AssCompact suche
Home
Vertrieb
20. August 2020
Nach Corona: Geht der Tattoo-Boom weiter?

Nach Corona: Geht der Tattoo-Boom weiter?

Tätowierer und Piercer hoffen für die Zeit nach der Krise auf eine Fortsetzung des Wachstums der vergangenen Jahre. Aber welche Besonderheiten der Zielgruppe gilt es zu beachten, um als Makler dieses Wachstum als Chance nutzen zu können? Antworten hat die INTER, die eine spezifische Betriebshaftpflicht anbietet.

Von Nico Locker, Bereichsleiter Maklervertrieb der INTER Versicherungsgruppe

Bei jedem Gang durch die sommerliche City, in jedem Park und Freibad sieht man es: Die Zeiten, da Tätowierungen und Piercings lediglich von wenigen Außenseitern zur Schau gestellt wurden, sind vorbei. Tattoos und Körperschmuck haben schon seit einiger Zeit nichts Anrüchiges mehr. Umfragen besagen, dass heute bereits jeder fünfte Deutsche – Männer wie Frauen – mindestens eine Tätowierung trägt. Der Nachfrage entsprechend hat sich auch die Zahl der Tattoo-Studios enorm erhöht: Sie stieg in den vergangenen zehn Jahren von etwa 3.000 auf nunmehr rund 7.000, hat sich also mehr als verdoppelt. Und ein Ende dieses Trends ist nicht abzusehen, auch wenn Studios von der Corona-Krise schwer getroffen wurden. Für die Zeit nach Corona hofft die Branche jedoch auf einen kräftigen Wiederaufschwung.

Zielgruppe mit viel Potenzial

Einer der Gründe dafür: Tattoos und Piercings sind mittlerweile allgemein gesellschaftlich akzeptiert und in der bürgerlichen Mitte angekommen. Dadurch entsteht eine wachsende Zielgruppe für die Versicherungsbranche, insbesondere im Bereich der Betriebshaftpflicht.

Vor diesem Hintergrund hat die INTER eine speziell auf die Bedürfnisse und Ansprüche von Tätowierern zugeschnittene Betriebshaftpflichtversicherung entwickelt. Sie deckt die gesetzliche Haftpflicht aus dem gesamten Betrieb eines Tattoo- bzw. Piercingstudios ab, angefangen vom klassischen Anbringen einer Tätowierung über Ohrlochdehnungen bis hin zu Bauchnabel- und Intim-Piercings. Da die Zielgruppe im Vergleich zu anderen noch relativ jung ist, ist das Wissen über sie noch nicht sonderlich verbreitet. Dabei ist es gerade in dieser Branche wichtig und hilfreich, als Makler über die Besonderheiten des Berufs Bescheid zu wissen.

Ein Beispiel: Tätowierer und Piercer lernen ihr Handwerk nicht wie in anderen Berufen im Rahmen einer formalen Ausbildung. Meist eignen sie sich Grundkenntnisse und -fähigkeiten in einem zwei- oder dreijährigen Praktikum an und machen sich danach selbstständig. Mit dem Thema Versicherung beschäftigen sich viele dabei allenfalls am Rande. Dabei gilt die Betriebshaftpflicht unter allen Experten als absolutes Muss für Selbstständige, auch für Betriebsgründer. Die Industrie- und Handelskammern zählen sie in einer Information für kleine und mittlere Unternehmen zur „Grundausstattung“ an Versicherungen und empfehlen: „Welche Policen tatsächlich notwendig sind, hängt von der Größe, der Branche und dem Geschäftsmodell des Unternehmens ab. Bei der Wahl der passenden Versicherung muss der Firmengründer vor allem seine spezifischen Schutzbedürfnisse im Auge behalten.“

Kenntnis der Rechtslage notwendig

Im Hinblick auf Tätowierer und Piercer bieten sich hier durchaus Chancen für Makler. Grundlage eines Beratungs­gesprächs sollte dabei immer eine fundierte Kenntnis der Rechtslage, speziell der wichtigsten Paragrafen des SGB V sein. Sie regeln die Leistungsbeschränkungen der gesetzlichen Kranken­versicherung bei einer selbst verschuldeten Krankheit. In § 52 heißt es: „Haben sich Versicherte eine Krankheit durch eine […] Tätowierung oder ein Piercing zugezogen, hat die Krankenkasse die Versicherten in angemessener Höhe an den Kosten zu beteiligen und das Krankengeld […] ganz oder teilweise zu versagen oder zurückzufordern.“

