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13. November 2017
Nachvertragliche Betreuung durch den Makler bei Bestandsübernahme

Nachvertragliche Betreuung durch den Makler bei Bestandsübernahme

Der Versicherungsmakler als treuhändischer Sachwalter muss Verträge auch nach Abschluss unaufgefordert weiter betreuen. Im Falle einer Bestandsübernahme gelten laut Rechtsprechung andere Regeln. Dies legt Rechtsanwalt Frank Baumann, Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, am Beispiel eines Urteils des Oberlandesgerichts Frankfurt dar.

Das OLG Frankfurt hat eine Klage durch Urteil vom 08.06.2016 (Az.: 4 U 223/15) abgewiesen, mit der ein Versicherungsnehmer seinen Versicherungsmakler in Regress genommen hatte, weil ihm nach einem Einbruchdiebstahl gestohlene Wertgegenstände (Schmuck) von der Hausratversicherung teilweise nicht ersetzt worden waren.

Der Fall vor dem Oberlandesgericht Frankfurt

Der Hausratversicherungsvertrag war nicht durch den verklagten Versicherungsmakler vermittelt worden. Vielmehr hatte der Versicherungsmakler den Hausratversicherungsvertrag im Jahre 2008 übernommen. In der Folgezeit wurde er in den Jahresrechnungen des Versicherers in der Betreff-zeile als Betreuer benannt. Zu einem persönlichen Kontakt zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherungsmakler kam es jedoch nicht. Im Jahr 2012, also vier Jahre später, wurden dem Versicherungsnehmer bei einem Einbruch Schmuck und Uhren im Gesamtwert von rd. 74.000 Euro gestohlen. Der Versicherer erstattete dem Versicherungsnehmer im Hinblick auf eine im Versicherungsvertrag vorgesehene Beschränkung des Versicherungsschutzes für Schmuck einen Betrag in Höhe von 20.000 Euro. Den Differenzbetrag begehrte der Versicherungsnehmer von dem Versicherungsmakler als Schadenersatz und warf ihm vor, seine Pflicht zur Aufklärung und Betreuung verletzt zu ha-ben. Der Versicherungsmakler wies darauf hin, er habe seine Verpflichtung zum Hinweis auf Wertgrenzen durch allgemein verständliche Hinweise, die in Newslettern enthalten gewesen seien, welche der Kläger unstreitig erhalten habe, erfüllt. Eine Pflicht des Versicherungsmaklers, den Kunden gezielt anzusprechen und nachzufragen, ob weitere in die Begrenzung fallende Wertsachen angeschafft worden seien, bestehe nicht.

Hinweis zur Hausratversicherung in Jahresrechungen reicht aus

Dieser Rechtsauffassung haben sich das Landgericht Limburg und das OLG Frankfurt angeschlossen. Das OLG Frankfurt hat betont, dass der Versicherungsmakler als treuhänderischer Sachwalter zwar erheblich weitergehende Pflichten als ein Versicherungsvertreter habe und er auch nach Vertragsschluss zu ständiger und unaufgeforderter Betreuung des Versicherungsvertrages verpflichtet sei. Eine Pflicht zur ungefragten Überprüfung des Versicherungsinteresses des Versicherungsnehmers und des tatsächlichen Versicherungsschutzes ergebe sich aber hieraus nicht.

Eine Bestandsaufnahme anlässlich der Übernahme des Vertrages in einen Betreuungsbestand oder gar eine jährliche Bestandsaufnahme mit Besuch beim Versicherungsnehmer seien nicht geboten. Im vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass der Versicherungsmakler den streitgegenständlichen Versicherungsvertrag nicht vermittelt und ihn auch nicht nachträglich geändert habe. Zugunsten des Versicherungsmaklers müsse darüber hinaus berücksichtigt werden, dass in den Jahresrechnungen des Versicherers im „Hinweis zur Hausratversicherung“ ausdrücklich danach gefragt worden sei, ob der Versicherungsnehmer neuen Hausrat angeschafft habe. Ferner sei ein Hinweis erteilt worden, die Versicherungssumme in diesem Fall zu überprüfen. Eines darüber hinausgehenden Hinweises des Versicherungsmaklers bedürfe es unter diesen Umständen nicht. Auch sei zugunsten des Versicherungsmaklers zu berücksichtigen, dass der Kläger die ihm übersandten Newsletter erhalten habe.

