Das Analysehaus MORGEN & MORGEN (M&M) hat die PKV-Branche in näheren Augenschein genommen und einem aktuellen „Rating KV-Unternehmen“ unterzogen. Die Geschäftsberichte zeigen demnach trotz anhaltend herausfordernder Situation im Schnitt stabile Zahlen. Die schwache Kapitalmarktsituation wurde laut M&M durch die Corona-Pandemie deutlich verschärft, wobei die Versicherer die Pandemie vor allem im Bereich der Kapitalanlagen zu spüren bekommen hätten, da die Finanzmärkte in der schon länger andauernden Niedrigzinsphase zusätzlich mit deutlichen pandemiebedingten Kurseinbrüchen und damit verbundener konjunktureller Unsicherheit zu kämpfen gehabt hätten, so die Analysten.
Neugeschäftseinbußen nur in bestimmten Bereichen
Die Bestände der PKV-Versicherten hingegen seien trotz Pandemiebedingungen stabil geblieben. Neugeschäftseinbußen habe es nur geringfügig bzw. in speziellen Bereichen wie zum Beispiel der Auslandsreiseversicherung gegeben. Dadurch sieht M&M die Vermutung bestätigt, dass Versicherte ihren Krankenversicherungsschutz in Pandemiezeiten nicht verringern. In der Zusatzversicherung sei zum Teil deutliches Wachstum zu verzeichnen gewesen. Die Entwicklung der Erfolgsgrößen, wie die der Quote der Zuführung zur Rückstellung für Beitragsrückerstattungen und die der versicherungsgeschäftlichen Ergebnisquote, stehe in keinem direkten Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Die Leistungsausgaben seien in Summe recht stabil: Pandemiebedingt höheren Ausgaben im Bereich von Prävention, Hygienemaßnahmen oder Tests stünden verminderte Ausgaben, beispielsweise aufgrund aufgeschobener Behandlungen gegenüber, und insgesamt seien weniger Gesundheitsleistungen in Anspruch genommen worden. Die PKV rechne allerdings mit einem verzögerten Anstieg der Leistungsausgaben in den kommenden Jahren: Aufgeschobene Behandlungen, in diesem Zusammenhang unerkannte Krankheiten, Langzeitfolgen von Covid-19-Erkrankungen und eine zeitlich verzögerte Belegeinreichung können die zukünftigen Leistungsausgaben erhöhen, weshalb die PKV-Versicherer mit der Bildung von Schadenrückstellungen reagiert hätten, kommentiert Thorsten Bohrmann, Senior Versicherungsanalyst bei MORGEN & MORGEN.
Fünfjahresvergleich der Bilanzkennzahlen von 30 Versicherern
Das aktuelle M&M-Rating KV-Unternehmen betrachtet zehn Bilanzkennzahlen von 30 privaten Krankenversicherern im Fünfjahresvergleich von 2016 bis 2020. Bei der Auswertung der Unternehmensdaten werden vielschichtige Faktoren wie Wechselwirkungen der Bilanzkennzahlen berücksichtigt. Jede bewertete Gesellschaft wird im Vergleich zu den anderen Marktteilnehmern beurteilt und damit einem Benchmarking unterzogen.
Fünf Versicherer ausgezeichnet, neun sehr gut
Im Vergleich zum Vorjahr konnten fünf anstatt drei Versicherer mit der Höchstbewertung von fünf Sternen („ausgezeichnet“) bedacht werden. Damit einhergehend gab es dann einen Rückgang der Vier-Sterne-Bewertung („sehr gut“), die diesmal von neun anstatt elf Versicherern erreicht wurde. Die restlichen Versicherer bestätigten ihre Ergebnisse des vergangenen Jahres: sechs erhalten mit drei Sternen eine „durchschnittliche“ Bewertung, sechs sind „schwach“ und erhalten somit zwei Sterne, vier bekommen lediglich einen Stern („sehr schwach“).
Nettoverzinsung sinkt erstmals unter 3%
Im Bereich der Erfolgs- und Leistungsgrößen sinkt die Nettoverzinsung im Geschäftsberichtsjahr 2020 erstmals unter 3% auf 2,8%. Nach einem Rückgang im Vorjahr verzeichnet die Versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote einen leichten Anstieg auf 13,1%. Die Verwaltungskosten bleiben mit 2,2% und die Abschlusskosten mit 6,1% konstant. Innerhalb der Wachstums- und Bestandsgrößen liegt die Wachstumsrate für natürliche Personen in der Vollversicherung wie im Vorberichtsjahr auch im Jahr 2020 bei minus 0,4%. Der Rückgang bleibt damit konstant niedrig. Die privaten Ergänzungsversicherungen verzeichnen weiterhin einen Zuwachs, bei einigen Versicherern sogar stark. Die Wachstumsrate steigt von 1,5 auf 2,3%.
Im Bereich der Kennzahlen zu Sicherheit und Finanzierbarkeit zeigt die Eigenkapitalquote einen leichten Rückgang. Die Rückstellungen für Beitragsrückerstattungen (RfB) sinken weiterhin, die RfB-Quote liegt bei 34,3%. Die RfB-Zuführungsquote bleibt aber konstant bei 10,7%. Einen Anstieg um 1,5 Prozentpunkte auf 18,5% verzeichnet die Bewertungsreservenquote. Grund hierfür ist M&M zufolge der Zinsrückgang am Kapitalmarkt. Die anhaltende Niedrigzinsphase beschäftigt die Branche weiterhin. Das schlägt sich primär in Rechnungszinssenkungen im Bestand nieder, die für den Kunden durch Beitragsanpassungen spürbar werden können. Bis 2012 wurden die Tarife mit einem Rechnungszins von 3,5% kalkuliert. Im Geschäftsjahr 2020 liegt der durchschnittliche Rechnungszins in den Beständen etwa bei 2,5%. Im Jahr 2019 lag er noch bei 2,6%. Die Tendenz ist weiter fallend.
Weitere Informationen zum M&M-Rating KV-Unternehmen gibt es hier. (ad)
Lesen Sie auch: PKV-Bilanzen: Krankenversicherer driften weiter auseinander
Bild: © Monster Ztudio – stock.adobe.com
- Anmelden, um Kommentare verfassen zu können