Das bedeutet für selbstständige Tätowierer: Kunden, die sich in ihrem Studio eine Krankheit zuziehen, könnten Behand­lungskosten, die ihnen ihre Krankenversicherung verweigert, beim Tätowierer einklagen und Schmerzensgeld verlangen. Als Selbstständiger haftet er unbegrenzt für Schäden, die er Dritten im Rahmen seiner Arbeit zufügt. Das gilt übrigens nicht nur für Krankheitsübertragungen durch unsaubere Nadeln oder Zangen, sondern auch durch „unmittelbare“ Übertragungen, zum Beispiel durch Anhusten. Beide Schadenfälle sollten über eine Betriebshaftpflicht für Tätowierer und Piercer abgedeckt sein.

Hausbesuche und freiberufliche Tätowierer

Eine weitere Besonderheit dieser boomenden Branche: Viele Tätowierer arbeiten nicht nur in ihrem Studio, sondern machen auch Hausbesuche. Für sie ist es deshalb ein entscheidender Faktor, dass der Haftpflichtschutz sowohl in den Betriebsräumen als auch in der Wohnung des Kunden besteht. Darüber hinaus sind auch freiberufliche Tätowierer, die im Studio eines Kollegen arbeiten, in der Betriebshaftpflichtversicherung zu berücksichtigen.

Aktuelle politische Entwicklungen

Generell kann es nicht schaden, wenn Makler auch über politische und gesetzgeberische Entwicklungen auf dem Laufenden sind. So ist zurzeit ein Verbot von zwei Farbpigmenten („Blau 15“ und „Grün 7“) im Gespräch. Gefordert hat das die European Chemicals Agency (ECHA). In der Begründung verweist die Agentur darauf, dass „diese beiden Pigmente durch die Kosmetikprodukt-Regulation bereits beschränkt wurden“. Wenn sie also nicht mehr auf der Haut erlaubt sind, sollten sie auch in der Haut verboten sein.

Hintergrund:

Beim Tätowieren gibt es kaum verbindliche gesetzliche Regelungen. Zwar wird beim Aufbringen eines Tattoos rund 3.000 Mal pro Minute die obere Hautschicht durchstochen, damit sich darunter die Farbe ablagern kann – dies gilt aber nur als „oberflächliche Verletzung“. Deshalb kann sich jeder relativ leicht und ohne Ausbildung mit einem entsprechenden Gewerbeschein als Tätowierer selbstständig machen. Mangels eigener Vorschriften und Gesetze gelten für die Branche die Regeln der Kosmetikindustrie. Verbote aus diesem Bereich werden auf die Tätowiertätigkeit übertragen. Sollte das aktuell diskutierte Pigmentverbot kommen (was noch nicht feststeht), könnte das unter Umständen auch Fragen der Betriebshaftpflicht berühren – etwa wenn ein Tätowierer sich die Farben illegal im Ausland beschafft. Als Makler, der in dieser Zielgruppe aktiv ist, sollte man die weitere Entwicklung unbedingt im Auge behalten.

Über mögliche Risiken aufklären

Was in jedem Beratungsgespräch erwähnt werden sollte: Der Versicherungsschutz einer Betriebshaftpflicht greift nur, wenn der Tätowierer oder Piercer seine Kunden vor der Behandlung ausreichend über mögliche Risiken aufgeklärt hat. Als zusätzlicher Service gehört eine Einverständniserklärung dazu, die als vorgefertigtes Formular unkompliziert ausgefüllt werden kann.

Tätigkeit und Verkauf

Der Verkauf aller in einem Piercing- oder Tattoostudio angebotenen Waren (zum Beispiel Pflegeprodukte oder Schmuck) sollte ebenfalls unter den Versicherungsschutz fallen, und zwar unabhängig davon, ob es sich um selbst hergestellte oder von einem externen Lieferanten bezogene Produkte handelt. Ob auch Besonderheiten wie Implants, Brandings, Schmucknarben und andere sogenannte Skarifizierungen in den Versicherungsschutz aufgenommen werden müssen, klären Makler am besten direkt im Kundengespräch. Ganz wichtig dabei: Makler sollten ihren Kunden entschieden von vermeintlich günstigen Billigangeboten abraten. Hier ergeben sich oft gravierende Deckungslücken.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 08/2020 und in unserem ePaper.

Bild oben: © alfa27 – stock.adobe.com

 
Ein Artikel von
Nico Locker