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Steuern & Recht
22. Januar 2016
Muss ein Vermittler intransparente Klauseln erkennen und darauf hinweisen?

Muss ein Vermittler intransparente Klauseln erkennen und darauf hinweisen?

Der BGH hat kürzlich Klauseln der Allianz-Riester-Rente für unwirksam erklärt, da diese intransparent sind. Müssen Makler, deren Kunden diese Klauseln in ihrem Vertrag haben, reagieren? Und wie sieht es mit einer verpflichtenden Vorabprüfung der Bedingungen durch den Makler auf möglicherweise intransparente Klauseln aus? Hierzu ein Gastbeitrag von Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke, Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte mit Urteil vom 13.01.2016 ( Az.: IV ZR 38/14 – siehe auch Bundesgerichtshof kippt Klauseln der Allianz-Riester-Rente) zwei Teilklauseln in den Bedingungen von Riester-Rentenversicherungsverträgen der Allianz, welche die Kostenüberschussbeteiligung der Versicherungsnehmer betreffen, für intransparent gehalten und deshalb für unwirksam erklärt. Damit bleibt es bei dem vorinstanzlichen Verbot des Oberlandesgerichts Stuttgart gegenüber dem Versicherer, diese Klauseln weiterhin in den Versicherungsverträgen zu verwenden.

Aus den Klauseln sei nämlich nicht ersichtlich, dass der Versicherer nur solche Kunden an den Kostenüberschüssen beteilige, die mit ihren sogenannten Eigenbeiträgen eine Summe von mindestens 40.000 Euro erreichen würden. So lautet die Begründung des BGH.

Umfassende Pflichten

Fraglich ist, welche Pflichten sich nun für den Versicherungsmakler ergeben. Im Versicherungsvertragsgesetz werden die Beratungspflichten des Versicherungsvermittlers geregelt. Nach § 59 Abs. 1 VVG fallen sowohl der Versicherungsmakler, als der Versicherungsvertreter unter den Begriff des Versicherungsvermittlers1. Neben dem Versicherungsmakler, der auf der Seite des Versicherungsnehmers und damit in seinem „Lager”2 steht, hat auch der Versicherungsvertreter, der im Interesse des Versicherungsunternehmens – also sein „Auge und Ohr“3 ist – Dokumentationspflichten zu erfüllen. Mithin hat der Vermittler seine Empfehlung hinsichtlich des Versicherungsabschlusses genauestens zu dokumentieren und zu begründen. Der Versicherungsmakler – als treuhänderischer Sachverwalter des Kunden4– hat gemäß § 61 Abs. 1 VVG gegenüber dem Kunden eine Befragungs- und Beratungspflicht. Weiterhin hat er eine Begründungs- sowie Dokumentationspflicht5, also unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages nach § 62 VVG zu dokumentieren (§ 61 Abs. 1 Satz 2 VVG).

Besonderheiten dokumentieren

Folglich sollten auch Besonderheiten der jeweiligen Versicherungsprodukte in der Dokumentation festgehalten werden, damit der Kunde über die entsprechenden Beteiligungsformen aufgeklärt wird. Hier könnte nun die aktuelle Entscheidung des BGH mit hineinspielen. Da nunmehr die Problematik der Kostenüberschussbeteiligung der Versicherungsnehmer bekannt ist und ebenfalls der Umstand, dass intransparente Klauseln verwendet wurden, sollte der Vermittler den Versicherungsnehmer auf den Umstand hinweisen, zumal diese Klauseln nur für die Zukunft nicht mehr verwendet werden dürfen, in aktuellen Verträgen jedoch vorhanden bleiben mit der Maßgabe, dass sie intransparent sind.

Hinweispflicht zur Kostenüberschussbeteiligung

Zu den Beratungspflichten gehören nach diesseitigem Verständnis ebenfalls die jeweilig verschiedenen Beteiligungsformen der Versicherer. Gerade unter dem Aspekt des LVRG 2014 (Lebensversicherungsreformgesetz), mit welchem eine geänderte Beteiligungsform hinsichtlich der Bewertungsreserven durchgesetzt wurde, besteht auch für den Vermittler die Hinweispflicht darüber, wie denn die Kostenüberschussbeteiligungen bei dem jeweiligen Versicherer vorgenommen werden, respektive die Versicherungsnehmer daran eine Rückbeteiligung erhalten.

Rechtsprechung muss in Beratung einfließen

Mit Sicherheit wird von dem Vermittler nicht erwartet werden können, Versicherungsverträge auf intransparente Klauseln zu überprüfen. Vielmehr wird jedoch im Einzelfall zu erwarten sein können, dass der Vermittler die Rechtsprechung des BGH verfolgt und demgemäß auch in seiner Beratung umsetzt. So wird hinsichtlich des aktuellen Urteils zu erwarten sein können, dass der Vermittler im Rahmen seiner Beratung den Versicherungsnehmer darauf hinweist, dass die entsprechenden Klauseln – wie diejenigen, welche dem BGH zur Überprüfung vorlagen – intransparent sein können.

Damit geht die Beteiligungsproblematik einher, sodass der Vermittler dokumentieren sollte, dass er den Versicherungsnehmer auf die jeweiligen Beteiligungsmodalitäten des Versicherers hingewiesen hat. Zumindest wird eine gewisse „Sensibilität“ für diese Thematik nach dem BGH-Urteil bei den Vermittlern zu erwarten sein können.

Für die Beratung des Vermittlers ergibt sich also Handlungsbedarf auf Basis der jüngsten Rechtsprechung des BGH, denn die Beratungspflichten des Vermittlers gehen bekanntermaßen „weit“.

Der Autor Björn Thorben M. Jöhnke ist Rechtsanwalt in der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Weitere Informationen gibt es hier.

Fußnoten

(1) vgl. Dörner in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 59, Rn. 1 ff.

(2) vgl. BGH, Urteil vom 25.09.2014, Az.: III ZR 440/13

(3) vgl. BGH, Urteil vom 11.11.1987, Az.: IVa ZR 240/86

(4) „Sachwalterurteil“ des BGH vom 22.05.1985, Az. IVa ZR 190/83

(5) vgl. Dörner in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl. 2010, § 61, Rn. 7 ff.

 
Ein Artikel von
Björn Thorben M. Jöhnke