaltig denkende und handelnde Kunden auch ein positiv verändertes Risiko darstellen.

Lassen Sie uns noch mehr auf den Vertrieb sehen. Ihre Produkte stellen Sie auf Gewerbeplattformen zur Verfügung. Wie verändert dies die Zusammenarbeit mit Maklern? 

Unsere Wirtschaft redet nunmehr seit Jahrzehnten davon, dass es darum geht, Doppelarbeiten zu vermeiden und die unnötige, nicht wertbringende Administration zu reduziere. Und jetzt kommen wir hier endlich entscheidend voran.

Dabei verändern sich die Wege, wie das Geschäft zu uns kommt. Digitalisierung ist das Schlagwort. Schon heute steigt der Anteil an Geschäft, das über Pools, Vergleicher oder andere Multiplikatoren zu uns kommt. Der Anteil wird weiter steigen und auch sonst werden wir deutlich mehr Geschäft über automatisierte Antragsstrecken erhalten, die in Verbindung mit Maklerverwaltungsprogrammen genutzt werden. Dabei haben wir die Überzeugung, dass das sogenannte Standardgeschäft durch die Maklerschaft immer digitaler – also auch über Gewerbeplattformen – eingereicht wird.

Hier darf es unsererseits nicht zu Fehleinschätzungen zu den weiteren vertrieblichen Notwendigkeiten kommen. Die digitalen Fähigkeiten eines Versicherers werden immer mehr zum Hygienefaktor, um bestimmtes Geschäft überhaupt machen zu können. Dazu kommen aber weiterhin – so wie in der Vergangenheit – dem Nasenfaktor und dem persönlichen Einsatz der zentralen und dezentralen Vertriebseinheiten eine zentrale Bedeutung zu. Zuverlässigkeit und Schnelligkeit gilt nicht nur für die digitale Strecke, sondern auch für die persönliche Betreuung der Vertriebspartner.

Gibt es denn zudem auch Fortschritte im Allgemeinen? Wie sieht es mit dem Ausbau von BiPRO-Schnittstellen aus? 

Zuallererst muss ich natürlich erwähnen, dass wir als Basler weiterhin auf Wachstumskurs sind und uns dies in allen Vertriebsbereichen und Segmenten gelingt. Wir wollen die Marktprofis davon überzeugen, dass wir der richtige Partner sind und freuen uns über immer mehr Aufmerksamkeit für unser Haus.

BiPRO und die dazugehörige Vergleicher-Strategie haben wir weiter fest im Fokus. So haben wir die TAA-Normen 426 (TAA = Tarifierung, Angebot, Antrag) für unsere Standardgewerbeprodukte umgesetzt und können Gewerbevergleicher direkt anbinden. Wir haben zudem als einer der ersten Versicherer die Schadennorm 503 umgesetzt und auch der Hygienefaktor Maklerpost 430.4 gehört nun dazu. Insgesamt ein weiterhin gutes Feld, um sich im Markt hervorzuheben, wir bleiben jedenfalls mit voller Kraft dabei zu digitalisieren aber auch gleichzeitig das Persönliche nicht zu kurz kommen zu lassen.

Vor etwa einem Jahr gab es in Ihrer Vertriebseinheit einige Veränderungen bzw. eine Art Zusammenlegung. Haben sich daraus im Laufe der vergangenen Monate nennenswerte Veränderungen ergeben? 

Wir haben innerhalb der Basler Sachversicherungs-AG die Vertriebsbereiche Maklervertrieb, Exklusivvertrieb und Vertriebsförderung zusammengebracht und ein starkes neues Team gebildet. Unser Ansatz war es von vornherein, nicht wie marktüblich alles neu aufzusetzen, sondern aus der Laufruhe heraus zu agieren und nach und nach sinnvolle Anpassungen vorzunehmen.

Wir haben unser Zwischenziel annähernd erreicht: Die Wege sind kürzer geworden, vertriebliche Themen werden mit einer Sprache adressiert und umgesetzt, der fachliche Austausch zur Zielerreichung ist auf ein tolles Niveau gehoben worden und die Vertriebskollegen wachsen immer mehr zusammen. Wir sind jetzt mehr als vorher in der Lage, gesamtheitlich auf die Basler zu sehen und Entscheidungen aus einem Guss zu treffen. Dabei herrscht der Grundsatz, was für den einen Bereich Sinn macht, kann auch für den anderen mit den jeweiligen Erfordernissen gespiegelt werden und wird daher direkt ohne Sollbruchstellen mitumgesetzt. Insgesamt ein super positives Fazit nach nunmehr knapp einem Jahr.

Das Interview lesen Sie in gekürzter Version auch in AssCompact 06/2022, S. 28 f., und in unserem ePaper.

Bild: © kegfire – stock.adobe.com

 
Ein Interview mit
Bernd Einmold