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18. Dezember 2025
Kürzung der Unfallversicherung bei Vorerkrankungen
Kürzung der Unfallversicherung bei Vorerkrankungen

Kürzung der Unfallversicherung bei Vorerkrankungen

Ist die Medikamenteneinnahme durch eine Grunderkrankung bedingt und beeinflusst diese die Unfallfolgen, darf die Leistung aus einer Unfallversicherung um den Mitwirkungsanteil von Krankheiten und Gebrechen gekürzt werden. Eine unmittelbare Mitwirkung ist dafür nicht erforderlich.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 03.12.2025 klargestellt, wie § 8 der Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB 94) zu verstehen ist, wenn unfallfremde Krankheiten oder Gebrechen an den Unfallfolgen beteiligt sind. Gegenstand war ein Unfallversicherungsvertrag mit einer Todesfallleistung von 25.564,59 Euro. Bezugsberechtigt waren Mutter und Tochter des Versicherungsnehmern, die den restlichen Anspruch nach einer Teilleistung des Versicherers gerichtlich geltend machten.

Der Versicherte litt an einer Gerinnungsstörung (Faktor-V-Leiden-Mutation) und nahm regelmäßig Medikamente ein, die seine Blutgerinnung beeinflussten. Am 13.01.2022 stürzte er, zog sich eine leichte Kopfverletzung zu und wurde einen Tag später zu Hause bewusstlos aufgefunden. Kurz darauf verstarb er an einer Hirnblutung. Der Versicherer kürzte die vereinbarte Todesfallleistung um 30%, da die Vorerkrankung das Ausmaß der Unfallfolgen erheblich beeinflusst hatte. Nach Vorlage eines privatärztlichen Gutachtens zahlte er 17.895,21 Euro, die Klägerinnen forderten den Restbetrag von 7.669,38 Euro ein, blieben aber in den Vorinstanzen erfolglos.

Bedingungen lassen Leistungsminderung aufgrund Vorerkrankung zu

Der BGH bestätigte die Kürzung. Entscheidend war, dass § 8 AUB 94 eine Leistungsminderung zulässt, wenn Krankheiten oder Gebrechen an den Unfallfolgen mitgewirkt haben, und dass es dafür nicht auf eine unmittelbare Mitwirkung ankommt. Die Faktor-V-Leiden-Mutation des Verstorbenen galt als Krankheit im Sinne der AUB, da sie ärztlicher Behandlung bedurfte. Die Behandlung mit blutverdünnenden Medikamenten führte zwar zu einem medizinisch gewünschten Zustand, erhöhte jedoch das Risiko unfallbedingter Folgen und war damit kausal für die Unfallfolgen mitursächlich.

Der BGH hob hervor, dass Allgemeine Versicherungsbedingungen aus Sicht eines durchschnittlichen, verständigen Versicherungsnehmers auszulegen sind. Ein solcher würde § 8 AUB 94 so verstehen, dass unfallfremde Krankheiten grundsätzlich zu einer Kürzung führen, wenn sie an den Unfallfolgen mitwirken – gleich, ob die Mitwirkung direkt oder mittelbar erfolgt. Im Streitfall hatte die medikamentöse Blutverdünnung, die zur Behandlung der Grunderkrankung notwendig war, einen nicht beabsichtigten medizinischen Zustand verursacht, der ebenfalls als Krankheit im Sinne der Mitwirkungsklausel zu werten ist.

Krankheit beeinflusst Unfallfolgen

Die Entscheidung verdeutlicht, dass bereits bestehende Erkrankungen, selbst wenn sie durch Medikamente behandelt werden, bei der Berechnung der Versicherungsleistung berücksichtigt werden können, sofern sie die Unfallfolgen beeinflussen. Das Gericht stellte klar, dass Ausschlussklauseln eng auszulegen sind, § 8 AUB 94 jedoch ausdrücklich keine Beschränkung auf unmittelbare Mitwirkungen vorsieht. Die Grunderkrankung führte zu einem erhöhten Thrombose- und Lungenembolierisiko, was die Behandlung mit blutverdünnenden Medikamenten erforderlich machte und dadurch die Unfallfolgen beeinflusste. Damit war die Erkrankung kausal an der Gesundheitsbeeinträchtigung beteiligt. (bh)

BGH, Urteil vom 03.12.2025 – Az: IV ZR 185/24

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