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14. Juni 2019
Lebensversicherer bauen Kapitalausstattung aus

Lebensversicherer bauen Kapitalausstattung aus

Die Aussagekraft von Solvenzquoten ist umstritten. Für Versicherungsmakler und Kunden ist sie dennoch eine von mehreren Kennzahlen, die Aufschluss über die finanzielle Lage und Risikotragfähigkeit der Versicherungsunternehmen geben. Bei den Lebensversicherern hat sich die Solvenzquote nun erneut verbessert. Ein Direkt- und ein Maklerversicherer erzielen die höchsten Werte bei einer Bewertung ohne Inanspruchnahme von Hilfsmaßnahmen. Am unteren Ende stehen Versicherer, deren LV-Geschäft sich im Run-off befindet.

Die Solvenzquote (SCR-Quote) zeigt vereinfacht dargestellt auf, ob Versicherer über genügend Kapital verfügen, um auch in Extremszenarien ihre Risiken bedecken zu können. Die Quote ist Teil des Solvency-II-Regimes und kann auf verschiedene Arten berechnet werden – etwa mit dem sogenannten Standard-Modell oder einem individuellen gesellschaftsinternen Modell. Gleichermaßen können Versicherer Hilfsmaßnahmen in Anspruch nehmen. Dazu zählen die Volatilitätsanpassung und Übergangsmaßnahmen. Allein diese beiden Faktoren zeigen, dass eine Vergleichbarkeit der Quoten schwierig ist.

Der aktuelle map-report 909 hat die Solvenzquoten von Lebensversicherern und privaten Krankenversicherungen nun unter der Lupe betrachtet und dabei bewusst die genannten Faktoren beachtet.

Positive Entwicklungen in der Lebensversicherung

Von insgesamt 83 untersuchten Lebensversicherern nutzten 72 Gesellschaften die Standardberechnung, die übrigen elf ein internes System. 46 Versicherer machten von Übergangsmaßnahmen für versicherungstechnische Rückstellung und Volatilitätsanpassung Gebrauch. Zehn Lebensversicherer nutzten ausschließlich die Übergangsmaßnahmen, weitere zehn Unternehmen setzten ausschließlich auf Volatilitätsanpassung. Die WWK nutzte die Übergangsmaßnahme für risikofreie Zinssätze gemäß § 351 VAG in Kombination mit der Volatilitätsanpassung. So weit die Ausgangslage der Untersuchung im Bereich Leben.

Die Untersuchung zeigt, dass sich im Gesamtmarkt der Lebensversicherung die Solvenzquote in den vergangenen zwölf Monaten positiv entwickelt hat, was auch auf die Erleichterungen bei der Zinszusatzreserve (ZZR) zurückzuführen ist. Ohne Übergangsmaßnahmen beträgt sie demnach 234,6% (Vorjahr 227,4%). Die höchsten Quoten erreichen hier EUROPA mit 912,1%, Dialog mit 769,1%, ERGO Direkt mit 703,0%, DLVAG mit 612,8%, Condor mit 550,4%, Dortmunder mit 523,1% und Continentale mit 513,7%.

Am unteren Ende der Skala verfehlen aktuell ein Dutzend Versicherer die 100%-Marke. Vor der Insolvenz stünden sie damit aber noch lange nicht, erklären die map-report-Analysten. Es mangele ihnen nicht an Eigenmitteln, sondern an Risikotragfähigkeit. Gemessen an ihrer aktuellen Bestandsmischung würden sie nicht über ausreichend Kapital verfügen, um eine Situation zu überstehen, die rechnerisch in einem von 200 Jahren eintrete. Die Schlusslichter Rheinland mit 22,6% und Frankfurt Münchener mit 4,8% befinden sich beide im Run-off. Der map-Report zeigt daneben aber auch detailliert auf, wie sich die Quoten bei Inanspruchnahme von Hilfsmaßnahmen darstellen.

Krankenversicherer für Solvency II gut gerüstet

Etwas weniger steht die Solvenzquote bei den privaten Krankenversicherern im Blickfeld, da die Gesellschaften bei Bedarf ihre Beiträge erhöhen können. Auf diese Weise schultern nicht sie selbst, sondern ihre Versicherten einen Großteil des Risikos, heißt es im map-report. Das schlage sich in hohen SCR-Quoten nieder. Dabei liegt die Bandbreite zwischen 988,8% (Freie Arzt- und Medizinkasse) und 179,4% (ERGO Direkt). Marktneuling ottonova erreicht sogar eine Quote von 2.039%. Im Gesamtmarkt sank die SCR-Bedeckung ohne Volatilitätsanpassung und Übergangsmaßnahmen leicht von 478,7% (2017) auf 455,7% (2018).

Von 37 Krankenversicherern ermitteln vier Unternehmen ihre SCR-Quote nach einem internen Verfahren. Fünf setzen auf Volatilitätsanpassung, eines auf Übergangsmaßnahmen für versicherungstechnische Rückstellungen und ein weiteres Unternehmen auf beide Maßnahmen.

Der map-report Nr. 909 – „Solvabilität im Vergleich“ kann gegen Gebühr bei service@fb-research.de bezogen werden. Eine Kurzzusammenfassung gibt es hier. (bh)