Bestandsübernahme selbst ist kein Anlass zur Prüfung

Das Urteil des OLG Frankfurt ist zunächst einmal zu begrüßen, denn den überzeugenden Entscheidungsgründen kann entnommen werden, dass auch nach Auffassung der obergerichtlichen Rechtsprechung die Haftung des Versicherungsmaklers nicht grenzenlos ist. In der Praxis stellt sich im Falle der Bestandsübernahme sehr häufig die Frage, wie schnell sich der übernehmende Versicherungsmakler mit den übernommenen Versicherungsverträgen beschäftigen muss. Das OLG Frankfurt hat nunmehr klargestellt, dass die Bestandsübernahme selbst keinen Anlass darstellt, die Versicherungsverträge zu überprüfen. Selbst das Erfordernis eines „Jahresgesprächs“ wird vom OLG Frankfurt infrage gestellt. Dies würde in der Konsequenz bedeuten, dass der Versicherungsmakler im Falle der Bestandsübernahme von sich aus zu einem weitergehenden Tätigwerden ohne konkreten Anlass nicht verpflichtet wäre.

BGH-Urteil verweist auf ungefragte Vertragsprüfung

So erfreulich die Entscheidung ist, so bleibt doch festzuhalten, dass der BGH mit Urteil vom 14.01.2016 (I ZR 107/14) betont hatte, dass es zu den Aufgaben eines Versicherungsmaklers gehöre, den Versicherungsvertrag nach Abschluss weiter zu betreuen. Wörtlich führt der BGH in dem Urteil Folgendes aus: „Zu den Aufgaben des Versicherungsmaklers gegenüber dem Versicherungsnehmer gehört es, den Versicherungsvertrag nach Abschluss weiter zu betreuen, indem er den Vertrag ungefragt auf etwaigen Anpassungsbedarf sowie Verlängerungen hin überprüft und den Versicherungsnehmer rechtzeitig darauf hinweist, den Zahlungsverkehr fördert, im Schadensfall den Versicherungsnehmer sachkundig berät, für sachgerechte Schadensanzeigen sorgt und bei der Schadensregulierung die Interessen des Versicherungsnehmers wahrnimmt.“

Wenn der BGH den Versicherungsmakler für verpflichtet hält, einen Versicherungsvertrag ungefragt auf Anpassungsbedarf sowie Verlängerungen zu überprüfen, so hat dies zwingend zur Folge, dass der Versicherungsmakler auf irgendeine Art und Weise den Kontakt zum Versicherungsnehmer suchen muss. Dies kann zwar auch durch das Übersenden von Kundeninformationsschreiben im Rahmen eines Newsletters geschehen, wird aber in vielen Fällen je nach der Person des Versicherungsnehmers einen persönlichen Termin vor Ort erforderlich machen. Vor diesem Hintergrund sollte der Versicherungsmakler im Falle der Bestandsübernahme zumindest in dem vorgenannten Rahmen zügig Kontakt zu seinem neuen Kunden aufnehmen. Zutreffend ist, dass ein Nachfragen ohne konkreten Anlass seitens des Versicherungsmaklers wohl nicht geschuldet ist.

Schnelle Kontaktaufnahme sollte Grundsatz bleiben

Eine Bestandsübernahme kann aber für sich gesehen schon einen Anlass darstellen, sich mit dem Versicherungsnehmer in Verbindung zu setzen, weil zum Beispiel der übernehmende Versicherungsmakler über andere Geschäftsanbindungen zu anderen Versicherern verfügt und somit die Möglichkeit besteht, den bestehenden Versicherungsschutz zu optimieren. Ob dies der Fall ist, wird der Versicherungsmakler nur in Erfahrung bringen können, wenn er sich mit dem bestehenden Versicherungsschutz des Versicherungsnehmers beschäftigt. Trotz der sicherlich erfreulichen Ausführungen des Oberlandesgerichts Frankfurt sollte der Grundsatz daher bleiben, nach einer Bestandsübernahme möglichst schnell Kontakt zu den übernommenen Versicherungsnehmern aufzunehmen und zu überprüfen, ob auf Basis der bestehenden Anbindungen des Versicherungsmaklers eine Optimierung des Versicherungsschutzes möglich ist.

Den Artikel lesen Sie auch in AssCompact 10/2017, S. 154 f.
 
Ein Artikel von
Dr. Frank Baumann