Alle zwei Jahre führt der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute e. V. (BVK) zusammen mit Prof. Dr. Matthias Beenken und Prof. Dr. Lukas Linnenbrink von der Fachhochschule Dortmund eine Strukturanalyse der Vermittlerbranche durch. Sie untersucht u. a. Aspekte der demografischen Struktur, Einkommenssituation, Altersentwicklung und die Bereitschaft zum Vertriebswechsel.
Kostenschere in den Vermittlerbetrieben
Die aktuellen Zahlen zeigen: Die Einnahmen steigen – je nach Vertriebsweg – zwischen rund 2% bei Mehrfachvertretern und fast 4% bei Maklern. Der Exklusivvertrieb liegt mit knapp 3% im Mittelfeld, punktet aber im Fünfjahresvergleich mit einem Gewinnplus von 3,8% und einem Umsatzwachstum von 6%.
„Insbesondere in Sachversicherungssparten profitierten die Vermittler von der Inflation, so u. a. in der Gebäude- und der Kfz-Versicherung“, sagt BVK-Präsident Michael H. Heinz. „Hier hat die Teuerung am Bau und die Schadeninflation zu deutlich steigenden Bestandsprämien geführt. Deshalb berichten alle drei Vertriebswege über eine Steigerung ihrer Sachbestände von über 5% im zurückliegenden Jahr.“
Die Kosten sind allerdings mit 4% schneller gestiegen als die Einnahmen, hat die Analyse ergeben. Deshalb haben 26% der Vermittler ein Kostenproblem, weil die Einnahmen gefallen oder gleich geblieben sind, während die Kosten stiegen. Immerhin berichten 57% von einer einigermaßen ausgeglichenen Entwicklung.
Die FH Dortmund weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass diesem Kostenproblem auch die zunehmende Digitalisierung nicht entgegenstehe. Der Anteil der Vermittler, auf deren Webseiten die Kunden Versicherungen online abschließen können, gegenüber der Vergleichsstudie vor zwei Jahren weiter gestiegen, auf nunmehr 83%. Der Anteil des digitalen Neugeschäfts und damit der Provisionseinnahmen bleibt bei den allermeisten der Befragten weiterhin gering. Rund jeder siebte Befragte gibt an, gar kein Geschäft online abgeschlossen zu haben. Gut jeder Zweite schafft zwischen 1 und 2% Geschäftsanteil online.
Leicht gestiegen ist auch die Wechselbereitschaft im Exklusivvertrieb um 3% auf einen Anteil von 13,6%. Dabei können sich 61% der Wechselwilligen vorstellen, Makler zu werden.
Mitarbeiter sind Wachstumstreiber
Ein zentrales Ergebnis der Strukturanalyse betrifft außerdem den Faktor Personal. Denn zwischen Personalstärke und Umsatz bestehe nämlich ein klarer Zusammenhang. „Eine kluge Arbeitsteilung steigert die Abschlussproduktivität und damit auch den Gewinn – vorausgesetzt, die Betriebsleitung verfügt über das nötige Führungswissen“, betont Prof. Dr. Matthias Beenken. „Rechnerisch bringt jeder Mitarbeitende knapp 69.000 Euro mehr Umsatz.“
Insgesamt zeigt sich der klassische Versicherungsvertrieb laut BVK weiterhin robust und wirtschaftlich stabil, trotz regulatorischer Herausforderungen und ausbleibender Reformimpulse. Besonders der Exklusivvertrieb behauptet sich unter schwierigen Rahmenbedingungen einer zunehmenden Regulatorik.
Nachfolgeproblem rückt näher
Die FH Dortmund geht in ihrer Meldung zur Analyse außerdem weiter auf das Nachfolgeproblem in der Vermittlerbranche ein. Die Studie zeigt, dass deutlich mehr als die Hälfte der Befragten über 50 Jahre alt und wird in den nächsten Jahren eine Nachfolgeregelung benötigen. Aber nur ein Drittel habe bereits Regelungen getroffen oder plane diese konkret. Gleichzeitig befinden sich weniger als 15% im typischen Existenzgründungsalter unter 40 Jahren.
„Die demografische Entwicklung im selbstständigen Versicherungsvertrieb gibt weiter Anlass zur Sorge“, kommentiert Prof. Dr. Matthias Beenken die Ergebnisse. „Die geburtenstarken Jahrgänge verabschieden sich in den Ruhestand, während die jungen Generationen deutlich kleiner sind und eine riskante Unternehmertätigkeit weniger attraktiv finden.“ (mki)
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