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5. Januar 2021
Konkrete Strategien für Makler: Gerade jetzt bieten sich viele Chancen

Konkrete Strategien für Makler: Gerade jetzt bieten sich viele Chancen

Corona ist gekommen, um zu bleiben. Wirtschaft, Unternehmen und Privathaushalte werden noch länger mit den Auswirkungen zu kämpfen haben. Das macht Märkte enger, Sorgen größer und Margen schmaler. Aber Corona schafft auch Freiräume durch mehr Zeit und mehr Fokus. Digitale Kommunikation und Tools bieten Chancen, und geändertes Konsumverhalten bringt neuen Kundenbedarf hervor – neue Produkte und Ideen können sich durchsetzen, sagt Andreas Buhr, Gründer und CEO von Buhr & Team.

Was können Makler und Finanzprofis jetzt konkret tun, um handlungsorientiert zu bleiben? Um weiter erfolgreich durch die Krise zu kommen und den Herbst und das so wichtige Jahresende als – zugegeben sehr herausfordernde – Chance zu nutzen? Denn wie jede Krise birgt auch diese nicht nur Unsicherheit, Angst und Verdruss, sondern eben auch eine klare „Aufforderung zum Tanz“! Hier meine konkreten Impulse und Strategien für weiterhin mehr Erfolg im Maklerbusiness.

Strategie I: Schneller und adaptiver werden, in und auch noch nach der Krise

Schauen wir auf das große Ganze: Jetzt ist die Zeit, jetzt haben Sie die Zeit – und wenn Sie sie nicht haben, sollten Sie sie sich nehmen –, stärker am (statt im) Unternehmen zu arbeiten. Strategische Entwicklungen in den Mittelpunkt zu rücken und Umsetzungsziele dafür zu entwickeln. Dazu gehören folgende:

1. Vision schärfen

Jetzt ist Zeit, um die Vision und Mission des eigenen Unternehmens zu überprüfen und zu schärfen.

2. Agilere Strukturen und Prozesse einführen

Beispielsweise ein agiles Management-Rahmenwerk wie das aus dem Silicon Valley stammende „Objectives and Key Results (OKR)“: Ziele und Kernergebnisse. Das ist ein smarter Ansatz für alle Unternehmen, leicht zu verstehen, ohne Einsatz aufwendiger Tools oder Techniken. OKR wirkt sich unterstützend auf die Mitarbeitermotivation aus und es macht den Makler als Unternehmer schneller und agiler. Was in der Konsequenz bedeutet: adaptiver handeln können unter sich ständig verändernden Marktbedingungen, regulatorischen Vorgaben und Kundenwünschen.

Adaptivität, also sich schnell und agil anpassen zu können, flexibel und kurzfristig zu handeln, ist heutzutage eine Kernkompetenz, die immer stärker über das Schicksal von Unternehmen entscheidet. „Pass dich sehr schnell an oder stirb“ – dieser evolutionäre Grundsatz wird in den nächsten Monaten und Jahren ganz radikal den Markt bereinigen. Das betrifft gerade auch den Makler: Gehören Sie zu den Gewinnern!

3. Netzwerke ausbauen

Keiner gewinnt allein. Da es kaum noch Geheimwissen gibt, nutzen Sie die Weisheit der vielen, die Schwarmintelligenz. Kommt natürlich darauf an, welcher Art Schwarm Sie sich anschließen, denn Menschen halten sich gern in Kreisen Gleichgesinnter auf. Es ist also relevant, wen und welche Institution Sie sich in Ihr Netzwerk holen. Experten, Wissenschaftler, Universitätsinstitute, Zukunftsforscher – da ballen sich neues Wissen, neue Marktdaten, Kenntnis über künftige Entwicklungen. Gründen Sie eine Mastermind-Gruppe mit dem Ziel, möglichst viele interessante Experten aus verschiedenen Bereichen zu Ihren Ideengebern und Perspektivwandlern zu machen.

