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30. Mai 2022
Nachhilfelehrer ist rentenversicherungspflichtig
Young teacher helping his student in chemistry class. Education, Tutoring and Encouragement concept.

Nachhilfelehrer ist rentenversicherungspflichtig

Weil er als „kleiner Selbstständiger“ gegen drohende Altersarmut abgesichert werden müsse, ist ein Franchisenehmer einer Nachhilfeeinrichtung rentenversicherungspflichtig. Laut Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen kommt es nicht auf das vertriebene Produkt sondern auf die soziale Schutzbedürftigkeit an.

Ein Lehrer hat seinem Rentenversicherungsträger mitgeteilt, dass er eine Nachhilfeeinrichtung betreibe und dort selbst unterrichte. Der Schwerpunkt liege nicht im Unterricht, sondern in der Organisation und Verwaltung. Daraufhin stellte der Rentenversicherungsträger die Versicherungspflicht des Nachhilfelehrers in der gesetzlichen Rentenversicherung fest. Dagegen klagte der Mann, das Sozialgericht Köln (SG) wies die Klage aber ab und das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat die Berufung des klagenden Lehrers zurückgewiesen.

„Kleine Selbstständige“ sind vor Altersarmut zu schützen

Er sei, so das LSG, genau der Franchisenehmer , der als sogenannter „kleiner Selbstständiger“ über die Regelung des § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI gegen drohende Altersarmut abgesichert werden solle. Maßstab sei das nach den Regelungen des Franchisevertrags verbleibende Ausmaß der wirtschaftlichen Unabhängigkeit und des unternehmerischen Gestaltungsspielraums. Die soziale Schutzbedürftigkeit von Ein-Mann-Franchisenehmern beruhe also nicht auf dem vertriebenen materiellen oder immateriellen Produkt, sondern auf der Macht- und Interessenkonstellation des Franchisevertrags.

Macht- und Interessenkonstellation im Franchisevertrag entscheidend

Laut Inhalt des betreffenden Franchisevertrags habe der Lehrer als Franchisenehmer weder rechtlich noch faktisch in nennenswertem Umfang unternehmerisch tätig werden können. Die Anmietung der Unterrichtsräume sei von der Zustimmung des Franchisegebers ebenso abhängig wie eine Verlagerung des Standorts innerhalb des Vertragsgebiets. Auch die Einrichtung und Ausgestaltung der Räume richte sich nach den Vorgaben des Franchisegebers. Der Franchisenehmer dürfe die Räume nicht zu anderen Zwecken nutzen und die Erbringung konkurrierender Dienstleistungen sei ihm nicht erlaubt. Bei der inhaltlichen Ausgestaltung seines Angebots sei der Franchisenehmer verpflichtet, die Kurse auf der Grundlage des vom Franchisegeber überlassenen Know-hows anzubieten, durchzuführen und dabei dessen Konzept zu übernehmen. Zudem sei der Franchisegeber zu Kontrollbesuchen und zur Einsicht in die Betriebsunterlagen berechtigt.

Der klagende Lehrer müsse schließlich im konkreten Fall weit mehr als 40% seiner Einnahmen abführen und sei an diese Vereinbarung für die Vertragslaufzeit von zehn Jahren gebunden, was seine wirtschaftliche Abhängigkeit zusätzlich unterstreiche. Das LSG hat die Revision zugelassen. (ad)

LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 09.02.2022 – L 3 R 662/21

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