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19. November 2021
Maklernachfolge: Kopf in den Sand stecken gilt nicht

Maklernachfolge: Kopf in den Sand stecken gilt nicht

Unter Druck zu verkaufen, sollte keine Option sein. Das gehört zum 1x1 von Vertriebsprofis. Wer sich als Versicherungsmakler rechtzeitig um seine Nachfolge kümmert, findet eher einen starken Partner. Aber das Maklerbarometer 2021 zeigt, wo es aktuell brennt.

Von Efstratios Bezas, Leiter Vertrieb der Policen Direkt Versicherungsvermittlung GmbH

Die wichtigste Erkenntnis: Maklernachfolge und Digitalisierung schließen sich nicht aus. Im Gegenteil, der Grad der Digitalisierung ist entscheidend für den Wert des Lebenswerkes. Nicht wenigen wird das aktuell schmerzlich bewusst. Gerade älteren Versicherungsmaklern scheinen die Digitalisierungsanforderungen über den Kopf zu wachsen. Das ist ein zentraler Befund des jüngst veröffentlichten Maklerbarometers.

75% der über 65-Jährigen wollen nicht mehr digitalisieren oder wollen es selbst machen, was einer Kapitulation vor dem Thema gleichkommt. Sie verbringen mittlerweile mehr Zeit mit Bürokratie und IT als mit Kundenbetreuung. Das sind ausgerechnet – laut Umfrage – auch noch die beiden unbeliebtesten Themen. Dass über 70% dieser Altersgruppe die Nachfolge noch nicht geregelt haben, passt ins Bild und verdeutlicht den Ernst der Lage.

Den Kopf in den Sand stecken gilt dabei nicht – ein Makler-Run-off birgt schließlich zu viele Risiken. Neben Haftungsfragen und Regulierungsanforderungen wie durch die DSGVO steht der Hinterbliebenenschutz im Mittelpunkt. Dass es Auswege aus der misslichen Lage gibt, zeigen wir Maklerkollegen fast täglich auf. Denn die geeignete Nachfolgelösung ist die elementare Voraussetzung, um Risiken wie massivem Bestandsabrieb vorzubeugen und damit im Ruhestand weiterhin vom Lebenswerk zu profitieren. Drei Fragen sind hierfür zentral und sollten jedem auf den Nägeln brennen:

Wie finde ich das beste Angebot und mit welchem Nachfolger bin ich auf der richtigen Seite?

Wer seinen Bestand unbetreut auslaufen lässt und nur auf Anfrage berät, verliert Kunden und damit Bestandscourtage. Deshalb sollte auf der Aufgabenliste unbedingt stehen, schnellstmöglich den Weg Richtung Nachfolge einzuschlagen. Ein Unternehmens- oder Bestandsverkauf (Share Deal oder Asset Deal) kann schwerwiegende Einschnitte im Rentenalter verhindern. Der Unternehmensverkauf lohnt sich in der Regel ab 250.000 Euro Bestandscourtage. Der Bestandsverkauf im Allgemeinen und das Rentenmodell im Speziellen sind ein Riesenfortschritt bei der Bewertung. Makler erzielen damit ein Vielfaches des bis dato realisierbaren Verkaufspreises.

Der Versicherungsmakler überträgt den Bestand, erhält je nach Modell bis zu 100% seiner Bestandscourtagen und kann seine Hinterbliebenen dazu noch mit absichern, und das bereits auch während seiner aktiven Phase als Makler. Mittlerweile gibt es verschiedene Rentenmodelle, diverse Online-Rechner geben hier eine erste Orientierung. Bei den Prognosen ist darauf zu achten, an welcher Stelle in der Berechnung Variablen eingebaut sind und welche Kosten anfallen. Diese Berechnung können für die erste Orientierung hilfreich sein, es empfiehlt sich jedoch, mit dem potenziellen Übernehmer in Kontakt zu treten und den persönlichen Austausch zu suchen.

Wie lässt sich die Übergabe optimal gestalten?

