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8. September 2023
Konsolidierung im Maklermarkt steht erst am Anfang

Konsolidierung im Maklermarkt steht erst am Anfang

Eine Konsolidierung des Versicherungsmaklermarktes ist nicht zu leugnen: Im Wochentakt folgen Neuigkeiten über Aufkäufe. Eine Diskussionsrunde auf dem „Trendtag Deutschland 2023“ brachte die Akteure zusammen und beleuchtete die dynamische Entwicklung.

Das gegenwärtige Übernahmegeschehen unter Versicherungsmaklerhäusern wird den Markt in den nächsten fünf bis zehn Jahren drastisch verändern. Schätzungen gehen davon aus, dass von etwa 30.000 Maklerhäusern wohl nur noch 5.000 bis 10.000 weiter existieren werden. Zumindest sind dies die Zahlen, die auf einer Podiumsdiskussion beim „Trendtag Deutschland 2023“ vergangene Woche in Würzburg gefallen sind. Unter der Leitung von Thomas Billerbeck (Versicherungsmakler) diskutierten Ralph Rockel (MRH Trowe), Julie Schellack (Martens & Prahl), Dr. Tobias Warweg (GGW Group) und Dr. Max Weinhold (Gothaer) über die Maklerkonsolidierung.

Verstärkte Private-Equity-Aktivitäten

Ausgangsbasis für die Diskussion sind die Beteiligungen ausländischer Investoren an deutschen Maklergruppen, die in den vergangenen Monaten insbesondere Industrie- und Gewerbeversicherungsmakler übernommen haben. Während diese Entwicklung in den USA und in UK schon weit fortgeschritten ist, steckt sie in Deutschland erst noch in den Kinderschuhen.

Zunächst wird in der Debatte deutlich, dass das Fremd- und Eigenbild der Aufkäufer deutlich auseinanderklafft. Von außen als Konsolidierer gesehen verstehen Tobias Warweg und Ralph Rockel ihre jeweilige Gruppe als Mitunternehmer, die die – je nach Modell integrierten oder weiterhin selbstständigen – Maklerunternehmen weiterentwickeln. Letztlich wolle man auch eine mittelständische Antwort auf die internationalen Großmakler sein, so Warweg.

Folgen für das Verhältnis Versicherungsmakler und Versicherer

Julie Schellack von Martens & Prahl betont, dass ihr Haus bereits lange am Markt tätig ist, es gerade das 125-jährige Bestehen feiert und sie eben nicht aufkaufen und übernehmen. Als Sparring-Partner würde man Maklerunternehmen, an denen man sich beteilige, unterschiedlichste Dienstleistungen anbieten, deren Nutzung aber den Unternehmen freigestellt sei. Sie wirft aber auch direkt einen Blick auf die Folgen für die Zusammenarbeit mit den Versicherern und stellt fest, dass kleinere Maklerhäuser bei Versicherern keinen festen Ansprechpartner mehr haben würden – im Gegensatz zu den größeren Maklergruppen.

Verbunden damit ist auch die Frage, ob sich das Machtgefüge zwischen den Versicherern und den großen Maklergruppen, die höhere Anforderungen haben und bessere Courtagen verhandeln können, verschiebt. Das will Dr. Max Weinhold von der Gothaer, die ihre Maklerbetreuungsstrukturen zuletzt umgestellt hat, so aber nicht stehen lassen. Erstens sei die Maklerlandschaft weiterhin heterogen und zweitens werde Geschäft da gemacht, wo Expertise sei – soll heißen, die Größe allein entscheidet nicht, sondern die Qualität. Zudem müsse man sich als Versicherer auf die unterschiedlichen Modelle einstellen, denn auch innerhalb des Segments der größeren Maklergruppen gebe es sehr unterschiedliche Vorstellungen.

Im späteren Verlauf der Diskussion zeigt sich, dass Warweg aber auch beim Verhalten der Versicherer im Allgemeinen einen Grund dafür sieht, dass sich immer mehr Maklerhäuser Gruppen anschließen würden. Das hinterlegt er mit Begriffen wie mangelnde Wordings, schlechte Erreichbarkeit und niedrige Servicelevels aufseiten der Versicherer. Ab einer gewissen Größe finde man eben doch mehr Gehör bei den Versicherern, so Warweg. Und: Es gehe gar nicht darum, Courtagen irgendwie nach oben zu katapultieren, sondern tatsächlich um das operative Geschäft.