Sprechen Sie mit Trainern, die wissen, wie Sie schneller oder sicherer in Krisenzeiten agieren und wie Sie besser daraus lernen und Dinge umsetzen. Andere Branchen, andere Unternehmer und Vertriebler – die haben andere Ansätze, Kunden anzusprechen, zu gewinnen, zu binden. Daher: Netzwerk immer jenseits der eigenen Insel aufbauen – das trägt zur nächsten Insel, wenn die Zeiten stürmisch sind. Wichtiger als Netzwerke in der eigenen Insel = Branche, da jammern nämlich womöglich alle am selben Problem herum.

4. Neue Kooperationen schließen

Gemeinsam ist der Kuchen immer größer, als wenn jeder mit seiner Gabel hektisch in den Krümeln herumfuhrwerkt. Größer denken. Grenzen auflösen. Gönnen können. Und dann auch die „Geschenke“ aus der Kooperation annehmen lernen. Wer leistet, darf auch ernten. Immerhin ist die Finanzdienstleistungsbranche ein Gamechanger: Die Lebenserwartung steigt, der Alterslastenquotient verschlechtert sich zuungunsten der Arbeitnehmer. Hinzu kommt, dass niemand die Auswirkungen von Corona auf den Arbeitsmarkt einschätzen kann. Wenn Sie expandieren können, dann wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, um die besten Leute ins Team zu holen.

5. Produktpalette überprüfen und ausbauen

Soweit die Versicherungsprodukte betroffen sind, sind vielen Maklern und Finanzdienstleistern natürlich etwas die Hände gebunden, aber im Wesentlichen bieten ja alle Anbieter gerade auch neue Produkte an oder sind an deren Entwicklung – beispielsweise Auslandsversicherungen, Auslandskrankenversicherungen und Krankenzusatztarife, betriebliche Angebote, Versicherungen rund ums Home-Office, Datensicherheit und Datenschutz etc. betreffend. Eine große Menge an neuen Bedarfen auf Kundenseite (B2B und B2C) entsteht – und damit auch eine Vielzahl an neuen Produkten, Zusatzmodulen, SecureTech-Apps und Angeboten seitens der Versicherer und Finanzdienstleister.

Hier gilt es, sich als Makler rasch aufzuschlauen und zu handeln. Haben Sie mit Finanzierungen zu tun? Geld ist günstig, der Immobilienmarkt läuft gut. Noch. Gleiches gilt übrigens für Anlageprodukte, da der Bankenverband und die Finanzdienstleistungswirtschaft mit einem Anstieg der Sparquote rechnen. Zwar wird ein Rückgang der verfügbaren Einkommen um 2% infolge von Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlust oder Mindereinkommen bei Unternehmen und Selbstständigen prognostiziert, gleichzeitig aber sparen die Deutschen größere Anteile der verfügbaren Einkommen aus Sicherheitsgründen und/oder wegen verminderten Konsums, vor allem auch bei Auslandsurlauben und Spaßevents sowie Kfz-Käufen. Die Geldvermögensbildung der privaten Haushalte in Deutschland wächst demgemäß sogar noch im Jahr 2020 – Geld, das sinnvoll angelegt werden möchte.

6. (Mehr) Wege finden, die eigene Expertise darzustellen

Beispielsweise, die Social-Media-Strategie auszubauen mit einer Podcast-Reihe mit Experten. Wie sieht es mit besseren Landingpages für Kundenbedarfe und -produkte aus? Ist ein Wikipedia-Eintrag möglich, sinnvoll? Wie spannend kann es sein, einen YouTube-Channel regelmäßig zu bespielen oder sich auf mehr kundenrelevanten Portalen darzustellen?

7. Bilanz aus den aktuellen Maßnahmen und Erfahrungen ziehen

Ideen für die Zukunft nach „C“, die Jahre 2021 ff., abzuleiten: Was haben wir gelernt, was ist gut gelaufen? Was können wir besser machen? Wie genau? Wie können wir das CRM endlich mal auf Vordermann bringen – welche Kategorien und Kundeninformationen machen jetzt zusätzlich Sinn?