Die nächste Frage dreht sich um die Umsetzung der Pläne. Gerade eine Maklerrente ist Vertrauenssache, manch einer fürchtet Umdeckungen, andere sorgen sich um den Insolvenzschutz beim Käufer. Es empfiehlt sich deshalb, den Interessenten genau unter die Lupe zu nehmen. Das Käuferunternehmen sollte breit und sicher aufgestellt sein – schließlich soll eine Rente bis zu 30 Jahre lang gezahlt werden können. Weiter ist es wichtig, wer die Nachfolge in der Kundenbetreuung antritt? Werden Bestände an Poolmakler weitergegeben oder betreut der Nachfolger selbst?

Um attraktive Rentenmodelle anzubieten, müssen die Prozesse bei der Bestandsübertragung schlank und automatisiert sein. Nur professionelle Unternehmen können mit ihrem Service dauerhaft zufriedene Kunden gewährleisten und damit auch die Bestandscourtage erhalten.

Aus dem Vertragswerk mit dem Nachfolger sollte klar hervorgehen, wer die Bestandsübertragung tatsächlich durchführt. An dieser Stelle geht es um Optimierung der Datenqualität und auch darum, die richtigen Ansprechpartner bei den Versicherern zu kennen, um Übertragungen anzuzeigen oder zu forcieren. Kleineren Käufern fehlen hier oft Kapazitäten und Expertise.

Wie wird mein Maklerunternehmen überhaupt nachfolgefähig?

Gerade Einzelmakler sind technisch mehrheitlich nicht mehr auf der Höhe, fast die Hälfte verwaltet ihre Kunden ausschließlich über Aktenordner und mithilfe der Büroassistenz. Wenn Organisation am Wissen einer Person hängt, kann von Digitalisierung keine Rede sein. Entscheidend für den Unternehmenswert ist nämlich allein, wie gut es an einen potenziellen Nachfolger übergeben werden kann. Wer hier nicht ansetzen kann oder will, sollte die Reißleine ziehen und den Bestand verkaufen, bevor es zu spät ist. Alle anderen sollten als ersten Digitalisierungsschritt die Kunden- und Vertragsdaten zentral zugänglich zu machen. Das kann über ein MVP oder ein Maklerportal sein. Nur so kann ein Käufer mit dem Bestand wirtschaften.

Bei rein analogen Beständen kann es leider sein, dass nicht komplett übertragen wird. Es wird aber bei Bestandsverkäufen nur vergütet, was tatsächlich an Courtagen auf den Käufer übergeht. – „Schlechte Daten, schlechter Preis; gute Daten, guter Preis.“ Hier verbessert einer seine Verhandlungsposition, wenn er neben den Kunden- und Vertragsdaten auch Maklervollmachten und Makleraufträge im Blick hat. Mit Rechtsnachfolgeklauseln lassen sich hier viele Probleme vermeiden. Wenn die Schriftstücke dann noch die Einwilligung zur Kontaktaufnahme nach DSGVO enthalten, erleichtert das dem Neuen den Einstieg.

Nur mit neuer Technik kann einer mit den digitalen Größen mithalten und nur mit den beschriebenen Grundlagen wird ein Unternehmen überhaupt nachfolgefähig. Wenn einer nicht Unsummen investieren oder in seinen letzten Jahren zum IT-Spezialisten umsatteln will, bleibt die Option, das Digitalisierungs- und Nachfolgeproblem mit einem Partner anzugehen.

Professionelle Käuferunternehmen haben hier die Expertise und vor allem auch die gleichen Interessen – den langfristigen Erhalt des Bestands und der damit verbundenen Courtagen. Sie gestalten mit Maklern gemeinsam eine Übergangsphase. So verteilt sich der Digitalisierungsdruck auf mehrere Schultern und es wird am Ende tatsächlich nur die Technologie verbaut, die es für den effizienten Vertrieb braucht – Licht am Ende des Tunnels für die leidgeprüften Einzelkämpfer.

Diesen Artikel lesen Sie auch in AssCompact 11/2021, Seite 94 f., und in unserem ePaper.

Bild: © olly – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Efstratios Bezas