Über Kapital und Rendite wird nicht gern gesprochen

Besonders lebhaft wird es in der Diskussion immer dann, wenn es um die Frage geht, welche Rolle die erwartete Rendite der Investoren spielt. Moderator Billerbeck bringt auf, dass großes Kapital irgendwann immer Rendite sehen will und die bisher vorwiegend familiengeführten Maklerunternehmen zum Kapitalmarktspiel werden könnten. Es ist ein Thema, das vonseiten der Aufkäufer in der Runde nicht ausgiebig beantwortet wird. Lieber spricht man davon, dass etwa die kulturelle Integration zwischen Käufer und Verkäufer nach einer Übernahme von zentraler Bedeutung dafür sei, wie gut sich Transaktionen letztlich auszahlen.

Zum Vor- oder Nachteil des Kunden?

Auskunftsfreudiger ist man bei der Frage nach den Auswirkungen auf die Kunden. Man könne den Kunden aufgrund der Aufstellung digitale Mehrwerte und breitere Beratungsfeder bieten sowie international begleiten, so Rockel von MRH Trowe. Schellack dagegen sieht das Engagement von ausländischen Private-Equity-Investoren mit Blick auf die Kunden deutlich kritischer. So macht die Aussage „Der Kunde als Spekulationsobjekt“ ganz allgemein die Runde.

Wie geht es weiter?

Abschließend ging der Blick des Panels dann noch Richtung Zukunft. Tobias Warweg ist etwa davon überzeugt, dass es künftig viel, viel weniger Makler geben werde und dies in allen Segmenten, also auch über das Segment der Gewerbeversicherungsmakler hinaus. Er verkündet, dass sich die GGW Group entschieden habe, ab sofort auch kleinen Maklerbetrieben eine Heimatplattform anzubieten.

Dass die Konsolidierung weitergehe, da war sich die Runde sowieso einig. So auch Max Weinhold, der noch dafür plädierte, viel stärker gemeinsam an einem Strick zu ziehen. Denn man müsse die Anstrengungen, Nachwuchskräfte für die Branche zu gewinnen, erhöhen. Nur mit gutem Personal ließen sich die Herausforderungen überhaupt meistern.

Rockel geht davon aus, dass die Konsolidierung auch dazu führen werde, dass sich Makler immer stärker spezialisieren, Risiken besser verstehen und neue Technologien einsetzen werden. In fünf Jahren werde man ein deutlich professionalisiertes Umfeld sehen und Makler werden einen sehr, sehr hohen Wert im Risikotransfer-Prozess einnehmen.

Und auch Schellack zeigt sich optimistisch. Sie geht davon aus, dass es zwar weniger Maklerbetriebe geben werde, aber eine ausreichende Anzahl solcher, die selbstständig unternehmerisch tätig bleiben und die mit deutlich verbesserten Prozessen ihre Kunden qualifiziert beraten und mit persönlichem, menschlichem Engagement begegnen werden.

Keine Option, sondern eine Notwendigkeit

Als gemeinsamen Nenner könnte man also finden: Die Konsolidierung ist nicht mehr nur eine Option, sondern vielmehr auch eine Notwendigkeit, um als Makler im hart umkämpften Markt bestehen zu können. Die demografische Entwicklung, der Fachkräftemangel und auch die erforderlichen Investitionen in Digitalisierungsprozesse werden dabei wesentliche Treiber sein. (bh)

Bild v.l.n.r.: Dr. Max Weinhold (Vertriebsvorstand Gothaer), Ralph Rockel (MRH Trowe), Thomas Billerbeck, Geschäftsführer Billerbeck GmbH Unabhängige Versicherungsmakler, Julie Schellack (Martens & Prahl), Dr. Tobias Warweg (GGW Group, im Hintergrund). © Alex Muchnik

 

Hier geht es zur Bildergalerie zum „Trendtag Deutschland 2023“ am 05.09.2023 in Würzburg.