Ein Artikel von Andreas Grimm
Es hört sich so einfach an: Wenn aus eigener Kraft Wachstum nicht möglich ist, kauft man sich einfach einen Bestand dazu und schon läuft das mit dem erfolgreichen Unternehmertum als Versicherungs- oder Finanzmakler. Doch wer sich einfach mal so auf einen solchen Weg begeben möchte, dürfte nicht selten scheitern.
Ein Großteil der Finanz- und Versicherungsmakler in Deutschland sind Gewerbetreibende mit Umsätzen unter 150.000 Euro pro Jahr. Sie sind Einzelkämpfer oder beschäftigen im Regelfall ein bis zwei Teilzeitkräfte, die ihnen ein wenig bei der Terminierung, Abwicklung, Ablage und Buchhaltung helfen. Ein großes Vermögen oder gar die finanzielle Unabhängigkeit lässt sich mit einem Unternehmen dieser Größe allerdings selten erreichen.
Fehlt Zeit, fehlt Umsatz
In solch hohe Umsatzsphären schaffen es die meisten Makler allein deshalb nicht, weil sie durch reine Vertriebsarbeit die kritische Umsatzgröße nicht erreichen. Sie müssen in ihrer Arbeitsweise zu viel Zeit investieren und scheitern an der zur Verfügung stehenden Arbeitszeit. Somit entsteht auch kein freies Potenzial für Wachstum, also für die Einstellung von Mitarbeitern, die Investition in Systeme oder den Zukauf von Dienstleistungen, die das Unternehmen voranbringen.
Viele Makler, die in dieser Umsatzfalle sitzen und mangels Zeit nicht mehr Umsatz generieren können, liebäugeln damit, durch den Kauf eines Maklerbestands diese Grenze sprunghaft zu überschreiten. Die Hoffnung: mit diesem Umsatzsprung genügend Luft zu haben, um neues Personal zu bezahlen, Kampagnen zu finanzieren oder Systeme anzuschaffen.
Profitables Geschäftsmodell
Doch wer sich mit diesen Gedanken herumschlägt, sollte sich die Frage stellen, ob er in dieser Situation wirklich die richtige Entscheidung trifft. Schließlich hat er im Grunde doch gerade erst bewiesen, dass sein Problem eigentlich wo ganz anders liegt: in seiner Arbeitsweise und seinem Geschäftsmodell. Letzteres ist schlichtweg nicht profitabel genug. Holt sich ein solcher Makler weitere Kunden und ändert er nichts Grundsätzliches an seinem Geschäftsmodell, dürfte er nach einem Bestandskauf zwar mehr Kunden und etwas mehr Umsatz haben – aber eben nicht allzu lange und nicht zwingend mehr Ertrag. Schließlich braucht die Betreuung des Bestands mehr Zeit, und die ist ja jetzt schon nicht da. Außerdem will ein Darlehen bedient werden, das für die Finanzierung des Kaufpreises erforderlich war. Und neue Mitarbeiter – die wollen auch betreut werden und benötigen auch ihre Zeit.
Baustellen prüfen
Bevor ein Makler einen Bestand kauft, sollte er also ein paar andere mögliche Baustellen prüfen und lösen. Er sollte sein aktuelles Geschäftsmodell straffen. Effizientes Kundenmanagement bedeutet: Beratungszeit effizient gestalten, Verwaltungsprozesse möglichst automatisieren und das Onboarding neuer Kunden möglichst schlank organisieren. Fachkompetenz, Selbstdisziplin und höchstmögliche Digitalisierung sind da Pflicht.
Wer sein Unternehmen so vorbereitet, dem müsste eigentlich irgendwann langweilig werden, weil am Ende der Arbeit noch viel Zeit übrig ist. Das ist dann genau der Moment, in dem man statt mehr zu arbeiten einen Maklerbestand kaufen sollte.
Bleibt nur noch die Frage: Wo soll der herkommen? Gutes Thema für die nächste Kolumne.
Über den Autor
Andreas W. Grimm ist Gründer des Resultate Institut und beleuchtet an dieser Stelle regelmäßig Aspekte zur Nachfolgeplanung. Gemeinsam mit AssCompact hat er den Bestandsmarktplatz initiiert.
Diesen Beitrag lesen Sie auch in AssCompact 03/2024 und in unserem ePaper.
Bild: © The KonG – stock.adobe.com
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