8. Rekrutierungswege überlegen und ausbauen

Wie lassen sich jetzt neue Mitarbeitende finden und gewinnen? Welche zusätzlichen Wege bieten die verstärkten digitalen Kommunikationsmittel? Wenn sowieso auch alle Geistesarbeiter digital arbeiten, welcher Weg lässt sich noch beschreiten, diese als mögliche Bewerber zu adressieren? Video-Recruiting zu betreiben? Selbst auszubilden?

9. Introspektion betreiben

Wie werde ich noch besser als Makler, als Berater am Kunden, als Teamleader? Welche Weiterbildungen sollte ich selbst jetzt absolvieren, mich in welche Richtung weiterentwickeln?

Strategie II: Selbstführung und Mitarbeiterführung ausbauen

Machen statt meckern! Angst war noch nie ein guter Ratgeber, Meckern sowieso nicht. Erfolg ist schon immer auch eine Überwindungsprämie für Ihre Extra-Meilen und Ihre neuen Ideen und Kompetenzen. Auch: Kompetenzen der Selbstführung. Seien Sie der Leuchtturm in der Branche, bieten Sie Orientierung für Ihr Umfeld an. Können Sie beweisendes Vorbild sein? Für Ihr Team, für Ihre Kunden? Sie können jetzt bis auf Weiteres nicht mehr arbeiten wie gewohnt – also schaffen Sie sich selbst schnellstmöglich eine neue Struktur. Neue Routinen sind ein Schlüssel für Leistung und Ergebnisse. Früh aufstehen – und die gewonnene Fahrzeit (statt ins Büro oder zum Kunden) sinnvoll einsetzen: Podcast hören, Neues lernen, kreativ sein. Nutzen Sie die Gelegenheit für eine zusätzliche Sporteinheit am Morgen oder eine Meditationsübung, die Klarheit und Fokus bringt. Vielleicht auch zur Reflexion der grundlegenden Fragen dient, die Sie als persönliche Motivation durch den Tag und den Job tragen: Wofür bin ich als Makler da? Welchen Nutzen biete ich künftig für meine Kunden? Wie mache ich die Welt hier konkret etwas besser? Oder sogar: Was brauche ich in den nächsten Jahren, um selbst glücklich zu sein? „Gehabt zu haben“ befreit ja bekanntlich auch vom „Haben müssen!“.

Die „stille Stunde“ ist ein wirksames Instrument, um regelmäßig und konsequent gedanklich die kommenden Aktionen zu planen, neue Ideen zu entwickeln, sich zur Klarheit zu denken: Clean your Bag – alte Gewohnheiten ablegen, den „Rucksack aufräumen“, nenne ich das. Ärger loslassen, Ideen entwickeln, Kunden kategorisieren, Präsentationen verbessern, Produktunterlagen, Websites, Landingpages weiterentwickeln. Den Bestand sichten, schlafende Kunden reaktivieren, Telefonlisten erstellen – alles To-dos für die „stille Stunde“.

Ergebnisse sollten sichtbar sein. Neue digitale Tools ausprobieren. Videokonferenzen mit Mitarbeitern anlegen. Video-Calls mit Kunden ausmachen: zum Beispiel mit Zoom, MS Teams, Skype oder webEx – es gibt noch weitere neue Videokonferenz-Tools, die Sie für die Akquise nutzen können. Wer sich eine solche Struktur schafft, schafft sich selbst ein Gerüst und damit den Rahmen, um wirksam zu bleiben. Wer (zu viel) Zeit hat, wird nie fertig. Wir alle brauchen Routinen, Rituale und Rhythmus. Macht stark.

Diese Stärke wird gebraucht. Auch für andere, speziell Ihre Mitarbeiter. Gerade jetzt beweist sich Ihre Qualität, das eigene Team zu motivieren und – trotz Home-Office – wirksam zu führen. Führen heißt auch: Einschwören auf die gemeinsame Herausforderung. Change als Chance – Herausforderung als Motivation. Ständig erreichbar sein. Ein Ohr für Nöte haben. Verständnis für Organisationsprobleme aufgrund von Kinderhüten, kranken Eltern, Ausgangsverbot-Koller. Home-Office ist für alle ein fremd verordnetes Trainingslager für Engeüberwindung.

Wirksam zu führen, heißt jetzt daher auch, alle sinnvollen Möglichkeiten der digitalen Kommunikation und Kollaboration wie Videokonferenzsysteme, Webinare, Projektmanagementsysteme massiv zu nutzen und ideale Workflows für die digitale Zusammenarbeit zu erstellen. Arbeitspläne genauso wie Zeitpläne. Die Welt ist hybrid geworden. Präsenz und online gehören zusammen.

Sie sollten zwingend zu jeder Videokonferenz Handlungsprotokolle erstellen, denn erst das schafft aus dem virtuellen Laid-Back-Home-Office-Gespräch Verbindlichkeit. Es hilft, Routinen zu etablieren und Ordnung und Strukturen zu halten. Mitarbeiterführung muss weiter – im Sinne von körperlichem Abstand – und gleichzeitig enger werden. Enger im Sinne von: dem „Menschen Mitarbeiter“ auch menschlich näherkommen. Mehr Verständnis und mehr Vertrauen zeigen. Vertrauen ist eine Vorwärtsleistung: Mehr Vertrauen in den Leistungswillen von Menschen resultiert (meist) in tatsächlich mehr Outcome, mehr Vertrauen in das Können von Menschen ermöglicht diesen, sich zu beweisen und Bewerkstelligungsstolz zu entwickeln.

Strategie III: Verlässlich, sicher, stabil – Positives Image ist alles

Die Assets, die Sie mittels der ersten beiden Strategien aufgebaut haben, bilden das Rückgrat Ihrer Stärke im zeitlichen Fortlauf der Pandemie. Von dieser Stärke müssen Ihre Mitarbeiter und Ihre Kunden profitieren können. Mitarbeiter, Kunden und Ihr Umfeld brauchen jetzt vor allem: Sicherheit. Stabilität. Zuversicht. Das ist das positivste Image, das Sie in den Augen Ihrer Kunden derzeit haben können. Seien Sie also Dienstleister im besten Sinne des Wortes. Das heißt vor allem: da sein, Präsenz zeigen.

Social Caring und Physical Distancing statt Social Distancing! Regelmäßig motivierende Mails oder einen Newsletter mit Lichtblick-Corona-News respektive positiven Branchenentwicklungen versenden; immer einen Best-Practice-Case oder ein gutes Testimonial eines eigenen Kunden dranhängen. Jeden Tag konkret zehn „Kuschelcalls“ mit Kunden auf die Liste setzen. Diese „Kuschelcalls“ sind absichtslos in Hinsicht auf den aktiven Verkauf; stattdessen: Interesse am Menschen zeigen, ernsthaft nach Gesundheit und Wohlergehen der Kunden fragen, zuhören, Sorgen aushalten, aufrichten. Das zahlt alles auf die emotionale Bank, auf die Qualität der Beziehung ein. Wer sich jetzt proaktiv zeigt, wer Kontakt sucht und hält, der punktet. Alles kommt zurück im Leben. Früher oder später. Wer sich jetzt als Kunde menschlich begleitet und beraten fühlt, der bleibt Ihnen auch treu. Der erinnert sich, wenn die Zeiten wieder anders sind.

Und es wird eine Zeit nach der C-Krise kommen – doch das wird die Zeit vor der nächsten Krise sein. Wir werden lernen müssen, mit schwarzen und mit weißen Schwänen zu leben. Also mit bisher vollkommen unvorhersehbaren katastrophalen Szenarien (schwarze Schwäne) und mit vorhersehbaren schwierigen Großwetterlagen (wie Pandemien oder Folgen des Klimawandels), die nach allen Voraussagen immer schneller auf uns eintreffen werden. Also müssen wir uns jetzt besseres Rüstzeug beschaffen.

Jetzt ist die Zeit (und vielleicht haben Sie jetzt auch die Zeit), Weichen neu zu stellen und aus dem Umbruch einen Aufbruch zu machen!

Über den Autor:

Der Gründer und CEO von Buhr & Team für mehr Unternehmenserfolg ist Unternehmer, Vortragsredner und Autor des Buches „Vertrieb geht heute anders“, das inzwischen in der neunten Auflage erschienen ist.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2020, Seite 92ff., und in unserem ePaper.

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